Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
sich in ihrem Haushalt Fleisch- und Milchmolekülenicht mal im Geschirrspüler vermischen konnten, später direkt in den Himmel kommen würde.
„Dezember“, sagte sie nach kurzem Schweigen.
Ich konnte sehen, wie sie die Monate zählte, die mit dieser neuen Person in meinem Leben vergangen waren, ehe sie davon erfahren hatte. Früher hätte ich nach dem ersten Kuss von Alex sofort zum Telefon gegriffen, um ihr davon zu erzählen. Jetzt waren Monate vergangen, in denen wir kaum miteinander gesprochen hatten, und der Mann, den ich mitbrachte, war schon weit mehr als nur ein Freund.
„Nun ja“, sagte sie, als ich nichts erwiderte. „Er macht einen sehr netten Eindruck.“
Alex tauchte in der Küchentür auf. „Kann ich irgendwie helfen?“
Meine Mom drehte sich um. Dieses Eindringen eines Mannes in die eindeutig weibliche Domäne der Küche überraschte sie. „Oh … vielen Dank, Alex. Aber Sie gehen jetzt wohl besser ins Wohnzimmer und machen es sich dort gemütlich.“
Damit verdammte sie ihn zu einer mit peinlichen Pausen gefüllten Unterhaltung mit Chaim. Der war zwar nett, aber ob er auch wusste, wie er mit diesem wildfremden Goi umgehen sollte? Nein, das war keine Situation, die ich jemandem zumuten wollte, den ich liebte. Darum wischte ich mir die Hände an einem Geschirrtuch trocken und trat zu Alex.
„Eigentlich wollten wir so langsam los, Mom. Es ist ein ziemlich weiter Weg nach Hause, und es ist schon spät.“
Sie drehte sich um. „Oh, musst du morgen früh aufstehen? Gehst du in die Kirche?“
Ich seufzte. „Nein, Mom. Ich muss arbeiten.“
Sie zog eine Art Grimasse, und ihr Lächeln wirkte falsch. Sie war zwar nicht erfreut, dass ich so schnell wieder verschwand, aber zugleich konnte sie nicht verhehlen, wie froh sie war, dass ich am nächsten Morgen nicht in die Kirche ging. Natürlich wusste sie, dass ich auch an drei anderen Tagen in der Woche zurMesse gehen konnte. Ich hätte ihr jetzt erzählen können, dass ich gar nicht mehr in die Kirche ging, und sie hätte sich etwas besser gefühlt. Aber es gab Themen, über die wir nie sprachen, obwohl wir nicht explizit abgesprochen hatten, nicht mehr darüber zu reden.
„Nun ja, da kann man nichts machen, Wenn ihr los müsst, müsst ihr los.“ Sie trat an die Kücheninsel und nahm den Teller mit Rinderbraten. „Aber ich möchte euch noch ein paar Reste mitgeben.“
„Nein, Mom, wirklich …“
Sie sah mich irgendwie flehend an. „Bitte. Hier sind nur Chaim und ich. Wir können das alles unmöglich aufessen. Selbst wenn ich es einfriere, ist genug für zehn Leute da. Diese Tovi isst kaum mehr als ein Vögelchen, und ihr Reuben ist kaum besser.“
Alex tätschelte seinen Bauch. „Also, ich hab meinen Teil beigetragen, Mrs Kaplan. Ich hoffe, das war in Ordnung.“
Sie wirkte überrascht und lachte. „Oh ja, natürlich. Sie haben gut zugelangt, Alex. Das war schön. Also, ihr nehmt ein bisschen was mit, einverstanden?“
„Ja“, stimmte er zu, obwohl ich gerade Einspruch einlegen wollte. „Das wäre fein.“
„Schön!“ Ich warf die Hände hoch. „Dann bin ich wohl überstimmt.“
Meine Mutter zwinkerte mir zu. Dieses Zwinkern war so typisch für ihr altes Ich – also ihr früheres Ich, ehe sie orthodox wurde –, dass mein Hals eng wurde. „Ja, das bist du wohl.“
Sie fing mich auf dem Hof ab, während Alex versuchte, die Pakete mit Essen im Wagen zu verstauen. Die Behälter waren so dick in Alufolie eingeschlagen, dass sie Signale aus dem Weltraum hätten empfangen können. „Er ist nett, Livvaleh.“
Ich schaute zu ihm hinüber. Er packte den Kofferraum so um, dass alles passte. „Das ist er, Mom.“
„Er ist kein Jude“, bemerkte sie wehmütig, dann hielt sie dieHände hoch, ehe ich antworten konnte. „Ich weiß, ich weiß.“
Ich runzelte die Stirn und schlang die Arme um meinen Bauch. „Weißt du, ich habe mich nicht als Katholikin versucht, um dir damit wehzutun.“
„Das weiß ich.“
Ich wies sie nicht darauf hin, dass ich mich von meinem Vater entfremden würde, wenn ich mich für ihren Glauben entschied. „Du kannst nicht ernsthaft von mir erwarten, dass ich nur mit jüdischen Männern ausgehe. Das ist total unrealistisch.“
„Unrealistisch? Warum denn, um Himmels willen?“
Ich nahm ihre Hand. Unsere verschränkten Finger bildeten Tigerstreifen. Hell, dunkel, hell, dunkel. „Mom. Jetzt tu doch nicht so.“
„Ich habe dir immer gesagt, dass es nicht wichtig ist, welche Farbe deine Haut
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