Nahkampf der Giganten
sollte, war geflohen oder tot; mit fast wahnsinniger Wut stellte Bolitho sich breitbeinig über den Jungen, hieb einen Angreifer nieder und erwischte mit dem gleichen Schwung einen anderen, der beim Ruder gegen Allday kämpfte.
Aber es wurde immer gefährlicher. Lange konnte es nicht mehr dauern. Die Franzosen schienen so von Sinnen vor Wut und Verzweiflung, daß sie mehr danach trachteten, die Handvoll britischer Matrosen zu vernichten, als ihr eigenes Schiff zu retten.
Fowler ließ den Degen fallen und schlug die Hände vors Gesicht.
»O Jesus, o mein Gott!« brüllte er. Im Licht der flackernden Flammen glitzerte sein Blut, das ihm über Hals und Brust strömte, wie schwarzes Glas. Gurgelnd brach er in die Knie, und ein französischer Leutnant, barhaupt, den Uniformrock in verkohlten Fetzen, riß den Degen hoch, um Fowlers ungeschützten Schädel zu spalten. Bolitho sprang nach vorn, blieb mit dem Fuß an einer gesplitterten Planke hängen und sah, wie die Klinge des Franzosen die Richtung wechselte und sausend die Luft durchschnitt. Mit letzter Kraft hielt er sich im Gleichgewicht und hob instinktiv den linken Arm zum Schutz. Die Klinge fuhr in seinen Unterarm; er fühlte einen betäubenden Schmerz. Aber der französische Leutnant rutschte aus, die Wucht seines Angriffs warf ihn fast um; sein Gesicht glühte im Feuer wie eine Maske aus Metall, mit funkelnden Augen starrte er Bolithos Degen entgegen, der über Setons Körper eine Finte schlug – dann stach die rasiermesserscharfe Klinge zu. Der Franzose schrie nicht einmal auf, sondern taumelte zurück, die Finger in die Brust gekrallt, den Rücken wie in grotesker Verneigung gekrümmt.
»Sie sinkt, Captain!« brüllte Allday. Bolitho blinzelte und versuchte, sich den Schweiß aus den Augen zu wischen. Aber sein Arm hing wie tot herab, und mit ungläubigem Schrecken sah er, daß Blut an seiner Seite niederrann, sein Hosenbein durchfeuchtete und an Deck tropfte. Betäubt schüttelte er den Kopf und starrte zum Bug. Die hohe Flammenwand hatte sich auf die
Saphir
verlagert, wo aufgegeite Segel und geteerte Leinen als peitschende Flammenschnüre davonflogen; kleinere Feuerherde huschten, vom Wind getrieben, zum Achterschiff und setzten alles in Brand, was sie unterwegs berührten. Durch die verlassenen Stückpforten konnte er sehen, daß das Schiff auch innen wie ein Schmelzofen brannte. Blindlings sprangen Männer über Bord und schrien furchtbar, wenn sie zwischen die brennenden Rümpfe gerieten und zu einem blutigen Brei zerquetscht wurden. Aber das Deck der Schaluppe kippte nun schnell ab. Unten strömte die See ein und erstickte die Flammen mit triumphierendem Zischen. Der Fockmast war ganz über Bord gegangen; das hatte Bolitho in dem Chaos aus Tod und Vernichtung überhaupt nicht gemerkt. Leichen rollten die Deckschräge abwärts, einige Verwundete krochen wimmernd von den Flammen weg oder versuchten mit letzter Kraft, das Achterdeck zu erreichen.
»Gig ist klar!« brüllte Allday. »Los, Captain, ich helfe Ihnen!« Bolitho blickte sich noch immer um, als erwarte er den nächsten Angriff. Aber außer ihm waren nur noch Tote an Bord.
»Keiner mehr da«, schrie Allday. »Sie haben alle erledigt!« Dann sah er Bolithos Arm. »Hier, Captain, meine Hand!« Sie gerieten beide ins Taumeln, denn die Sloop legte sich schwerfällig auf die Seite, die leichten Deckgeschütze rissen sich aus ihren Halterungen, rutschten polternd zum Schanzkleid oder stürzten zischend in den feurigen Krater.
Bolitho sprach mit zusammengebissenen Zähnen, denn der Schmerz wühlte in seinem Arm wie mit glühenden Zangen. »Der Junge! Hol ihn, Allday!« Mühsam schob er die blutverklebte Klinge in die Scheide und zog sich mit dem gesunden Arm zur Heckreling, während Allday den bewußtlosen Seton aufnahm und über die Schulter warf.
An der Reling stand O’Neil, nackt bis zum Gürtel, und wickelte sein Hemd um Fowlers Gesicht, wobei der Leutnant hin und her schwankte und zu sprechen versuchte, aber Stoff und Blut erstickten seine Worte.
»Hab’ getan, was ich konnte«, sagte der Ire und duckte sich, als eins der Geschütze in der Hitze explodierte, wie von unsichtbarer Hand abgefeuert. »Der arme Kerl hat fast kein Gesicht mehr!«
Bolitho konnte nur krächzen. »Da ist die Gig! Wir müssen springen!« Er fühlte kaum den Sprung, spürte aber Salzwasser in seinen Lungen kratzen und kühle Luft im Gesicht, als er wieder an die Oberfläche kam. Turmhoch erschien ihm die Gig, aber da
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