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Nacktes Land

Titel: Nacktes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: West Morris L.
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ging zum Radio hinüber, drehte es an und wartete. Pünktlich auf die Minute knatterte die Stimme des Sprechers los: »LXR … Jamieson's Creek ruft Station eins. Bitte alle kommen … LXR, Jamieson's Creek … Hier ist die Neun-Uhr Runde. Geben Sie Ihre Berichte durch. Coolangi, bitte kommen …« Und dann ging der Rundruf los.
    »Hier ist Coolangi. Wir hören.«
    »Hier ist Boolala …«
    »Hier ist Hilda Springs, wir warten …«
    Zu jeder dieser Stimmen gehörte ein Gesicht, eine Familie, eine Ortschaft, und Neil Adams kannte sie alle. Er kannte ihre Namen und ihre Gewohnheiten, ihr Bankkonto und ihren Lieblingsschnaps. In gewisser Weise waren sie seine Familie. Der Sprecher rief alle der Reihe nach, und jede Station antwortete kurz und munter. Nur bei der Minardoo Farm war es anders. Eine hohe und aufgeregte Frauenstimme meldete sich.
    »Einen Moment, bitte! Hier ist ein Notfall. Hier spricht Mary Dillon.«
    Der Sprecher antwortete mit beruhigender Stimme: »O.k., Mrs. Dillon. Wir hören Sie. Sprechen Sie deutlich und langsam. Was ist passiert?«
    Neil Adams stellte seinen Apparat lauter und hörte aufmerksam zu. Mary Dillons Stimme erfüllte sein kleines Büro.
    »Es geht um meinen Mann. Er wollte gestern abend zu Hause sein, ist aber nicht gekommen. Die Viehhirten haben heute morgen in der Nähe unserer Farm sein Pferd gefunden. Auf dem Sattel war Blut. Ich hab' sie auf die Suche geschickt und jetzt hab' ich schreckliche Angst.«
    Fünfzig Zuhörer fühlten mit ihr, aber nur der Sprecher antwortete.
    »Moment, Mrs. Dillon … Sergeant Adams, haben Sie das mitgekriegt?«
    »Hier ist Adams. Ich hab's gehört. Ich möchte bitte etwas sagen. Mrs. Dillon, können Sie mich hören?«
    »Ja, ich höre Sie.«
    »Bitte beantworten Sie meine Fragen klar und einfach. Also, wo ist Ihr Mann gestern hingegangen?«
    »Er wollte zu unserem Zuchtgehege, gleich hinter den roten Hügeln, vielleicht so zwanzig Meilen von der Farm entfernt.«
    »War jemand bei ihm?«
    »Nein. Die Viehhirten waren alle bei der Ausmusterung.«
    »Hatte das Pferd Schaum vorm Maul?«
    »Nein. Unser Vormann Jimmy meint, es müßte in der Nacht ganz gemütlich nach Hause getrottet sein; es wirkte ausgesprochen frisch.«
    »Ist jemand unterwegs, um Ihren Mann zu suchen?«
    »Ja, Jimmy und vier Jungen.«
    »Was meint Jimmy zu dem Blut auf dem Sattel?«
    »Er – er hat gesagt, das gefiele ihm nicht. Aber mehr wollte er nicht sagen.«
    »All right, Mrs. Dillon, bleiben Sie einen Moment am Apparat. Ich melde mich gleich wieder bei Ihnen … Weiß jemand, ob gerade ein Flugzeug in der Nähe von Ochre Bluffs ist? Over.«
    Eine neue, humorig klingende Stimme antwortete mit stark schottischem Akzent, diesmal ohne störendes Geknatter: »Hier spricht Jock Campbell. In zwanzig Minuten müßte Gilligan mit der Post kommen. Er fliegt die Auster. Soll ich ihn zu dir 'rüberschicken?«
    »Ja, bitte, Jock. Sag ihm, er kriegt zwei Passagiere mit Gepäck, mich und Billy-Jo.«
    »Mach' ich, alter Freund. Ich sag' ihm, was passiert ist. Du kannst so in eineinhalb Stunden mit ihm rechnen. Over.«
    »Mrs. Dillon? Hier ist nochmal Sergeant Adams. Ich komme mit Tommy Gilligan zu Ihnen 'rüber. Mit etwas Glück sind wir in drei Stunden da. Ich bring' einen Fährtenleser mit. Ich brauchte zwei Reitpferde und ein Packpferd. Machen Sie mir auch einen Kasten zurecht mit Verbandszeug, Desinfektionsmitteln, Schwefelpuder und Whisky. Geht das klar?«
    »Alles klar. Ich warte auf Sie.«
    »Jamieson's Creek? Geben Sie dem Doktor Bescheid. Behalten Sie ihn im Auge, wo er steckt. Kann sein, daß ich ihn ganz schnell brauche. Gibt's sonst noch was für mich?«
    »Nein … Alles klar, Neil. Wir machen jetzt mit unserem Programm weiter. Wenn es irgend etwas Wichtiges gibt, wissen wir ja, wo wir Sie erreichen können. Machen Sie's gut. Sie auch, Mrs. Dillon, und wir warten auf Nachricht von Ihnen. Regen Sie sich nicht zu sehr auf, bitte. Neil, übernehmen Sie.«
    »Danke. Ochre Bluffs over.«
    Neil Adams schaltete den Apparat aus und ging nachdenklich in dem engen Büro auf und ab.
    Mary Dillons Bericht beunruhigte ihn – und das nicht nur aus einem Grund. Auf den ersten Blick handelte es sich um einen ganz gewöhnlichen Buschunfall: Ein Mann wurde vom Pferd geworfen, brach sich einen Arm oder ein Bein und hoffte, daß die Viehhirten ihn fanden. Der eine überlebte, der andere nicht. Normalerweise nahm die Polizei die Meldung nur auf und erwartete, daß die Leute mit der Suche

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