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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schwieg.
    Schwitzend setzte sich Franz neben dem Wärter auf die Erde. »Den können wir totschlagen«, sagte er auf deutsch. »Der redet keinen Ton. Jungs, wir haben nicht die richtige Masche, einen Orientalen zum Reden zu bringen. Los, einer holt das Riesentier! Ich wette, der Anblick genügt.« Fünf Minuten später waren Hauptmann Brahms und Baraf unter dem Säulengang. Karims Blick wurde gehetzt und voll Grauen, als er den Riesen Baraf sah und die Nilpferdpeitsche, die an einer Schlinge um das schwarze, oberarmdicke Handgelenk baumelte.
    Baraf beugte sich etwas vor. Wortlos umschlossen seine Finger den Peitschengriff. Durch den Körper Karims lief ein heftiges Zucken. Speichel troff aus seinen Mundwinkeln. Die Todesangst löste alles in ihm auf.
    Er hob beide Hände und drehte die Handflächen nach oben, als bete er die Sonne an. »Die Schlüssel …«, stammelte er. Franz warf ihm das Schlüsselbund zu, Karim hob einen Schlüssel hoch, einen ziemlich kleinen handgeschmiedeten Schlüssel.
    Franz riß ihm das Bund wieder weg und rannte zu dem großen schmiedeeisernen Tor. Der Schlüssel paßte. Lautlos schwang das Tor auf. Der Weg in den Harem war frei.
    »Wo schläft die weiße Frau?« fragte Brahms unterdessen. Karim schwieg. Aber als Baraf zum ersten Schlag ausholte und die stahlharte Peitschenschnur über die Brust Karims klatschte, warf er sich herum auf den Bauch und biß vor Schmerzen in den sandigen Boden.
    »Im linken Flügel«, stöhnte er. »Geradeaus, die kleine Tür … Eine Treppe führt hinauf … dann kommt ein Saal. Dort ist wieder eine Tür.«
    »Sind oben noch einmal Wächter?« fragte Brahms.
    »Ja. Einer. Vor der Tür.«
    Brahms nickte. »Bleibt bei ihm«, sagte er zu den Männern mit den geschwärzten Gesichtern. »Ich gehe selbst hinauf.«
    In Begleitung von Baraf rannte er in den Innenhof, blieb im Mauerschatten und erreichte die Pforte in das Frauengebäude. Die Tür war unverschlossen.
    »Laß mich das machen, Herr«, flüsterte Baraf, als sie im Dunkeln des Treppenhauses standen. »Bleib hier. Ich werde dich rufen.«
    Brahms zögerte, aber dann blieb er doch stehen. Es war nicht nötig, daß durch ein unvorsichtiges Geräusch doch noch Kampflärm im Haus entstand. Als er sich umsah, war Baraf schon weg. Es war unheimlich, wie lautlos sich dieser Riesenkörper bewegen konnte.
    Oben, in der langen Halle vor Birgits Zimmer, saß der zweite Wächter auf einem Stuhl vor der Tür und döste vor sich hin. Die zwei Stunden, die er hier abhocken mußte, waren lang. Er durfte seinen Platz nicht verlassen, er mußte seine Ohren und Augen offenhalten, er mußte jedem Geräusch nachgehen, und wenn es ein Knacken in den Deckenbalken war oder der Flügelschlag einer verschlafenen Fledermaus.
    Baraf hatte keine Mühe.
    Wie ein Geist aus der Unterwelt stand er plötzlich vor dem Wächter. Bevor dieser schreien konnte, sauste die riesige Faust Barafs auf den ihm entgegenzuckenden Schädel. Der schwere Fall des Körpers war alles, was die Stille zerriß. Aber auch der wurde von den dicken Teppichen geschluckt.
    Birgit erwachte durch das Geräusch von Schritten. Sie setzte sich im Bett hoch, abwehrbereit und mit geballten Fäusten. Die Tür zum Vorsaal stand offen, und zwei Männer kamen auf sie zu. Ein Riese und ein kleinerer, schlanker Mann. Sie sah trotz der Dunkelheit und ihrer Schlaftrunkenheit, daß Sahedi nicht dabei war.
    »Was wollen Sie?« rief sie und sprang aus dem Bett. »Wer sind Sie?« Sie wich an die Rückwand zurück. »Bleiben Sie stehen, oder ich schreie …«
    Der Riese verhielt den Schritt, der Kleinere kam näher.
    »Gnädige Frau!« sagte Brahms leise. »Bitte, keine Aufregung. Wir kommen Sie abholen.« Zwei Meter vor Birgit blieb er stehen und sah in ihre aufgerissenen, flatternden Augen. »Sie gestatten: Brahms. Josef Brahms. Hauptmann a. D. Ich bin glücklich, daß wir Sie gefunden haben und alles so glimpflich abläuft. Aber Zeit haben wir deshalb trotzdem nicht. Haben Sie noch alles gepackt? Wir müssen so schnell wie möglich weg, ehe eine Wachablösung kommt. Denn dann wird es knallen. Und das ist nicht nötig.«
    »Woher kommen Sie? Wer schickt Sie? Der Hakim –?«
    »Welcher Hakim?« Brahms winkte. Baraf lief herbei und riß die eingebauten Schränke auf. Er warf alle Sachen Birgits auf den Boden und packte sie dann in die Reisetasche, die er ebenfalls im Schrank gefunden hatte.
    »Wer schickt Sie?« fragte Birgit noch einmal. Sie spürte, wie ihre Kraft nachließ, wie sie

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