Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
Tränen nicht länger unterdrücken. Eine fiel auf meinen Handrücken. Dann eine zweite.
Als er mich umdrehte, um mir in die Augen zu schauen, vergrub ich mein Gesicht an seiner Brust und schluchzte. Sicher wird er gleich sagen, dass alles in Ordnung ist, dachte ich undwappnete mich für diese gut gemeinte Plattitüde. Aber er sagte gar nichts. Er streichelte meinen Rücken und hielt mich fest, aber er versuchte nicht, mich zu beruhigen. Und er fragte mich auch nicht, was los war.
„Komm her.“ Er nahm meine Hand und führte mich zum Sofa, wo wir uns unter die Strickdecke kuschelten und tief in den Kissen vergruben.
Manchmal hilft es, zu reden. Manchmal ist es besser, zu schweigen. Alex gewährte mir dieses Schweigen, und es war keines von der unbehaglichen „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“-Sorte, sondern einfach ein gutes Schweigen.
Unsere Atemzüge waren im Einklang. Ein und aus. Seine Brust, die sich regelmäßig hob und senkte, war für mich in diesem Moment wie ein Fels in der Brandung, an dem ich mich festklammern konnte, der mir half, nicht in meinem Schmerz unterzugehen. Er ließ mich weinen, bis meine heißen, wütenden Tränen von selbst versiegten. Wir blieben noch lange danach so beieinander. Sein Kinn ruhte auf meinem Scheitel, und ich lag in seinen Armen. Unsere Beine waren miteinander verschränkt. Meine Hand lag ganz selbstverständlich auf seiner Gürtelschnalle. Unsere Körper bildeten eine ganz natürliche Einheit, so als gehörten sie einfach zusammen.
„Ich habe meine Eltern seit zwei Jahren nicht mehr gesehen“, sagte er schließlich. „Mit meinem Vater habe ich genauso lange nicht gesprochen. Hab zum letzten Geburtstag eine Karte von meiner Mom bekommen. Das war alles.“
Ich kuschelte mich an ihn. „Was ist passiert?“
„Das ist nicht weiter wichtig.“
Ich schaute zu ihm auf. „Natürlich ist es das.“
Alex lächelte und berührte mein Haar. „Nein. Wirklich nicht.“
Wir hatten seit Monaten Sex, und in Wahrheit kannte ich ihn überhaupt nicht. Jedenfalls nicht so, wie ich einen Mann kennen sollte, von dem ich mir vorstellen konnte, bis zum Ende meines Lebens mit ihm zusammenzubleiben. Ich kannte jedenZentimeter seines Körpers, ich kannte sein Lieblingsgetränk und wusste, was er auf seiner Pizza mochte. Aber all das war belangloses Zeug.
„War es schlimm?“, fragte ich.
„Olivia, ich will nicht darüber reden.“ Alex schob mich sanft, aber mit Nachdruck von sich weg. „Es ist lange her. Es ist ausgestanden.“
„Du weißt, dass du mit mir darüber reden kannst …“
„Ich habe doch gesagt, ich will nicht darüber reden.“ Er stand auf. „Ich hol mir was zu trinken. Willst du auch was?“
Ich beobachtete, wie er in meiner Küche verschwand. Er wusste, wo alles stand, und zögerte nicht, sich zu nehmen, was er wollte. Ich stand auf und folgte ihm. Er schenkte sich ein Glas Saft ein und trank es zur Hälfte aus. Den Rest kippte er in den Ausfluss.
„Ich kauf dir eine neue Flasche“, sagte er, als er meinen Blick bemerkte.
„Darum geht’s mir gar nicht.“
Er zuckte mit den Schultern und stellte das Glas in die Spülmaschine. „Na großartig.“
Wir hatten unseren ersten richtigen Streit, und ich war mir nicht ganz sicher, worum es eigentlich ging. „Willst du mit ins Bett kommen? Es ist schon spät, und ich hab morgen viel zu tun.“
„Ich dachte, wir könnten morgen vielleicht was unternehmen“, sagte Alex.
„Wir haben doch heute schon was unternommen. Ich hab noch viel Arbeit, und morgen ist der einzige Tag, an dem ich diese Sachen erledigen kann. Außerdem muss ich noch Wäsche machen …“ Ich verstummte, weil er den Mund zusammenkniff und die Stirn krauszog. „Was ist?“
„Nichts. Ich hatte nur gedacht, wir könnten das Wochenende zusammen verbringen. Ohne Arbeit.“
Ärgerlich wischte ich einen Tropfen Saft von der Arbeitsplatte. „Tja, tut mir leid, aber nicht jeder ist ein Selfmade-Millionär,der nur ein paar Stunden pro Woche arbeiten muss.“
Seine Miene verhärtete sich. „Ich habe verdammt hart dafür gearbeitet, Olivia.“
„Und ich arbeite gerade verdammt hart, um mir ebenfalls eine Existenz aufzubauen!“ Ich klatschte den feuchten Spüllappen in das Spülbecken. „Himmel, Alex, glaubst du nicht, ich würde lieber den ganzen Tag mit dir im Bett bleiben und mit dir Filme gucken, statt früh aufzustehen, um mein Leben irgendwie auf die Reihe zu bekommen?“
„Dann lasse ich dich wohl mal lieber ins Bett
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