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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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konnte die Kamera schließlich keinen Schaden anrichten, oder? Es war kein Film darin.

    Pop machte die Schublade zu und schloß sie ab. Dann stand er langsam auf, eher ein Mann mit Achtzig als einer, der auf die Siebzig zuging, und tatterte langsam zur Treppe. Erging eine Stufe nach der anderen hinauf, ruhte auf jeder aus, klammerte sich mit einer Hand am Geländer fest (das auch nicht eben das stabilste war) und hielt den schweren Schlüsselbund am Stahlring in der anderen.
    Schließlich war er oben. Als er die Tür hinter sich zugeschlagen hatte, fühlte er sich ein wenig kräftiger. Er ging in sein Schlafzimmer, legte sich wieder hin und bemerkte wie üblich nichts von dem starken gelben Geruch nach Schweiß und altem Mann, der aufstob, als er sich aufs Bett fallen ließ er wechselte die Bettwäsche an jedem Ersten im Monat, das genügte ihm.
    Ich kann jetzt nicht schlafen, dachte er, und dann: Doch du kannst. Du wirst schlafen, und du kannst es, weil du morgen früh den Vorschlaghammer nehmen und das verdammte Ding zertrümmern wirst; und dann ist der Spuk vorbei.
    Dieser Gedanke und der Schlaf kamen gleichzeitig, und Pop schlief ohne zu träumen, fast ohne sich zu bewegen, den Rest der Nacht durch. Als er aufwachte, hörte er erstaunt, wie die Uhren unten einen zusätzlichen Schlag zu tun schienen, und zwar alle: acht statt sieben. Erst als er das leicht schräge Rechteck des Sonnenlichts sah, das auf Boden und Wand fiel, stellte er fest, daß es wirklich schon acht war, er hatte zum erstenmal seit zehn Jahren verschlafen. Dann fiel ihm die zurückliegende Nacht wieder ein. Jetzt, bei Tage, schien der ganze Zwischenfall nicht mehr so unheimlich zu sein; war er fast ohnmächtig geworden! Oder handelte es sich dabei nur um eine natürliche Schwäche, die einen Schlafwandler überkam, wenn er unerwartet aufgeweckt wurde?
    Aber natürlich, genau so war es, oder nicht? Der strahlende Morgensonnenschein konnte freilich nichts an der Tatsache ändern: Er hatte schlafgewandelt, er hatte mindestens ein Bild gemacht und hätte eine ganze Serie aufgenommen, wäre noch ein voller Film drinnen gewesen.
    Er stand auf, zog sich an und wollte das Ding zertrümmern, noch ehe er seinen Morgenkaffee trank.
    Kapitel Elf
    Kevin wünschte sich, sein erster Besuch in dieser zweidimensionalen Polaroidwelt wäre auch sein letzter gewesen, aber so war es nicht. In den dreizehn Nächten seit dem ersten hatte er den Traum mit zunehmender Häufigkeit gehabt. Wenn sich der blöde Traum eine Nacht freinahm bißchen Urlaub, Kev, aber wir seh’n uns bald wieder, alles klar?, kam er in der nächsten Nacht wahrscheinlich zweimal. Er wußte zwar, daß es nur ein Traum war, und sobald dieser anfing, sagte sich Kevin, daß er lediglich aufwachen mußte, verdammt, wach einfach auf! Manchmal wachte er auch auf, und manchmal verblaßte der Traum auch im Tiefschlaf, aber es gelang ihm nie, sich selbst aufzuwecken.
    Es war jetzt immer Polaroidsville nie Oatley oder Hildasville, die ersten stolpernden Versuche seines Denkens, den Ort zu identifizieren. Und wie auf den Fotos ging die Handlung bei jedem Traum ein Stück weiter. Zuerst der Mann mit dem Einkaufswagen, der jetzt nicht einmal mehr zu Beginn leer war, sondern mit einem Durcheinander von Gegenständen gefüllt hauptsächlich Uhren, aber alle aus dem Emporium Galorium, und alle hatten ein unheimliches Aussehen, als würde es sich nicht um tatsächliche Gegenstände handeln, sondern um Fotografien von Gegenständen, die aus Zeitschriften ausgeschnitten und dann irgendwie unmöglich, paradox in den Einkaufswagen gestopft worden waren, welcher, da zweidimensional wie die Gegenstände selbst, überhaupt keine Tiefe hatte, um sie aufzunehmen. Und doch waren sie da, und der alte Mann kauerte sich schützend darüber und sagte Kevin, er solle verschwinden, weil er ein elender Dieb sei aber jetzt sagte er Kevin noch, wenn er nicht wirklich verschwand: »Ich fick dir Popf Hund auf den Half! Wartf nur ab, ob ichf nicht mache!«
    Danach kam die dicke Frau, die gar nicht dick sein konnte, weil sie völlig flach war, aber trotzdem dick zu sein schien. Sie schob ihren eigenen Einkaufswagen voll Polaroid SunKameras. Auch sie sprach mit ihm, ehe er an ihr vorbeiging. »Paß auf, Junge«, sagte sie mit der lauten, aber tonlosen Stimme einer vollkommen Tauben,
    »Pops Hund hat sich von der Leine losgerissen, und er ist böse. Er hat drei oder vier Menschen auf der Farm der Trentons in Camberville zerfleischt,

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