Nahkampf der Giganten
war Piper, das kleine Affengesicht rauchgeschwärzt; er gestikulierte mit seinem Dolch und kreischte: »Da ist der Captain! Helft ihm, Jungs!«
Bolitho packte das Dollbord und keuchte: »Holt Fowler und Seton!« Wie kalt das Wasser ist, fuhr es ihm durch den Kopf; und als er aufblickte, war der Himmel über der Rauchwolke schon bleich und sternenleer, und die Möwen, die mit wütendem Geschrei hoch über dem Hafen kreisten, schimmerten golden. Nicht vom Feuerschein, sondern in der Morgensonne. Während Männer starben und Schiffe verbrannten, war die Morgenröte über den Horizont gestiegen. Als er den Kopf hob, wunderte er sich noch mehr, denn dort, wo er den Kirchturm erwartet hatte, lag jetzt die Steilküste; und darauf schimmerte hell unter seiner Laterne der Leuchtturm.
Bolitho biß vor Schmerz die Zähne zusammen, als mehrere Hä nde ihn packten und ins Boot hoben, wo er keuchend neben Allday und den anderen liegenblieb. Er wollte die Augen schließen, sich dem heranschwebenden schwarzen Vorhang überlassen, der schon darauf wartete, seine wachsenden Schmerzen zu lindern; und das Krachen des explodierenden Schießpulvers, das Prasseln der fallenden Spieren, mit dem sich die
Saphir
zum Sinken anschickte, zu betäuben. Schon war das Wasser bis an die Stückpforten gestiegen, und das Hauptdeck brannte in ganzer Ausdehnung.
»Wie viele haben wir verloren?« Er klammerte sich an Alldays Knie, während Piper versuchte, das Blut seiner Armwunde zu stillen. »Sagen Sie doch, Mann!«
Alldays grobes Gesicht glänzte in dem schwachen Sonnenlicht; als er Bolitho so ansah, kam er diesem irgendwie fern und unzerstörbar vor. Ruhig entgegnete er: »Lassen Sie nur, Captain. Was es auch gekostet hat – dieser Anblick ist es wert.« Und mit Pipers Hilfe stützte er Bolitho etwas, damit er über das Dollbord sehen konnte. Die Matrosen lagen über ihren Riemen und blickten fast scheu zu Bolitho herüber.
Die
Saphir
war verloren – von dem einst so stolzen Schiff war kaum noch etwas übrig. Bord an Bord mit der Schaluppe war sie durch den ganzen Hafen gedriftet, und jetzt saß sie völlig ausgebrannt dicht unterhalb des eroberten Leuchtturms auf Grund.
Doch Bolitho hatte weder Augen für sie noch für das Treibgut, welches die Stelle markierte, wo die
Fairfax
gesunken war. Denn mitten in der Einfahrt lief nur unter Bramsegeln und Klüver sein Schiff, seine alte
Hyperion,
in den Hafen ein. Ihre Stückpforten standen offen, und als sie sich leicht dem Ankerplatz zuwandte, spielte die Morgensonne auf der Doppelreihe der Geschütze und ließ die Rundung ihres Rumpfes golden aufglänzen.
Bolitho leckte sich die trockenen Lippen und versuchte zu lächeln, als er Ashbys Seesoldaten im Karree auf dem Achterdeck angetreten sah und die schwachen Klänge der kleinen Bordkapelle vernahm. Schwach waren sie, weil von Hurrarufen übertönt. Die Matrosen in der Takelage und am Ankerspill, die Geschützführer mit ihren bunten Kopftüchern und die Scharfschützen in den Masten, sie jubelten alle.
Als der alte Vierundsiebziger die gekappte Sperre passierte, wartete Inch hutschwenkend im Kutter; seine Stimme verlor sich auf die Distanz, doch sein Stolz war um so augenfälliger.
Leise sagte Allday: »Sehen Sie da, Captain!«, und zeigte zum Land, wo die Brustwehr der Küstenbatterie über Steinen, blanker Erde und nassem Gras herüberdrohte.
Eine Flagge wehte über den unsichtbaren Kanonen, aber es war nicht die Trikolore: hell und leicht stand sie im abflauenden Wind, so daß man im Sonnenlicht deutlich die goldenen Lilien erkannte.
»Sie haben ihnen das Signal gegeben, das sie brauchten, Captain«, sagte Allday. »Und da ist ihre Antwort an Sie.«
Undeutlich murmelte Fowler unter dem durchgebluteten Verband: »Mein Gesicht – Jesus, mein Gesicht!«
Doch Bolitho spähte wieder nach seinem Schiff aus, das jetzt majestätisch in den Wind ging. Die Segel wehten aus wie Banner, als der Anker dort ins Wasser klatschte, wo die
Saphir
gelegen hatte. Vorsichtig näherten sich ein paar Boote von Land, jedes führte die königstreue Flagge und war voll winkender, jubelnder Stadtbewo hner.
»Rudert an, zugleich!« kommandierte Allday und fügte für die Ohren der gesamten Bootsbesatzung noch hinzu: »Die wollen unseren Captain sehen, Jungs!« Lächelnd blickte er auf Bolitho hinab.
»Und das sollen sie auch.«
Wieder auf Cozar
Die Mannschaft des Kommandantenboots stellte die Riemen hoch und saß reglos auf den Bänken, während das Boot
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