Nachts sind alle Katzen geil.
Handgelenke,
verschloss umständlich die Schnallen, als hätte sie so etwas
noch nie getan, und reichte Carolin ein leuchtend rotes Kleid, in
dessen Rocksaum an jeder Seite drei kurze Kettchen
eingearbeitet waren. Was hatte das zu bedeuten? Skeptisch
streifte Carolin es über. Es war rückenfrei und vom bis zum
Bauchnabel hinab geteilt; eine einzige Schlaufe raffte es
notdürftig über dem Busen zusammen. Eng schmiegte es sich
um die Taille und nur knapp reichte der glockenförmig
geweitete Rock über den Saum der Strümpfe. Sie musste die
Hände an die Schenkel legen und die Kettchen des Rocksaums
wurden an ihren Armbändern angeschlossen. Hob sie die Hände
nun, was sie probehalber tun musste, schwangen beide Seiten
des Rocks wie die Schwingen eines Vogels empor. Fast ein
bisschen verlegen war das Lächeln der Dame. »Die Idee stammt
aus einem Roman. Ich fand sie recht reizvoll.« Sie befestigte
eine schwere Kette mit lederner Handschlaufe an Carolins
Halsband und führte sie hinaus auf den Flur und ins Zimmer
gegenüber, das sie betraten, ohne anzuklopfen.
Die Einrichtung war durch und durch gutbürgerlich.
Bodenlange beigefarbene Gardinen vor dem Fenster, gestreifte
Tapeten, Barockmöbel, ein Perserteppich und ein Kronleuchter
– unter diesem saßen die drei Herren, versammelt um eine weiß
gedeckte Tafel, in deren Mitte in einem goldenen Kandelaber
sechs blaue Kerzen flackerten. Die Männer waren zwischen
fünfzig und sechzig und trugen dunkle Anzüge. Der Korpulente
mit dem geröteten Gesicht, der an der Schmalseite des Tisches
saß und gerade Rotwein in sein Glas schenkte, hielt mitten in
der Bewegung inne, der Hagere mit der Hornbrille krampfte die
Hände ineinander, der Glatzköpfige mit den blauen Augen und
der knorrigen Nase klaubte unsichtbare Krümel vom Tischtuch,
und sie alle starrten Carolin mit heruntergeklapptem Unterkiefer
an, als sei sie soeben vom Himmel herabgestiegen. Am liebsten
wäre sie unsichtbar geworden, doch war sie genau das
Gegenteil. Reglos hingen ihre Hände herab, um bloß nicht
versehentlich das Kleid zu lüpfen.
Sachte stellte der Korpulente die Weinflasche ab. »Was ist
das?«
Die Dame gab die Kette frei, darauf bedacht, sie nicht hart
gegen Carolins Bauch schlagen zu lassen, und nahm mit einem
verschmitzten Lächeln an der Stirnseite ihm gegenüber Platz.
»Nicht was, sondern wer. – Das ist Carolin, mein
Geburtstagsgeschenk für dich. Ihr könnt mit ihr tun, was euch
gefällt.«
Der Blick seiner ungläubig großen Augen schweifte zu Carolin
und wieder zurück. »Was? Ist das dein Ernst?«
»Du hast dir doch ein Mädchen zum Geburtstag gewünscht,
oder nicht?«
»Aber das war doch nur ein Scherz.«
Die Dame lächelte ihren Gatten so wissend an, als sei sie die
Pythia des Orakels zu Delphi persönlich. »Man muss mit den
Scherzen vorsichtig sein, denn manchmal werden sie wahr. –
Aber willst du jetzt deine Freude an ihr haben oder lieber weiter
herumnörgeln?« Nachdenklich kratzte er sich am Kopf und
schwieg. Die Dame wies zu einer Durchreiche, die wohl zur
Küche führte, denn es duftete gut, und auf der eine längliche
Platte mit Fleischscheiben stand.
»Bring uns die Speisen, Carolin.« Zögernd ging Carolin
hinüber.
Nun konnten die Hände nicht mehr unten bleiben. Tapfer
nahm sie die Platte hoch. Ihr Rock wurde geschürzt, der nackte
Schoß enthüllt, die Blicke der Männer brannten sich fest. Rasch
stellte sie das Fleisch auf dem Tisch ab und trat zwei Schritte
zurück, um sich in Sicherheit zu bringen, in sehr illusorische.
Kroketten, selbstgemachte Nudeln und Gemüse tauchten nach
und nach in der Durchreiche auf, um von ihr geholt zu werden.
Sie musste abwechselnd an die rechte Tischseite treten, an
welcher der Hagere saß, und an die linke neben den
Glatzköpfigen, der vor ihr zurückwich, als sei ihm ihre Nähe
unangenehm. Niemand sagte ein Wort, atemlos war die Stille.
Verwundert schüttelte die Dame den Kopf. »Ich wusste gar
nicht, dass ihr so schüchtern seid. – Ihr könnt sie ruhig anfassen.
Dafür ist sie da.«
Von links näherte sich die Hand des Korpulenten, glitt sachte
über ihre Schenkel, befühlte die Strümpfe und strich andächtig
über das Strapsband, als hätte sie so etwas noch nie ertastet. Von
rechts nahten die Finger des Hageren und wanderten an ihrer
nackten Haut bis zum Strapsgürtel hoch. Auch der Glatzköpfige
wich nicht mehr vor ihr zurück, als sie neben ihn trat, stattdessen
strich seine Hand über
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