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Nachts sind alle Katzen geil.

Nachts sind alle Katzen geil.

Titel: Nachts sind alle Katzen geil. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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und
Jugendlichkeit gekleidet, präsentiert sie Tag für Tag ihre ständig
wechselnden Variationen formaler Weiblichkeit mit
aufreizender Dynamik, ohne dabei doch die Grenzen des
Anstands zu überschreiten. Immer bleibt sie die seriöse
Kollegin, sehr bestimmt in der Wortwahl, selbstbewusst und
distanziert, dabei mit einem unübersehbar dezenten Hauch
autonomen Hochmuts in Gesicht und Körperhaltung.
     
Locker legt sie jetzt ihre Finger um das Glas, weiß, schlank
und zart, und führt es mit einer gleichmäßigen Bewegung an die
Lippen.
     
Er kann es gut sehen, an der frisch entstaubten Yuka-Palme
vorbei.
     
Die ruhige Eleganz ihrer Hände weist einen schwer zu
beschreibenden Zug von Vornehmheit und Stolz auf, den er fast
adlig nennen möchte. Sie trinkt immer Wasser bei der Arbeit.
Ständig hat sie ein volles Glas auf dem Schreibtisch, die Flasche
links im unteren Fach.
     
Da, jetzt steht sie auf, will zur Mittagspause in die Kantine.
Leise bewegt sie sich auf die Garderobe zu, hebt den Bügel mit
gedämpftem Schwung von der Stange, zupft den Mantel leicht
nach oben und streift ihn lautlos herunter: Das alles geschieht in
einer einzigen ruhig dahinfließenden Kette sanft ineinander
gleitender Bewegungen, so unbeschwert und ruhig, so sacht und
so leicht wie ein milder Lufthauch, und doch spürt er deutlich,
bis in die kleinste Krümmung der Finger, die dahinter stehende
selbstbewusste Entschlossenheit. Überlegene Anmut gepaart mit
offensichtlich sehr gekonnt nur flüchtig betonter Weiblichkeit.
Da geht sie hinaus, und im Türspalt verschwindet ihr Füßlein
mitsamt dem schwarz glänzenden Lackschuh. »Klack« macht
es, und alle Köpfe drehen sich zurück zu den Schreibtischen.
     
Ja, sie fasziniert ihn. Und jeden seiner Kollegen auch. Er weiß
es. Er spürt es an der Art, wie sie ihr hinterher schauen und an
ihrem so affektiert absichtslos zuvorkommenden Verhalten. Er
sieht es an der Verlegenheit, dem Imponiergehabe und dieser oft
geradezu hündischen Dankbarkeit, wenn sie sich ihnen
gegenüber einmal zu einem Lächeln herablässt. Selbst Herr
Hainke und Herr Grothe, ihre väterlich-fürsorglich balzenden
Vorgesetzten, machen da keine Ausnahme.
     
Dabei ist sie erst sechsundzwanzig. Ein junges Ding, das bei
genauerem Hinsehen noch etwas durchaus Jugendliches hat.
Man erkennt es nicht sofort, weil sie es hinter ihrer
entschlossenen Geschäftsmine gekonnt verbirgt. Nur manchmal,
wenn nicht viel zu tun ist, und ihre Gedanken in fernlieben
Sphären weich versinken, bemerkt er in dem strengen
Frauengesicht für einen flüchtigen Augenblick die verträumten
Züge eines jungen Mädchens. Elegante, hochmütige Schönheit
mit Spuren sanfter Unschuld fein durchsetzt.
     
Aber deshalb lässt er sich doch von ihr nicht einwickeln!
     
Nun ja, wie gesagt, sie sieht unglaublich gut aus, und
immerhin trifft er sie fast jeden Tag. Er kann ihr ja nicht
ausweichen, sie arbeiten nun mal in einem Raum zusammen.
Und wenn er sie so unbemerkt betrachtet, mit ihrer gold-
gerandeten Brille, den unter hochgesteckten Haaren grünlich
glitzernden Ohrringen, vielleicht in einem ihrer aristokratisch-
ernsten Bürokleidern, dann stellt er sich gern, während sie z.B.
mit gerunzelter Stirn über den Schreibtisch gebeugt in wichtigen
Unterlagen blättert, ihren wulstlippigen, flaumhaarigen Mund
vor, wie er dort unter ihrem grauen Röckchen, zwischen ihren
weich übereinander geschlagenen Schenkeln, lautlos im
Verborgenen schlummert.
     
Aber das hat rein gar nichts zu bedeuten. Er hat seine Arbeit
und er hat seinen Stolz. Er wird ihr in nichts nachgeben. Sie
wird ihn nicht so einfach um den kleinen Finger wickeln, wie
den Großteil seiner Kollegen. Selbst vierzigjährige
Familienväter schämen sich ja nicht, dummverliebt und sichtbar
heimlich hinter ihr her zu schwänzeln.
     
Wie absurd das ist. Wie lächerlich! Einfach erbärmlich.
     
Einmal bog er um die Ecke und stand plötzlich hinter ihr. Sie
hob einen Stift vom Boden auf und beugte sich dazu vornüber,
während sie ihm ihr in frisches Blütenmuster eng verpacktes
Hinterteil lieblich rund entgegen reckte. Die Sonne schien durch
das Fenster und fiel auf die zierlichen Halbkugeln, dass sie
leuchteten in mildem Licht. Unwillkürlich spürte er einen
Impuls niederzuknien und jede Blüte einzeln zu küssen. Er war
vor dem Bild, das sie ihm plötzlich so absichtslos verlockend
präsentierte, überrascht stehen geblieben.
     
Nach einem ewig kurzen Moment schrittloser Stille richtete sie
sich

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