NAM-Tech: Maschinenbrut (German Edition)
Hauptquartier steht sperrangelweit offen.
Sol hat die Glaswände hinter sich gelassen. Seine größte Sorge ist der Eingangsbereich. Scanner, Kameras, Wachmannschaft. Aber daran kann er sich jetzt nicht aufhalten. In Windeseile bewegt er sich vorwärts, greift mit den spitzen Enden der Kabelbeine in den Boden und zerrt sich vorwärts wie eine Kreuzung aus Schlange und Spinne.
Die Imitation menschlicher Bewegungen, die er in den Straßen der Stadt fast perfekt an den Tag gelegt hat, weicht nun seiner Eile, denn er weiß nicht, wie viel Zeit er noch hat. Und es gelingt ihm nicht, die Tatsache, dass niemand ihn aufhält, so in seine Prognosen einfließen zu lassen, dass er ein positives Ergebnis erhält.
Seltsame Bilder vor seinen Augen, als sich die Türen des kuppelförmigen Fahrstuhls langsam schließen. Ein Mensch in Panik, Wut und Verbitterung. Werte, die er nicht messen kann. Empfindungen, die er nicht nachvollziehen kann. Oder doch? Bilder von Sol, der zu ersticken droht. Zahlen über Luftzusammensetzung, die einem ungeleerten Mülleimer seiner Datenbank entspringen. Fehlfunktion des AirCon. Unmenschlich. Narkotisch.
Je weiter sich die Plattform des Fahrstuhls vom Bodenlevel entfernt und je näher sie an die oberste Etage heranrückt, desto klarer werden die Geräuschwerte, die sich – von Wänden gedämpft und von Surren überlagert – aus den Sensordaten herausfiltern lassen.
Stotternde Klangspitzen, ein durchgehendes Grollen und verzerrte, menschliche Stimmen. Der Ton ist wie ein Kanal, dessen Ursprung fixiert ist, und dessen Ende gerade an seinen Sensoren liegt, die langsam mit ihm in die Höhe fahren. Er verarbeitet Klänge aus dem luftigen Zentrum der Firma, ohne Bilddaten zu erhalten, aber das alleine reicht aus, um intern die Entscheidung zu treffen, sich auf das Schlimmste gefasst zu machen.
Als die Fahrstuhltüren mit einem hellen Glockenschlag beiseite weichen, dringen feine Partikel auf ihn ein, die sich schwelend durch den Korridor ziehen und Reihen von Leichen unter sich begraben. Mills-Breach-Granate, Modell 10. Fünfzehn Tote bei der Wachmannschaft. Durch Rauch und Dunst hindurch, der in die feinen Ritzen seiner Außenhülle dringt, schiebt Sol sich voran, klettert und rollt über die weichen Körper, die ihm nicht Platz machen wollen. Drücken und Drängeln gegen den Widerstand der Biomasse, während die Optik auf den großen Krater am Ende des Ganges gerichtet bleibt, der sich in die ultraleichte, grüne Sicherheitstür gefressen hat. Blitze in dem Raum, der dahinter liegt. Flüche. Schreie. Lautes Kreischen. Gleich ist er da. Gleich tritt er durch die Tür.
Der Mann, der sich zu ihm umdreht, schaut ihn für den Bruchteil einer Sekunde durch rötliche Foliengläser an. Dann zerfliegt sein Körper in klumpige Stücke, und nur seine Waffe, die am Boden liegt und von einem verstümmelten Arm und einer abgetrennten Hand gehalten wird, richtet sich noch einmal auf sein Ziel aus, so wie eine Kompassnadel auf den magnetischen Südpol.
Die Optik schießt ein schnelles Bild, das einen Mann, eine Frau und ein bedrohliches, metallisches Wesen zeigt, das eine Spur der Verwüstung durch den Raum gezogen hat. Der Mann steht rechts, etwa zehn Meter entfernt. Die Frau steht links, etwa fünfzehn Meter entfernt. Das Wesen steht direkt vor ihm, und seine gehärtete Kralle bohrt sich gerade fünf Zentimeter in seinen stählernen Thorax.
»Bitte Objekt entfernen!«, dringt es aus Sols Sprachmodulen, während er eine Wartezeit von fünfzig Millisekunden verstreichen lässt, um die Struktur des Feindes zu analysieren. Dann zerschlägt er die Kralle und zieht die zerbrochenen Fingerspitzen aus seiner Panzerung heraus.
Eisenharte Schläge hämmern auf die Titanpanzerung des wütenden Wesens ein, treiben es unter Sprühfeuer zurück und jagen es mit einem gewaltigen Fauststoß kreischend über den ovalen Tisch. Nathan tritt zurück und hütet sich davor, einzugreifen. Sara hingegen erkennt die vertraute Gestalt der zweiten Killermaschine und vermag es endlich, ihre Lebensgeister wieder einzusammeln. Sie schaut an ihrem beinahe gefühllosen rechten Arm herab. Die Bateau ist noch in ihrer Hand. Unter stechenden Schmerzen versucht sie, mit ihrer Linken die verkrampften Finger ihrer rechten Hand von der Waffe zu lösen.
Drohende Segmentschläuche legen sich um Ricos Gelenke. Sol begräbt ihn unter einem Schlangenwald, aus dem er nicht zu entfliehen vermag. Der gleißende Strahl, der ihm entgegen schießt,
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