Naminé - Liebe Deinen Feind
Knie davor und rief lauthals: »Oh ihr Götter! Warum befreit ihr mich nicht endlich von dieser Last auf zwei Beinen!«
Sam stieß einen hohen Laut aus und hielt Techi die rechte Hand vor den Mund, damit sie nicht weiterreden konnte.
»Es ist mitten in der Nacht, Techi. Sam will nicht, dass du jemanden aufweckst.« Techi nickte ärgerlich und versprach, ruhig zu sein, erst dann ließ sie die Magierin wieder los. »Ich bin in einem Kloster, warum darf ich dann nicht mitten in der Nacht beten.«
Sam lächelte erneut leicht. Sie würde ihr ja gerne antworten, aber sie konnte ja nicht.
Raven wandte sich nun wieder Techi zu. »Wir sollten einfach aufhören mit diesem dummen Auftrag! Das ist doch einfach nur bescheuert! Zwietracht unter den Klosterbewohnern streuen! Solch einen Mist kann sich auch nur Efal ausdenken.« Die Magierin verschränkte die Arme vor der Brust. »Und was schlägst du vor?« Raven nickte nun in Richtung Sam. »Sie hat sich etwas ausgedacht.«
***
Dunkle Schatten warf das Mondlicht auf die Straßen von Eridá und keiner der Bewohner wagte sich um diese Uhrzeit noch hinaus, außer einer Person. Naminés Magen rebellierte immer häufiger, je weiter sie ihren Weg fortsetzte. Sie war auf dem Weg zum Priesterhaus in der Nähe des Klosters. Dort in einer Unterkunft wohnte Amos. Die Elbin hatte Angst – sehr große Angst!
Sie überprüfte immer wieder ihre Waffen: Ein kleiner Jagddolch, den ihr damals ihr Vater geschenkt hatte und ein Schwert, das ihrem eigenen sehr ähnlich sah, dass sie im Gefängnisturm von Nâge gezwungenermaßen zurückgelassen hatte.
Naminé sah sich kurz um. Niemand folgte ihr. Sie war ein wenig darüber enttäuscht.
Die Waldelbin hatte gehofft, dass Sias ihr beistehen würde. Naminé seufzte tief und band ihr Tuch neu, das sie sich um Nase und Mund gelegt hatte.
Ihr blondes Haar verschwand unter einem dunklen Cape. Ihre Waldläuferkleidung umhüllte ein langer Mantel. Die Waldelbin kam dem Haus immer näher. Sie konnte sogar schon den religiösen Schriftzug lesen, der in die Hauswand geschrieben war. Die Elbin blieb kurz stehen und umschloss Aryls Anhänger fest. Ihre Hände zitterten. »Verzeih mir bitte«, flüsterte sie kaum hörbar. Dann trat sie in eine Seitengasse hinter dem Haus. Dort wartete schon jemand auf sie. Efal lehnte an der Hauswand neben einer Dachrinne. Er grinste breit. »Na? Traust du dich, Spitzohr?«
38.Kapitel
Mörderin
Naminé beachtete ihn zuerst nicht. Unbeirrt ging sie an ihm vorbei und sah die Dachrinne hinauf. Sie war mindestens fünfundzwanzig Meter hoch und führte direkt an einem Fenster vorbei, das offen stand. Sehr töricht, wie sie fand.
Efal beobachtete sie aufmerksam. »Die Rinne könnte dich tragen; du bist nicht besonders schwer«, bemerkte er kurz und grinste nun listig.
Die Elbin sah ihn aus ihren blauen Augen genervt an. Sie konnte sich vorstellen, dass sich Sias ebenfalls solche Bemerkungen in seiner Ausbildung anhören musste. »Warum seid Ihr hier?«, fragte sie ihn, während sie mit der rechten, behandschuhten Hand über das kalte raue Metall strich.
»Ich habe dir doch gesagt, dass es mir eine Freude sein wird zuzusehen, wie du versagst!«, antwortete er ihr knapp und strich sich durch sein schwarzes Haar.
Naminé schüttelte den Kopf und setzte einen Fuß auf die Eisenstücke, die die Dachrinne an der Wand befestigt hielten. Das Eisen trug sie und so kletterte sie lautlos und geschickt nach oben.
Als sie mit dem rechten Fuß das Fensterbrett erreichte und sich in das Innere des Hauses schwang, sah sie noch einmal kurz zu Efal nach unten. Der Elbenjäger rührte sich nicht.
»Wenn ich ihn töte, dann müsst Ihr mir versprechen, dass Ihr verschwindet und das für immer!« Ohne auf eine Antwort zu warten, zog sie den Kopf zurück und wa ndte dem Fenster den Rücken zu. Der Gang war leer und lang. Die Hausgröße außerhalb hatte getäuscht. Das Innere war mindestens doppelt so groß. Naminé sah niemanden in den Gängen und hörte auch sonst nichts. Alles war still.
Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen und steuerte auf das Zimmer zu, in dem dieser Amon wohnte. Naminé hatte Glück, denn die Zimmer waren alle beschriftet und somit sparte sie sich das unnötige Suchen. Sie hatte Schwierigkeiten, in der Dunkelheit Richtungen zu erkennen.
Einmal hörte die Elbin ein Geräusch und so verharrte sie in ihrer Bewegung und versteckte sich hinter einer Skulptur, die sie sehr an eine der
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