Nahkampf der Giganten
Verbindung mit Ihnen aufnehmen, Sir. Ich mußte so handeln.«
»Es gibt einen Punkt, an dem Hartnäckigkeit zur Dummheit wird!« Pomfret hatte sich dann nicht weiter über die Angelegenheit ausgelassen, denn in diesem Augenblick war Kapitän Dash eingetreten und hatte gemeldet, daß die Soldaten zur Ausschiffung bereit seien.
Bolitho war zu müde, zu schwach und zu krank gewesen, um sich über Pomfrets kleinliche Wut lange zu ärgern. Später, in der Erinnerung, kam es ihm so vor, als hätte der Admiral ihn tatsächlich im Verdacht gehabt, er hätte den Überfall auf die
Saphir
nur geplant und ausgeführt, um Ansehen, Lob und Anerkennung für sich selbst zu erringen, auch auf die Gefahr hin, sein Schiff und jeden Mann an Bord zu verlieren.
So also war diese erste Unterredung verlaufen. Jetzt sagte Bolitho zu Herrick: »Der Admiral wünscht mit den Offizieren seines Stabes ein Glas Wein zu trinken. Wir wollen lieber sehen, daß wir pünktlich sind.«
Wortlos wanderten sie durch eine enge, kopfsteingepflasterte Gasse, deren Häuser sich einander zuneigten, als wollten sie sich berühren.
Endlich fragte Herrick: »Wie lange wird es dauern, bis der Feind einen Gegenangriff auf den Hafen unternimmt, Sir?«
»Wer kann das sagen? Aber Cobban hat seine Späher ringsum aufgestellt, und zweifellos wird Sir Edmund weiter Küstenpatrouillen fahren lassen, um die Straße nach Norden zu überwachen.« Das sollte möglichst beiläufig klingen, doch konnte er seine Enttäuschung darüber, wie sich die Dinge in St. Clar entwickelten, nicht ganz verbergen. Die Anordnungen und Befehle, die Pomfret als Ortskommandant erließ, warfen einen dunklen Schatten. Diese abendliche Ausgangssperre zum Beispiel. Die Bürger hatten Schiffe und Soldaten begrüßt, als seien es ihre eigenen, hatten den grinsenden Rotröcken Blumen zugeworfen, als wollten sie zeigen, wie sehr sie an diese Unternehmung glaubten. Schließlich waren sie nicht ganz unbeteiligt daran, auch sie würden die Kosten dafür zu tragen haben – unter Umständen mit Leib und Leben.
Und die helle Begeisterung an Bord der
Hyperion
war sehr schnell vergangen, als Pomfret lediglich den kurzen Befehl gab, Truppen und Vorräte so schnell wie möglich auszuladen. Hätte er nur ein Wort der Anerkennung gesagt! Die
Hyperion
hatte fünfzehn Tote und Vermißte verloren, und zehn weitere waren schwer verwundet. Im Verhältnis zu den Verlusten, die entstanden wären, wenn sie die
Saphir
nicht versenkt hätten, schien das zwar geringfügig. Aber innerhalb der Schiffsbesatzung war es ein ganz persönlicher, tiefgreifender Verlust.
Pomfret hatte es sehr eilig gehabt, seine Flagge an Land zu hissen. Als Bolitho und Herrick über den schattenverhangenen Marktplatz gingen, sahen sie, daß der Admiral sein neues Hauptquartier mit größter Sorgfalt ausgesucht hatte. Es war das Haus eines reichen Weinkaufmanns, ein hübsches, großzügiges Bauwerk mit Säulenportal, von hohen Mauern umgeben. Seesoldaten mit über der Brust gekreuzten Riemen standen stramm, nervös blickende Bediente erwarteten an den hohen Doppeltüren die von den Schiffen und aus der Garnison eintreffenden Offiziere und nahmen ihnen Kopfbedeckungen und Mäntel ab.
Besorgt sah Herrick zu, wie Bolitho seinen verbundenen Arm möglichst bequem unter dem Uniformrock zurechtrückte; wieder fiel ihm auf, wie scharf die Linien um Bolithos Mund geworden waren, wie ihm der Schweiß unter der rebellischen Locke auf die Stirn trat. »Sie hätten mich allein gehen lassen sollen«, sagte er schließlich. »Sie sind noch nicht wieder hergestellt, Sir. Noch lange nicht!«
Bolitho verzog das Gesicht. »Und mir dieses schöne Haus entgehen lassen? Kommt gar nicht in Frage!«
Herrick sah sich um: die Gobelins an den Wänden, die glitzernden, wundervoll zum Raum passenden Kronleuchter. »Sir Edmund ist anscheinend der Ansicht, daß ihm ein gewisser Luxus zusteht, Sir.« Herrick sagte das mit unverhüllter Bitterkeit. Warum ist er so wütend auf Pomfret? überlegte Bolitho. Wegen der alten Geschichten oder der neuen Ungerechtigkeit, die sich der Admiral – jedenfalls nach Herricks Ansicht – mit seinem Kapitän leistete?
»Sie werden eines Tages noch über Ihre Zunge stolpern, Thomas«, entgegnete er mit flüchtigem Lächeln.
Ein Lakai mit Perücke riß die Tür auf und rief, nachdem ein britischer Unteroffizier ihm etwas ins Ohr gemurmelt hatte, lauthals:
»Capitaine de vaisseau M’sieur Boli…«
Der Unteroffizier starrte ihn wütend
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