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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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seit zwanzig Minuten keinen Auftrag runtergeschickt«, sagte Hall und dachte: Hättest du Scheißkerl nicht   in deiner Bude bleiben und Kaffee trinken können? »Was ich nicht habe, kann ich auch nicht durch die Maschine schicken.«
    Warwick nickte, als interessierte ihn das Thema nicht mehr.
    »Vielleicht sollte ich nach oben gehen und mit Wisconsky reden«, sagte er. »Ich wette fünf zu eins, daß er ‘ne Illustrierte liest, während sich das Zeug in seinen Behältern stapelt.«
    Hall sagte nichts.
    Plötzlich zeigte Warwick mit dem Finger. »Da ist eine! Die müssen Sie erwischen!«
    Hall schleuderte die Dose, die er noch in der Hand hielt, mit aller Kraft. Die Ratte, die sie von einem der Säcke aus mit ihren klugen Augen beobachtet hatte, quiekte leise und schoß davon.
    Warwick wart den Kopf zurück und lachte, als Hall hinter der Dose herrannte.
    »Ich wollte Sie wegen etwas anderem sprechen«, sagte Warwick.
    »Tatsächlich?«
    »Nächste Woche sind die Feiern anläßlich des Unabhängigkeitstages.« Hall nickte. Dann war die Spinnerei von Montag bis Samstag geschlossen - wer mindestens ein Jahr hier war, bekam bezahlten Urlaub, aber für ihn bedeutete es eine Woche ohne Lohn. »Wollen Sie dann arbeiten?«
    Hall zuckte die Achseln. »Was denn?«
    »Wir werden das ganze Untergeschoß reinigen. Das ist schon seit zwölf Jahren nicht mehr gemacht worden. Überall Dreck.
    Wir werden mit Schläuchen arbeiten.«
    »Hat sich die Gewerbeaufsicht bei der Direktion beschwert?«
    Warwick hielt Halls Blick stand. »Wollen Sie nun oder nicht? Zwei Dollar die Stunde. Am vierten Juli doppelter Lohn. Wir arbeiten in der Spätschicht, weil es dann etwas kühler ist.«
    Hall rechnete kurz. Das wären etwa fünfundsiebzig Dollar nach Abzug der Steuern. Besser während der Feiertage arbeiten als eine Woche auf Null.
    »Geht in Ordnung.«
    »Dann melden Sie sich nächsten Montag unten in der Färberei.«
    Hall schaute ihm nach, als er zur Treppe ging. Auf halbem Wege blieb Warwick stehen und drehte sich um. Er sah Hall an.
    »Haben Sie nicht mal studiert?«
    Hall nickte.
    »Okay, Student, ich werde es mir merken.«
    Er ging. Hall setzte sich und zündete sich noch eine Zigarette an. Er hatte schon wieder eine Dose in der Hand und hielt nach Ratten Ausschau. Er konnte sich so recht vorstellen, wie es im Untergeschoß aussehen würde - eigentlich war es das Kellergeschoß, denn es lag noch tiefer als die Färberei. Feucht, dunkel, voll Spinnen und verrottetem Material, und dann das Sickerwasser vom Fluß - und Ratten. Vielleicht sogar Fledermäuse, die Flieger unter den Nagetieren. Pfui Teufel.
    Hall warf mit der Dose nach einer Ratte und lächelte dünn, als Warwicks Stimme von oben durch die Leitungsschächte drang. Er las gerade Harry Wisconsky die Leviten.
    Okay, Student, ich werde es mir merken.
    Abrupt wich das Lächeln aus seinem Gesicht, und er drückte die Zigarette aus. Nach wenigen Sekunden schickte Harry grobes Nylon durch das Gebläse nach unten, und Hall machte sich an die Arbeit. Die Ratten kamen aus ihren Löchern und sprangen am hinteren Ende des großen Raumes auf die Säcke.
    Aus ihren schwarzen Augen sahen sie ihn unverwandt an. Sie wirkten wie ein unheimliches Geschworenengericht.

    Elf Uhr abends. Montag.
    Es waren etwa sechsunddreißig Mann, die wartend herumsaßen, als Warwick kam. Er trug ein Paar alte Jeans, die in hohen Gummistiefeln steckten. Hall hatte gerade Harry Wisconsky zugehört, der ungeheuer fett, ungeheuer faul und ungeheuer mürrisch war.
    »Das wird ‘ne üble Sauarbeit«, sagte er, als Warwick hereinkam. »Wartet nur ab. Wenn wir fertig sind, sehen wir schwärzer aus als Mitternacht in Persien.«
    »Kommen Sie!« sagte Warwick. »Wir haben unten sechzig Glühbirnen aufgehängt. Das gibt genügend Licht, daß ihr sehen könnt, was ihr tut. Ihr da hinten« - er zeigte auf eine Gruppe von Leuten, die sich gegen die Trockengestelle gelehnt harten - »ihr schließt die Schläuche an das Hauptrohr neben dem Treppenschacht an. Dann könnt ihr sie über die Treppe nach unten ausrollen. Wir haben ungefähr siebzig Meter pro Mann. Das dürfte reichlich sein. Kommt bloß nicht auf die Idee, euch gegenseitig zu bespritzen. Das könnte im Krankenhaus enden. Die Dinger haben enormen Druck.«
    »Irgend jemand wird sich schon verletzen«, prophezeite Wisconsky finster. »Wartet nur ab.«
    »Ihr anderen«, sagte Warwick und zeigte auf die Gruppe, zu der auch Hall und Wisconsky gehörten. »Ihr

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