Naminé - Liebe Deinen Feind
nach oben. Er konnte nicht glauben, dass sie es wirklich getan hatte! Geschwind stand er auf und fluchte. Er war sich so sicher gewesen, dass sie versagen würde! Sein Plan war fehlgeschlagen! Wütend verließ er die Seitengasse und machte sich auf den Weg in seine Unterkunft. Das würde Rache geben, und zwar fürchterliche.
***
Wie versteinert saß Naminé vor Amon und sah ihn an. Seine Augen waren leer, glasig.
Er erinnerte sie an Cyon. Die Elbin hob die Hände und strich über die Stellen, an d er seine Wunde war. Sie waren weg; nur das Blut an seiner Kleidung zeugte von ihrem Kampf. Plötzlich huschte die dunkle Iris des Priesters in ihre Richtung. »Warum?«, fragte er und seine Kehle war trocken. Naminé zog mit ihrer linken, unverletzten Hand ihre Kapuze vom Kopf.
Sie lächelte. »Weil es das richtige ist«, antwortete sie ihm nur.
Die Elbin umschloss mit ihrer linken Hand den Griff ihres Dolches und zog ihn aus ihrer rechten Hand, die sie dami t am Boden festgenagelt hatte. Sie stöhnte vor Schmerzen auf und als sie das Loch sah, das die Klinge in ihrer Hand hinterlassen hatte, verschwamm ihre Sicht ganz kurz. Sie sprach leise einen Heilzauber und die Wunde schloss sich, dennoch war eine schwarze Narbe zurückgeblieben, über die sie ehrfürchtig strich. Ihre Handschuhe waren hinüber.
»Ihr seid keine Elbenjägerin, richtig?«, fragte Amon nun, der sich aufgerichtete hatte und einen tiefen Schluck aus einer Weinflasche nahm, die auf der Kommode neben seinem Bett stand. Er bot der Elbin ebenfalls die Flasche an, doch Naminé lehnte dankend ab. »Nein. Ich bin keine«, erwiderte sie und verstaute ihren Dolch wieder. »Ich werde auch niemals eine sein.«
Amon stellte die Flasche Wein ab. »Warum macht Ihr das dann?« - »Um mich zu rächen; doch ich wollte niemals ernsthaft andere töten. Damit wäre ich selbst eine Mörderin.«
Der Priester seufzte tief und ließ sich erschöpft auf den Stuhl seines Schreibtisches fallen.
»Ihr seid wahrlich dumm! Wisst Ihr nicht, was Euch jetzt für eine Strafe bevorsteht?«
Naminé sah auf und lächelte Amon breit an. »Diese Strafe ist besser, als Euch das Leben zu nehmen.« Ohne ein weiteres Wort stand sie auf und verließ das Haus auf dem gleichen Weg, wie sie gekommen war. Sie betrat ohne zu zögern die Hauptstraße, als die ersten Sonnenstrahlen schon durch diese wanderten. Die Waldelbin schloss genießerisch die Augen, als ein Sonnenstrahl ihr Gesicht streife. Das allerletzte Mal in meinem Leben.
39.Kapitel
Pfand
Es wurde immer geschäftiger auf den Straßen, während Naminé sich viel Zeit ließ, um zurück zu Sias und den anderen zurückzukehren. Die Elbin blieb immer wieder an kleinen Ständen stehen und besah sich die Ware oder betrat neugierig ein paar Läden. Obwohl sie wusste, was ihr bevorstand, sobald sie nach Hause kam, war sie glücklich wie nie zur.
Bald bin ich bei Cyon , dachte sie freudig und macht einen kleinen Luftsprung. Die Verkäuferin der Bäckerei sah sie leicht verwundert an, sagte aber darauf nichts. Naminé lächelte sie an, setzte sich dann an einen Tisch und bestellte sich eine Tasse heißen Kaffee – Naminé kannte dieses dunkle Gebräu nur vom Hörensagen – und ein großes Stück dunkle Schokotorte mit Rumkirschen darin.
Genüsslich aß sie das Stück Torte und trank dazu ein paar Schlucke Kaffee. Die Waldelbin fand, dass er ziemlich bitter schmeckte. Die Verkäuferin bemerkte das und brachte ihr ein kleines Schälchen Milch und ein Töpfchen mit Zucker. Naminé nickte ihr dankend zu und gab von beiden Komponenten etwas hinzu.
Nachdem Naminé ihren Kaffee, der endlich so schmeckte, wie sie es sich vorstellte, ausgetrunken hatte und auch die Torte in ihrem Magen einen Platz gefunden hatte, stand sie auf. Sie legte der Frau am Tresen ein paar Silberstücke hin und verließ dann das Geschäft.
In der Zwischenzeit hatte es angefangen zu nieseln. Die Elbin lächelte und streckte die Hand nach dem Regen aus. Bald kann ich den Regen von oben sehen, dachte sie zuversichtlich und setzte ihren Weg Richtung Gasthaus fort.
Dort betrat Naminé fröhlich den Schankraum. »Morgen!«, rief sie lauthals und alle Gäste sahen sie erst verwundert an, bevor sie ihr leise murmelnd oder mit einem Kopfnicken, antworteten. Gerade als sie die Stufen zu den Zimmern hinaufgehen wollte, sagte der Wirt plötzlich: »Deine Freunde, sie warten im Hinterhof auf dich. Du sollst bitte rauskommen.«
Er wirkte nervös und sah immer wieder
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