Nächte am Nil
Herrn.
»Noch einmal, Franz«, sagte Brahms leise. »So wenig Lärm wie möglich! Keine Toten! Und nur schießen, wenn unbedingt nötig.«
Franz nickte. »Und das Riesenbaby?« Er sah zu Baraf hinüber. »Soll der mit? Wie kann ich den bremsen, wenn er die Hirnschalen zerdrückt wie Eier?«
»Baraf bleibt bei mir.« Brahms sah auf seine Armbanduhr. »Zwei Uhr fünfzehn. Los, Jungs! Ich bleibe in Reserve. Wenn's brenzlig wird … Baraf steht bereit.«
In dem großen, weißen Palast Sahedis schlief ebenfalls alles, als die acht Mann über die Mauer kletterten und in den Park sprangen. Am Tage hatte man den Grundriß der in sich verschachtelten Gebäude aufzuzeichnen versucht. Man wußte, welcher Gebäudeteil der Harem war, aber man hatte keine Ahnung in welchem der vielen Zimmer und Innenhöfe sich Birgit Brockmann befand.
Oberfeldwebel Franz setzte sich unter eine Tamariske und kratzte sich am Kopf. Vor ihm lag der Palast, ein Labyrinth von Gängen, Höfen und Räumen, Flachdächern, Terrassen und Außentreppen, Türen und Wandelhallen.
»Das Frauenhaus liegt links, das mit dem kleinen Türmchen«, sagte Franz leise. »Aber es hat keinen Sinn, alle Weiber zu kontrollieren, wer nun diese Birgit ist.«
»Schön wär's«, grinste einer der Männer. »Sind bestimmt nicht die Häßlichsten, die dort wohnen. Und von der Liebe verstehen sie auch was.«
»Schnauze, Fritz. Es geht nicht anders: Wir müssen einen der Wärter klauen und ausquetschen.«
Die sieben Schatten glitten lautlos auf den Häuserkomplex zu. Sie erreichten einen offenen Säulengang, der auf ein großes, kunstvolles, schmiedeeisernes Tor mündete. Dahinter lag ein kleiner Hof mit einem Springbrunnen aus Marmor. Rund um den Hof zog sich eine vergitterte Veranda. Die Wände waren belegt mit goldenen und kobaltenen Kacheln. Exotische Riesenblumen blühten in Alabasterkübeln.
»Hurra, der Harem!« flüsterte Franz. »Aber dieses Gittertor ist nur mit einer Pioniersprengladung zu knacken.«
»Und da kommt auch schon der schöne Emil«, wisperte Franz. Er drückte sich in den Schatten der Säulenhalle. Die sieben Männer verschmolzen mit der Nacht, als seien sie arabeske Verzierungen.
Der einsame Wächter, der seine Runde um den Haremsbau ging, kam ahnungslos an das hohe Gittertor. Er sah in den Innenhof, kontrollierte das Schloß, blickte die dunklen Fenster ab und ging dann weiter.
Vier Schritte weiter endete für ihn die Nacht. Es gab einen hohlen Klang, als wenn jemand einen schweren Sack abstellt, für den Bruchteil einer Sekunde stierte der Araber fassungslos gegen die Decke des Ganges, dann knickten seine Beine ein und er fiel in die Arme von Oberfeldwebel Franz.
Andere Hände griffen zu, schleiften den schlaffen Körper in eine Nische und gossen aus einer Feldflasche Wasser über das Gesicht. Gleichzeitig legte man dem Wächter eine seidene Schnur um den Hals und zog sie ein wenig an.
Mit einem Seufzer erwachte der Araber aus seiner Bewußtlosigkeit. Er starrte in schwarze Gesichter und schloß schnell wieder die Augen. Der Scheitan, dachte er und fühlte, wie es ganz kalt in ihm wurde. Der Teufel ist um dich. Nun bist du tot, und deine Sünden hat dir Allah nicht vergeben. Nun wird der Scheitan dich zerreißen, dich foltern, mit glühenden Zangen zwicken. Er riß die Augen wieder auf, als er den Teufel plötzlich sprechen hörte, und wunderte sich nicht, daß der Scheitan Ägyptisch konnte.
Außerdem verlangte er etwas sehr Merkwürdiges. Die Stimme sagte: »Los, gib den Schlüssel zum großen Tor her!«
Karim, so hieß der Wächter, wollte aufspringen, aber ein paar Fäuste drückten ihn auf die Erde zurück. Gleichzeitig schnürte ihm jemand die Kehle zu. Er rang nach Luft, sein Hirn wurde klarer, er erkannte seine Lage und spürte die Seidenschnur um seinen Hals.
»Ich habe ihn nicht«, sagte er mühsam. Dann setzte er an zu einem lauten Schrei, aber eine große Hand legte sich auf seinen Mund und erstickte alle Laute.
Was dann folgte, war ein stummes ›Bearbeiten‹ Karims. Klatschende Schläge erfüllten die stille Nacht, bis der sich immer wieder aufbäumende Körper still lag. Nur die Augen waren beweglich und starrten haßerfüllt auf die Männer mit den schwarzen Gesichtern. Oberfeldwebel Franz hielt einen Schlüsselbund in der Hand, den er Karim aus der Hose gezogen hatte. »Welcher Schlüssel ist es?« fragte er.
Karim schwieg.
Wieder klatschende Schläge. Erneut die Frage: »Welcher Schlüssel?« Karim
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