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Nachtjaeger

Nachtjaeger

Titel: Nachtjaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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weichen Strahlen auf seine Brust. Er legte die Beine übereinander und warf Jenna einen gespielt gequälten Blick zu. »Es trifft mich tief, dass dich der Anblick meines nackten Körpers so entsetzt, meine Liebe. Ich glaube, ich muss weinen.«
    »Ich habe den Wald gemeint! Ich wollte wissen, wie man sich in einen Panther verwandelt.«
    Jetzt wurde sein Körper auf einmal völlig regungslos. Seine Augen wirkten ernst und dunkel, das Lächeln verschwand von seinem Gesicht. Er setzte sich kerzengerade hin, schwang die Beine vom Bett und hielt sich am Rand der Matratze fest. Seine Beine waren leicht gespreizt, sodass sie sein steifes Glied sehen konnte, das sich vor seinen Bauchmuskeln abhob.
    Sie wandte den Blick ab. Sein fehlendes Schambewusstsein und die völlige Selbstverständlichkeit, mit der er mit seiner Nacktheit umging, kamen ihr noch verführerischer und anziehender als alles andere vor, was sie bisher bei ihm erlebt hatte. Er strahlte eine unglaubliche Hitze und Ungezähmtheit aus. Er war geschmeidig, wunderschön und geheimnisvoll. Ohne auch nur die geringste Mühe war er absolut bezaubernd und charismatisch.
    Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sich hinter dieser Schönheit, Eleganz und der Poesie seiner Worte ein Raubtier verbarg, jeden Moment zum Sprung bereit. Ein Wesen, das am Tod ihres Vaters beteiligt gewesen war.
    Sie durfte sich nicht auf seine Welt einlassen, ganz gleich, wie einlullend er mit ihr sprach. Worte wie »Meine Schöne« oder »Zuhause« oder »Sag mir, dass du die Meine bist« mochten verführerisch klingen, durften sie aber nicht täuschen.
    Er schien eine ganze Zeit lang zu brauchen, ehe er antworten konnte. Im Zimmer herrschte eine kühle Stille.
    »Was du da gestern Abend gesagt hast«, begann er in einem dunklen, beherrscht klingenden Tonfall, »vor dem versammelten Rat. Dass du dich mit zehn Jahren das erste Mal verwandelt hast.«
    Ihr Blick wanderte zu seinem faszinierend schönen Gesicht zurück. Ihr lief erneut ein Schauder über den Rücken. »Ja?«
    »Das war doch die Wahrheit, oder?«
    »Natürlich war das die Wahrheit«, gab sie pikiert zurück. Es war ihr nicht möglich, ihre Verärgerung zu unterdrücken. Die Decke rutschte von ihrem Nacken, und sie hielt sie mit steifen Fingern fest, um sie noch enger um sich zu ziehen.
    Leander starrte sie an. Mit seinen langen Fingern, die sie noch vor wenigen Minuten gestreichelt hatten, hielt er sich jetzt an der Matratze fest und sah sie aus schmalen Augen an.
    »Und was noch?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte sie und presste die Lippen trotzig aufeinander. Sie hob das Kinn.
    »Ich meine«, erwiderte er und musterte sie erneut aus schmalen Augen, »dass du, wenn du dich seit dem Alter von zehn verwandeln kannst und es geschafft hast, diese Tatsache vor allen um dich herum, einschließlich unserer Späher, zu verbergen, höchstwahrscheinlich auch zu ganz anderen Tricks in der Lage sein müsstest. Ich würde gerne wissen, was du sonst noch Interessantes kannst.«
    Sie biss die Zähne aufeinander. Geh ihm nicht in die Falle! Er darf nicht gewinnen!
    »Ich habe wirklich keine Ahnung, wovon du sprichst«, sagte sie und wickelte die Decke noch fester um ihren Körper. »Aber wenn es dir lieber ist, mich nicht in den Wald zu begleiten, wo ich versuchen will, mich in etwas Festeres als in einen Lufthauch zu verwandeln, dann ist mir das auch recht.«
    Sie begann zum Fenster zu gehen, den Kopf hoch erhoben, die Decke hinter sich herziehend wie die Schleppe eines Hochzeitskleids. Rasch stand er vom Bett auf, eilte zu ihr und packte sie am Arm.
    Sie drehte sich verblüfft um. Sogleich wurde sie von der Hitze seiner Augen in Bann gezogen. Das Licht, das durch die Fenster hereinfiel, ließ sie jadegrün erscheinen.
    »Du kannst mir vertrauen, Jenna«, sagte er. Seine Stimme klang überraschend weich, obwohl sein Gesicht ernst und streng wirkte. »Ganz gleich, was du denken magst: Mir geht es hier um dich. Wenn es etwas gibt, was du noch nicht erzählt hast, wenn du etwas vor mir verbirgst – oder auch vor dem Rat –, dann muss ich das wissen. Momentan stellt der Rat keine Gefahr mehr dar. Aber dein Platz in der Kolonie wird so lange nicht sicher sein, bis wir genau wissen, wozu du fähig …«
    Jenna zog ihren Arm mit so viel Würde aus Leanders Griff, wie ihr in diesem Moment und in der lächerlichen Decke, die sie trug, möglich war. Vor Zorn bebte sie am ganzen Körper und betrachtete den nackten, wunderschönen Mann

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