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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich der sagenhafte Sternenhimmel über Sanddünen und Palmen. Schakale heulen und Hyänen schreien. In den Tümpeln quaken die Ochsenfrösche. Das Konzert der Nacht beginnt, einer jener kalten Wüstennächte, die es rätselhaft erscheinen lassen, wieso es am Tage eine Glut von über 60 Grad geben kann.
    Einzeln verließen Aisha, Ludwigs, Alf und Lore den Villenbezirk und gingen wie harmlose Nachtwanderer dem Eingeborenenviertel zu.
    Zuerst Aisha. Wie ein Schatten glitt sie durch die Palmen und löste sich zwischen den Gartenmauern auf. Als zweiter folgte Ludwigs. Er spielte den leicht Angetrunkenen, sang leise vor sich hin und unterhielt sich sogar mit dem Pendelposten, einem jungen Soldaten, der nachts die Mauer des Europäerviertels umkreiste.
    »Ich suche ein hübsches Mädchen«, sagte Ludwigs mit schwerer Zunge. »Ein Mädchen für diese Nacht. Kannst du mir eine empfehlen, mein Junge?«
    Der Soldat grinste, schüttelte den Kopf und machte seine Runde weiter.
    Brockmann, der Lore untergefaßt hatte, wurde überhaupt nicht gesehen. Im Inneren Bir Assis hielt man Sicherheitsvorkehrungen für sinnlos. Wer sollte schon unerkannt in die Oase kommen? Um so gründlicher waren die Sperrgürtel weit um die geheimnisvolle, kleine Stadt. Hier bewachten Hunderte von Soldaten und eine Staffel Hubschrauber das Geheimnis Ägyptens. Auch eine Kamelreiterkompanie war eingesetzt. Auf ihren weißen Hedschaskamelen durcheilten sie die Wüste. Ihnen entging nichts.
    Nur der Westen war fast unbewacht, bis auf einige Patrouillen und ab und zu einem Hubschrauberflug.
    Der Westen war keine Gefahr. Im Westen dehnte sich das Todesland. Von hier kam kein lebendes Wesen nach Bir Assi. Und niemand zog dorthin.
    Der Abschied von Hans Ludwigs war kurz. Nachdem die Kamele im Wadi, im Schutze eines dunklen Gartens beladen worden waren, nachdem Brockmann dem Händler 1.200 ägyptische Pfund überreicht hatte, gaben sich Alf und Ludwigs die Hand.
    »Machen Sie's gut«, sagte Ludwigs etwas gepreßt. »Und … und passen Sie mir gut auf Aisha auf.«
    »Ludwigs!« Brockmann hob erstaunt die Brauen. Hans Ludwigs nickte.
    »Ja. Es hat mich gepackt. Ich habe nie mit Ihnen darüber gesprochen, obgleich ich wahnsinnig eifersüchtig war. Aber dann sah ich, daß Lore Ihr Herz hat, nicht Aisha. Einen Augenblick war ich versucht, Sie zu bitten, Aisha hierzulassen, aber dann siegte die Erkenntnis, daß Sie Aisha brauchen, um durchzukommen. Nur eines, Brockmann«, Ludwigs hielt Alfs Hand umklammert, »kümmern Sie sich um das Mädchen wie um Lore. Und wenn Sie durchkommen, nehmen Sie Aisha mit nach Deutschland. Ich komme nach, ich hole sie mir dort ab. Ich liebe sie wirklich. Es ist nicht bloß so ein Anfall von Leidenschaft.«
    »Ich verspreche es Ihnen, Hans«, sagte Brockmann ernst. »Ich werde Aisha nie im Stich lassen. Wir alle zusammen – oder keiner.«
    »Danke, Alf.«
    Die Männer umarmten sich. Dann setzten sie Lore in den breiten Sattel ihres Kamels und stiegen selbst auf. Die Tiere erhoben sich mit Brummen und dumpfen Schreien, störrisch und zähnebleckend, wie es zu einem Kamel gehört. Noch einmal hob Ludwigs beide Hände.
    »Alles, alles Gute!«
    »Allah wird uns führen«, sagte Aisha.
    Auch Lore winkte. Ihre leeren Augen starrten dabei in den Sternenhimmel. Sie fror, aber sie sagte es nicht. Sie fror aus Angst.
    Dann schritten die Kamele aus, Aisha nahm die Spitze, knirschend, patschend und dröhnend ritten sie den Wadi entlang, unten auf dem Grund des ausgetrockneten Flußbettes, das nicht einmal zur Regenzeit kniehoch gefüllt wurde.
    Ludwigs winkte ihnen nach, bis sie hinter Palmen und Geröll verschwanden. Dann setzte er sich auf einen großen Stein und stützte den Kopf in beide Hände.
    Jetzt, wo es geschehen war, wo die kleine Karawane in die Endlosigkeit der Wüste zog, bekam auch er das Gefühl völliger Verlorenheit.
    Sie kommen nie durch, durchjagte es ihn. Sie werden nie die libysche Grenze erreichen. Noch niemand ist diese wahnsinnige Route durch die Wüste gezogen.
    Er sprang auf und rannte zu der verlassenen weißen Villa Brockmanns zurück.
    Ich muß Brahms sprechen, das war sein einziger Gedanke. Brahms muß helfen. Wie, das weiß ich noch nicht. Aber sie dürfen nicht umkommen. Die Wüste soll sie nicht behalten. Ich will Aisha wiedersehen.
    Wie Alf Brockmann es vorhergesagt hatte, wurde sein Verschwinden erst am Nachmittag entdeckt, als er zu dem Versuch nicht kam, um das Startsignal zu geben. Ein Bote, zum Haus geschickt,

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