Nackte Angst
das Tempo anpassen. Der Bursche kann uns jetzt nicht mehr fortlaufen", meinte er in freundlichem Ton. Dennoch! — Je näher der Wagen dem Headquarters kam, um so stärker fühlte auch er es in seinen Fingerspitzen kribbeln. Für Kommissar Morry war das ein untrügliches Zeichen dafür, daß er kurz vor der restlosen Klärung dieses Falles stand!
Eisern hielt er aber seine stoische Gelassenheit
bei. Mochte sich auch in ihm, wie es bei Leuten bestimmt der Fall war, — die Spannung von Minute zu Minute steigern, ihm merkte man es nicht an . . .
Einmal erreichte auch der langsamste Fahrer sein Ziel! —
Als die Männer des Sonderdezernates das Gebäude betraten, gab, es vor dem Aufzug noch einmal eine kurze Unterbrechung. Kommissar Morry holte aus seiner Manteltasche einen zerknitterten Briefumschlag hervor und übergab diesen einem seiner Männer mit dem Auftrag:
„Schauen Sie doch bitte einmal schnell in unserer Kartei nach, ob wir einen alten Bekannten unter dem Namen Forrest Bl... haben. — Der Nachname ist wie Sie sehen, noch unvollständig.
Aber es werden nicht gleich zwei Dutzend Register mit den Buchstaben BL
beginnen. — Noch etwas!“ hielt er den Mann noch einmal zurück, als dieser sich schon in Trab setzen wollte.
„Ich benötige den vollständigen Namen sofort, es könnte nämlich sein, daß er uns bei der Vernehmung des Festgenommenen sehr nützlich sein wird.“
Okay« Sir!" Der Mann eilte sogleich los, um den Auftrag eines Kommissars durchzuführen.
Zeitraubende Zwischenfragen gab es für ihn nicht Wenn Kommissar Morry eine Anforderung traf, mochte sie auch noch so seltsam erscheinen, dann hatte er immer seine Gründe.
Der Mann, der dem jungen Kommissar wenig später in seinem Dienstzimmer vorgeführt wurde glich aufs Haar der von Ann Martiever beschriebenen Person. Es bestand kein Zweifel darüber, daß es der Gesuchte war — sein Name lautete Dick Parker, wie er auf Befragen sagte.
Erneut mußte Kommissar Morry anerkennen, daß eine so genaue
Personenbeschreibung, wie sie Ann Martiever gegeben hatte, auch von einem geschulten Kriminalisten nicht besser hätte gemacht werden können.
Zu einer längeren Betrachtung des Festgenommenen fand Kommissar Morry aber im Augenblick keine Zeit.
Kaum hatte der Gangster den Raum betreten, als er auch schon loslegte:
„Was hat das zu bedeuten, Kommissar? —
Warum schleppt man mich hier ins Headquaters ohne mir irgendeinen triftigen Grund für die Festnahme bekanntzugeben? — Ich bin freier englischer Staatsbürger und laß mir das nicht länger bieten!“
„Sie waren es!" unterbrach Kommissar Morry des Gangsters Redefluß.
Er hatte genügend Verhöre durchgeführt kannte die Art dieser Verbrecher, die immer versuchten, ihre Stellung als freier Staatsbürger hervorzukehren, und die Beamten auf eine unerlaubte Freiheitsentziehung hinzuweisen und einzuschüchtern. Fast alle führten anfangs das große Wort, bis ihnen klar wurde, daß sie nicht auf Grund von vagen Vermutungen, sondern unumstößlicher Beweise rechtmäßig festgenommen waren. — Klein und häßlich wurden sie dann. — So auch in diesem Fall.
„Was war ich?" fragte Dick Parker nach Kommissar Morrys Bemerkung sehr unsicher.
„Frei!"
Ein Nichtverstehen vortäuschend sah der Gangster den Kommissar an.
„All skies!" knurrte er danach auf.
„Wollen Sie mir nicht erklären, was dieses ganze Affentheater und auch Ihre Äußerung für einen Sinn haben soll? — Wenn man mich schon hierhergeschleppt hat, dann kann ich zumindest erfahren, was mir vorgeworfen wird!"
Kommissar Morrys Aufmerksamkeit galt zunächst nur seiner Uhr. Während sich Dick Parker aufregte, bemaß er kurz die Zeit, die wohl noch vergehen mußte, ehe sein Wachtmeister hier eintreffen würde. Erst wenn dieser wieder im Hause war, gedachte er sein stärkstes Geschütz aufzufahren. Er hatte es Wheeler zugesagt, er würde sein Versprechen auch halten. -
Dem Benehmen Dick Parkers nach zu urteilen, war dieser wohl in dem festen Glauben, Morry hätte noch keine Kenntnis von seiner letzten Tat, dem Anschlag auf das Leben von Wheeler. Er sollte sich aber wundern.
Die Zeit bis zum Eintreffen seines Wachtmeisters nutzte Kommissar Morry dazu aus, um Dick Parker über den Fall Cecil Rheithways auf den Zahn zu fühlen. Vielleicht erfuhr er, auch ohne erst seinen besten Trumpf ausspielen zu müssen, den Namen des Mannes, der den Erpresserring geleitet und die Opfer ausgesucht hatte. Den Namen des Mannes, der zur
Weitere Kostenlose Bücher