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Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind

Titel: Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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nicht? Ich hatte Angst. Und dann bin ich mitten in der Wildnis auf einmal Ihnen über den Weg gelaufen. Klar, ich hatte die Waffe. Doch ich wusste ja nicht, wer Sie waren. Vielleicht gehörten Sie ja zu den beiden. Sie hatten zwar Ihre Uniform an, aber Sie hätten trotzdem ein Teil davon sein können. Ich wusste nicht, was da ablief. Ich hatte bloß Angst. Ich musste lügen. Schon mein ganzes Leben lang muss ich ums Überleben kämpfen.
    Und die größten Vorwürfe mache ich mir wegen dem, was ich in Ihrem Haus getan habe. Ich kann es immer noch kaum glauben. Ich hatte eine Panikattacke. Ich bin völlig durchgedreht … Das muss die traumatische Erfahrung gewesen sein. Damit hatte ich schon immer Probleme. Ich dachte, Hart wäre ins Haus geschlichen … Dann sind Sie die Treppe heruntergekommen und haben mich erschreckt. Die Waffe ist einfach losgegangen. Es war ein Unfall! Das werde ich mir nie verzeihen. Dass ich durch ein Missgeschick Ihre Mutter verletzt habe.«
    Brynn schlug die Beine übereinander und betrachtete die zierliche, schöne Frau, deren Augen sich nun mit Tränen füllten.
    Eine oscarreife Vorstellung …
    »Die Spuren und Zeugen erzählen eine etwas andere Geschichte, Michelle.« Sie fasste kurz zusammen, wie sie die Identität der jungen Frau ermittelt hatten und was sie von ihrem Plan wussten. Die Ballistik, die Asche im Kamin, Steven Feldmans
Telefondaten, die Beschwerde über die Misshandlung der Kinder.
    »Ich war selbst beim Sozialamt, Michelle, und habe mit Steven Feldmans Vorgesetzten gesprochen. Außerdem mit den Zeugen und mit dem Lehrer Ihres Sohnes. Brad hatte ständig blaue Flecke an Armen und Beinen. Ihre Tochter Tory ebenfalls.«
    »Ach, die hatten öfter mal kleine Unfälle. Man bringt ein Kind in die Notaufnahme, und schon heißt es, man habe es misshandelt. Ich habe ihn nie geschlagen …« Sie hielt inne und verzog das Gesicht. »Oh, wie politisch korrekt wir doch alle sind. Jeder haut seinem Kind gelegentlich mal eine runter. Sie etwa nicht?«
    »Nein.«
    »Nun, das sollten Sie aber.« Sie lächelte gefühllos. »Vielleicht würde Joey Ihnen dann nicht all die Schwierigkeiten machen, von denen Sie mir erzählt haben. Aber Sie lassen ihm alles durchgehen. Mein Sohn wird jedenfalls nicht auf dem Skateboard von einem Auto überfahren werden oder sich den Hals brechen … Kinder brauchen Führung. Wenn man nicht streng ist, wird man auch nicht respektiert. Und Kinder wollen ihre Eltern respektieren.«
    »Michelle«, sagte Brynn, »ich möchte Ihnen gern vor Augen führen, was wir gegen Sie in der Hand haben.« Sie zählte die Gutachten der Sachverständigen auf, die Aussagen der Zeugen und die Ergebnisse der Spurenlage. Es war eine beeindruckende Liste.
    Die Frau fing an zu weinen. »Es ist nicht meine Schuld! Ich kann nichts dafür!«
    Brynn streckte die Hand aus und schaltete die Kamera ab.
    Die Frau blickte argwöhnisch auf und wischte sich über die Augen.
    »Michelle«, sagte Brynn leise, »Sie sollten Folgendes begreifen: Sie haben gehört, was gegen Sie vorliegt. Man wird Sie
verurteilen. Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Sofern Sie nicht kooperieren, werden Sie den Rest Ihres Lebens in einer Einzelzelle verbringen, die drei Meter lang und einen Meter zwanzig breit ist. Falls Sie jedoch zur Zusammenarbeit bereit sind, bleibt Ihnen das Hochsicherheitsgefängnis erspart, und Sie landen vermutlich in einer normalen Strafanstalt. Eventuell kommen Sie sogar wieder auf freien Fuß, bevor Sie zu alt sind, um noch Wert darauf zu legen.«
    »Darf ich meine Kinder sehen? Ich bin einverstanden, wenn ich meine Kinder sehen darf.«
    »Nein«, sagte Brynn entschieden. »So etwas läge nicht im Interesse der beiden.«
    Das schien Michelle einen Moment lang Sorgen zu bereiten, aber dann hellte ihre Miene sich auf. »Eine hübschere Zelle?«, fragte sie fröhlich. »Ich bekomme eine hübschere Zelle?«
    »Ja.«
    »Und alles, was ich dafür tun muss, ist ein Geständnis ablegen?«
    »Nun, es ist ein Teil davon«, erwiderte Brynn, während Michelle die Stelle der Kamera anstarrte, an der die rote Lampe geleuchtet hatte.

97
    Brynn McKenzie saß im Aufenthaltsraum des Kennesha County Sheriff’s Department gegenüber von Tom Dahl, der das Verhörprotokoll las. Die Stühle hier waren klein, fast wie die Stühle in Joeys Schule. Dahls Körper ragte beträchtlich über seine Sitzgelegenheit hinaus. Brynns nicht. Ihre Problemzone war der Bauch, nicht die Oberschenkel.

    Brynn musterte ihre

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