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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hörte er das Rad unter der vereinten Kraft der beiden Rudergänger knarren, und dann ertönte Gossetts Stimme: »Wir sind auf Kurs, Sir! Nord zu West, voll und bei!«
    »Das war knapp, Sir«, sagte Herrick und schüttelte sich wie ein nasser Hund. »Hätte nie gedacht, daß ich mal erleben würde, wie ein Linienschiff so tut, als wäre es ein Amüsierkahn!«
    Bolitho antwortete nicht. Er schaute der schlaffen Gestalt entgegen, die Tomlins Matrosen heranbrachten, und selbst in diesem Halbdunkel konnte er die durchweichte Uniform, den großen Schnurrbart erkennen, den die Nässe schief an die Wange des Mannes klebte, als gehöre er dort überhaupt nicht hin.
    Herrick sah Bolitho zusammenzucken. »Wer ist das, Sir?« fragte er.
    Leise erwiderte Bolitho: »Lieutenant Charlois. Der Mann, der die Verhandlungen eingeleitet hat.« Errief: »Den Arzt zu mir! Und bringt den Mann in meine Kajüte!«
    Die Matrosen nahmen den Leblosen wieder hoch, und Bolitho wandte sich dem Jungen zu. Er war etwa so alt wie Seton, doch breitschultrig und ebenso schwarzhaarig wie Bolitho selbst. »Was ist geschehen?« fragte er ihn. »Sprichst du englisch, Junge?«
    Der Junge murmelte etwas und spuckte dann verächtlich aus. Kalt sagte Tomlin: »Benimm dich, Bengel!« Er verpaßte ihm eine rasche Ohrfeige; doch dann riß er entsetzt die Augen auf, denn der Junge sank zu seinen Füßen hin. »Allmächtiger!«
    »Bringen Sie ihn unter Deck, Bootsmann«, sagte Bolitho, »und sorgen Sie dafür, daß er trocken und warm wird. Ich spreche nachher mit ihm. Jetzt muß ich zu Charlois.«
    Breitbeinig schritt Inch das schräge Deck hinan und sah gerade noch den Schiffsarzt hinter Bolitho herhasten. »Also wirklich, Mr.
    Herrick«, sagte er, »das ist mir ein Rätsel!«
    Herrick biß sich auf die Lippen und beobachtete die Segel. »Eins ist sicher, Mr. Inch: daß der Mann hier draußen fast ertrunken ist, hat seinen Grund – aber bestimmt keinen guten!«
    Bolitho stand in der Tür seiner Schlafkajüte und sah zu, wie Rowl stone, sich mit einer Hand an der schwankenden Koje festhaltend, die Untersuchung des bewußtlosen Charlois abschloß. Allday und ein Sanitätsmaat hielten Laternen hoch.
    Der Schiffsarzt reckte die schmalen Schultern und sagte endlich: »Tut mir leid, Sir.« Er zuckte die Achseln. »Hat eine Kugel im linken Lungenflügel. Nichts mehr zu machen, fürchte ich.«
    Bolitho trat herzu und sah auf das breite Gesicht des Franzosen und die nur flach atmende Brust nieder.
    »Hätte ich ihn früher bekommen«, sagte Rowlstone bedeutsam, »wäre er möglicherweise zu retten gewesen. Aber die Wunde ist schon ziemlich alt. Drei Tage vielleicht. Sehen Sie den schwarzen Rand um den Einschuß? Schlimm.«
    Bolitho brauchte nicht erst hinzusehen, er konnte es riechen.
    »Wundbrand?« fragte er leise.
    Rowlstone nickte. »Mir unverständlich, daß er überhaupt noch lebt.«
    »Nun – sorgen Sie dafür, daß es ihm so leicht wie möglich wird.« Er wollte sich schon abwenden und gehen; da sah er, daß Charlois’ Augenlider zuckten und sich hoben. Sekundenlang starrten diese Augen nur blicklos und verständnislos, als gehörten sie gar nicht zu dem Mann, dessen Gesicht im Lampenlicht talgweiß glänzte.
    »Sind Sie das,
capitaine!«
Die schmerzverzerrten Lippen bewe gten sich fast unmerklich; Bolitho mußte sich bücken, um die Worte zu verstehen, und sein Magen rebellierte bei dem fauligen Gestank der Wunde.
    Charlois schloß die Augen wieder. »Gott sei Lob und Dank!«
    »Ich bin es«, sagte Bolitho. »Aber warum haben Sie St. Clar verlassen?«
    Es war schmerzlich anzusehen, wie der Mann gegen seinen Tod ankämpfte, um noch einmal klar zu denken. Doch er mußte Bolitho wissen lassen, was los war.
    »Mein Sohn?« fragte Charlois schwach. »Ist er in Sicherheit?«
    Bolitho nickte. »Wohlbehalten und gesund. Ein tapferer Junge, hat bei diesem Wetter die Pinne bis zuletzt nicht losgelassen.«
    Charlois versuchte zu nicken. »Braver Kerl… Aber nun haßt er mich. Verabscheut mich als Verräter Frankreichs!« Eine Träne rann ihm aus dem Augenwinkel, doch er sprach weiter. »Er begleitete mich nur, weil er es für seine Sohnespflicht hielt – nur deswegen!«
    Die Anstrengung des Sprechens machte sich bemerkbar, und Rowlstone sah Bolitho mit stummer Warnung an. Doch Bolitho mußte weiterfragen. »Aber warum sind Sie ausgelaufen?«
    »Ich gab Ihnen damals mein Wort,
capitaine.
Wir haben uns gegenseitig etwas versprochen, Sie und ich. Ich dachte, es würde

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