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Nachtjaeger

Nachtjaeger

Titel: Nachtjaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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neben sich.
    »Man kann meinen Platz nicht sichern, Leander. Weder hier noch irgendwo sonst. Ich habe es dir gestern bereits gesagt. Ich lasse mich nicht einsperren. Ich lasse mich nicht zu deiner Gefangenen machen.«
    Sie sahen sich mit ernsten, beinahe finsteren Mienen an.
    »Ja«, entgegnete er. »Ich erinnere mich. Aber du hast offenbar vergessen, was ich dir gestern gesagt habe.«
    Sie hatte es nicht vergessen. Sie war sich durchaus seines Versprechens bewusst, dass er sie gehen lassen würde, denn dieses Versprechen hatte dazu geführt, dass ihre Angst und ihr Zögern verschwunden waren. Sein Versprechen war der Grund, warum sie es sich gestattet hatte, sich dem Augenblick hinzugeben, dem Verlangen, das durch ihre Venen rauschte, ihren Atem stocken ließ und sich wie Gift in ihr ausbreitete. Doch im kalten Licht des Tages kam ihr das Gefühl der Sicherheit vom Abend zuvor töricht vor. Es war ein Wunsch gewesen, sonst nichts – ein Wunsch, der jetzt durch Zweifel ersetzt wurde.
    »Du würdest das wirklich tun?« Die Erinnerung an ihr Zusammentreffen mit den Männern des Rats und den Alpha ließ erneut den metallischen Geschmack des Zorns in ihrer Kehle aufsteigen. »Trotz all eure Regeln und Einschränkungen und Geheimnisse würdest du es mir wirklich erlauben, in meine Welt zurückzukehren, in mein altes Leben? Obwohl niemand Sommerley ohne deine Erlaubnis verlassen darf? Obwohl selbst Morgan als Ratsmitglied ihr Leben nicht so führen kann, wie sie das gerne möchte, weil sie eine Frau ist?«
    Leanders Gesicht zeigte keinerlei Regung. Kein einziger Muskel seines Körpers bewegte sich. Aber seine Augen brannten mit einem solchen Feuer der Wut und der Empörung, dass Jenna beinahe einen Schritt zurückwich.
    »Ja«, erwiderte er mit gefährlich leiser Stimme. »Das würde ich.«
    Erneut hob sie ihr Kinn, unwillig, sich von ihm einschüchtern zu lassen. »Ich glaube nicht, dass die anderen so etwas zulassen würden.«
    Er musterte sie mit einem undurchdringlichen und schrecklich schönen Blick – so eindrucksvoll und ungezähmt wie der riesige, dunkle Wald, der sich hinter den Fenstern erstreckte.
    »Ich bin der Alpha dieser Kolonie, Jenna. Die anderen haben mir gar nichts zu sagen. Ich tue das, was ich für richtig halte.«
    »Und wenn es bedeutet, dass du dafür einen Preis zahlen musst?«, fragte sie, wohlwissend, dass es so einen Preis geben würde. Nicht einmal Leander würde dem Gesetz entkommen. Ihr Vater hatte es schließlich auch nicht getan.
    Er senkte die Stimme. »Dann werde ich ihn bezahlen.«
    Sie kaute auf ihrer Lippe, da sie nicht wusste, was sie darauf sagen sollte. Der Himmel vor den Fenstern verwandelte sich von einem hellen Grau in eine dunklere Schattierung. Das silberne Morgenlicht wurde schwarz. Regenschwere Wolken versammelten sich am Horizont und schienen nur darauf zu warten, ihr Wasser auf die Bäume, Hügel und Ebenen unter ihnen zu entleeren. Draußen sah es kühl, feucht und einladend aus, während ihr in diesem Zimmer alles plötzlich so eng, heiß und nur von Leander erfüllt vorkam.
    »Ich bin hierhergekommen, um Antworten zu erhalten«, brachte sie schließlich nach einem endlosen Augenblick des Schweigens hervor. »Ich wollte nie etwas anderes.« Sie räusperte sich, weil sie plötzlich einen Frosch im Hals hatte. »Das ist für mich das Wichtigste. Ich will herausfinden, wer ich bin … Ich will diese Lücken in meiner Vergangenheit endlich schließen.«
    Leanders Augen wurden weicher. Er streckte die Hand nach ihren Haaren aus und spielte mit einer Strähne. »Und ich will dir dabei helfen, Jenna. Aber das kann ich nicht, wenn du mir nicht alles erzählst.«
    Er hob die Haarlocke und strich damit über ihre Wange bis zur Linie ihres Nackens. Sie erbebte, als er fortfuhr, mit den Haaren auch über ihr Dekolleté zu fahren und dabei der Spur der Locke aufmerksam mit den Augen folgte.
    »Außerdem werde ich die Vermutung nicht los«, sagte er in einem heiseren Flüstern, »dass das nicht der einzige Grund war, warum du hierhergekommen bist.« Er sah ihr erneut in die Augen, ließ die Haarlocke los und strich ihr stattdessen mit den Fingerknöcheln über die Wange.
    Sie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss, als er sie so wissend und offen betrachtete.
    »Du solltest nicht so selbstzufrieden sein«, entgegnete sie frostig. Seine arrogante Vermutung ärgerte sie. Allmählich reichte es ihr mit diesen ganzen Vermutungen. Sie hatte genug.
    »Natürlich ist das der einzige

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