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Nachtjaeger

Nachtjaeger

Titel: Nachtjaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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schoss.
    Das Wandlungsgesetz – uralt und seit Jahrtausenden unverändert – war in dieser Hinsicht eindeutig. Obwohl es Gestaltwandlern erlaubt war, sich außerhalb ihrer Kolonie unter den Menschen aufzuhalten (was allerdings nicht gerne gesehen wurde), war es verboten, diese zu heiraten oder gar Kinder mit ihnen zu zeugen. Die Strafe für diesen höchst seltenen Gesetzesbruch hieß Tod für den Menschen und dessen Nachfahren sowie eine lebenslange Haftstrafe für den Gestaltwandler.
    Mit einer einzigen Ausnahme: Wenn der Gestaltwandler stattdessen sein Leben gab.
    Leanders Blick richtete sich voll kalten Zorns auf die Ratsmitglieder. »Um ihre Freiheit zu gewährleisten, wurde ein großes Opfer erbracht. Das wisst ihr.« Für ihn bedeuteten Ehre und Mut, Pflichtbewusstsein und Disziplin die höchsten Güter, weshalb er das, was Jennas Vater getan hatte, insgeheim bewunderte. Allerdings würden die anderen es als Verrat ansehen, wenn er diese Bewunderung laut äußerte.
    »Das wisst ihr alle. Es gab einen Schwur, der mit Blut besiegelt wurde. Mein Vater, Alpha Charles McLoughlin, forderte selbst den Preis. Alles wurde getreu dem Gesetz geregelt und bleibt auch so bestehen. Wir werden sie nicht einfangen.«
    Obwohl seine Stimme leise und kontrolliert klang, fegte sie doch wie ein Peitschenhieb durch den Raum und brachte die anderen zum Schweigen.
    »Stimmt«, meinte Christian nach einem langen, unbequemen Moment der Stille, während der man nur das Ticken der belgischen Uhr auf dem Chippendale-Schreibtisch vernahm. »Den Schwur des Alpha können wir nicht lösen. Sie und ihre Mutter durften am Leben bleiben, und bisher zeigte sie keine anderen Anzeichen als die Augen. Dennoch bleibt sie ein Risiko.«
    Obwohl es nicht ungefährlich war, durfte es Christian wagen, Leander herauszufordern. Dieser fand das in gewisser Weise nicht schlecht. So blieb er zumindest auf dem Boden und wurde daran erinnert, dass er noch immer Teil einer Familie war, ganz gleich, wie klein diese inzwischen sein mochte. Seit dem Unfall, dem seine Eltern im Mai vor drei Jahren zum Opfer gefallen waren, gab es nur noch Christian, ihre ältere Schwester Daria und ihn.
    »Deswegen schlage ich vor, dass wir herausfinden, wo sie sich augenblicklich aufhält und sie einige Tage vor ihrem Geburtstag besuchen. Sie darf uns allerdings nicht sehen. Wir nehmen keinen Kontakt zu ihr auf, sondern halten sie nur unter Beobachtung. An ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag werden wir unsere Antwort haben, ganz gleich, wie sie ausfällt. Wenn du willst, gehe ich selbst.«
    Er blickte auf und sah Leander direkt an. Ausdruckslos und noch immer lächelnd wartete er auf eine Antwort. Doch Leander spürte, was sich hinter der coolen Fassade seines Bruders verbarg.
    Aufregung.
    Er kniff die Augen zusammen und überlegte, woher diese Aufregung kam. Doch sein Bruder wandte jetzt mit undurchdringlicher Miene den Blick ab. Also drehte sich Leander wieder zu den anderen Ratsmitgliedern um. »Und wenn sie nicht in der Lage ist, ihre Gestalt zu wandeln?«
    Es war Viscount Weymouth, der ihm durch die Stille, die sich auf den eleganten und glanzvollen Raum der Ostbibliothek legte, antwortete.
    »Du weißt, was dann geschehen muss.«
    Sie hatten sich also geeinigt. Christian und Leander sollten sich auf die Reise machen, um das Halbblut bis zu seinem Geburtstag zu beobachten. Morgan sollte sie begleiten. Sie war die einzige Frau, die es in den Rat geschafft hatte – ein hart errungenes Zugeständnis, das den alten Ratsmitgliedern nicht gefallen hatte. Diese Männer waren nicht daran gewöhnt, infrage gestellt zu werden, und es störte sie, dass eine Frau ihr jahrhundertealtes Vorrecht männlicher Überlegenheit unterwanderte. Doch es war zu einer Abstimmung gekommen, und man hatte Morgan mit dem winzigen Vorsprung von einer Stimme in den Rat gewählt.
    Es war Leanders Stimme gewesen.
    Morgans Aufnahme in den Rat war ein schwerer Kampf vorausgegangen. Sie hatte Narben davongetragen und hegte noch immer einen heftigen Groll gegen jene, die gegen sie gewesen waren. Leander vermutete, dass nur ihr Ehrgeiz und eine scharfe Wahrnehmungsgabe sie davon abhielten, noch einmal darauf zurückzukommen. Tatsächlich waren ihre Gaben und ihre Intelligenz zehnmal so viel wert wie die der Männer, die sie ablehnten.
    Morgan war klug, eine ausgezeichnete Jägerin, und wenn es darauf ankam, konnte sie tödlich sein. Sie besaß die seltene Gabe der Einflüsterung, was es einfacher machen würde,

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