Narrenturm - Roman
geschickt entfernen kann, dass der Patient nach der Operation nicht nur seinen Schwanz behält, sondern dass der ihm auch noch steht. Wenngleich nicht jeden Tag, so doch immerhin. Und wenn das auch wie eine Schnurre klingt, ich scherze keineswegs. Allgemein heißt es, es sei Thomas zu verdanken, dass es heute noch Piasten in Schlesien gibt. Er half nämlich mit gleicher Geschicklichkeit sowohl Männern als auch Frauen. Und auch Paaren, wenn Ihr versteht, was ich meine.«
»Ich fürchte, nein«, sagte der Bürgermeister.
»Er verstand es, Eheleuten zu helfen, bei denen es im Bett nicht klappte. Versteht Ihr jetzt?«
»Jetzt schon«. Johann Hofrichter nickte. »Das bedeutet, dass er die Breslauer Prinzessin wohl sicher auch nach allen Regelnder medizinischen Kunst behandelt hat. Und natürlich ging daraus ein Kind hervor . . .«
»Natürlich«, bestätigte Pfarrer Jakob. »Die Angelegenheit wurde wie üblich erledigt. Margarethe kam zu den Klarissen ins Kloster, das Kind nach Oels zu Herzog Konrad. Konrad erzog es wie einen eigenen Sohn. Thomas Behem wurde zu einer immer wichtigeren Figur, überall. In Schlesien, in Prag bei Kaiser Karl IV., in Avignon, deshalb war die Karriere des Knaben schon seit der Kindheit gesichert. Seine Karriere als Geistlicher, versteht sich. Abhängig von seinen Geistesgaben. Wäre er einfältig gewesen, hätte er eine ländliche Pfarrei erhalten. Wäre er mittelmäßig begabt gewesen, hätte man ihn zum Zisterzienserabt gemacht. Wäre er klug gewesen, würde eines der Kollegiatkapitel auf ihn gewartet haben.«
»Und als was hat er sich erwiesen?«
»Als klug. Ansehnlich wie der Vater. Und ritterlich. Bevor noch jemand etwas unternehmen konnte, kämpfte der zukünftige Geistliche schon an der Seite des jungen Prinzen, des späteren Konrad des Alten, gegen die Großpolen. Er kämpfte so geschickt, dass es keinen anderen Weg gab, er wurde zum Ritter geschlagen. Und erhielt ein Lehen. Und damit war es aus mit dem Pfarrer Tymo, hoch lebte der Ritter Tymo Behem von Bielau. Ritter Tymo, der sich kurz darauf angemessen vermählte, er heiratete die jüngste Tochter des Heidenreich Nostitz.«
»Nostitz hat seine Tochter dem Bankert eines Pfaffen zur Frau gegeben?«
»Dieser Pfaffe, der Vater des Bankerts, war inzwischen zum Weihbischof von Breslau und Bischof von Sarepta aufgestiegen, er kannte den Heiligen Vater, beriet König Wenzel IV. und war mit allen Fürsten Schlesiens auf Du und Du. Der alte Heidenreich hat ihm sicher selbst und gern die Tochter zugeführt.«
»Das ist wohl möglich.«
»Aus der Ehe der Nostitz-Tochter mit Tymo von Bielau gingen Heinrich und Thomas hervor. Bei Heinrich regte sichanscheinend das Blut des Großvaters, denn er wurde Kleriker, studierte in Prag, und bis zu seinem Tode, vor kurzem erst, war er Scholasticus am Heiligen Kreuz in Breslau. Thomas hingegen heiratete Boguśka, die Tochter des Miksza von Parchwitz und hatte mit ihr zwei Kinder. Peter, genannt Peterlin, und Reinmar, genannt Reynevan. Peterlin, also Petersilie, und Reynevan, also Rainfarn, solche vegetativen Beinamen, ich habe keine Ahnung, ob sie selbst sich die ausgedacht haben, oder ob sie der Phantasie des Vaters entsprungen sind. Dieser, wo wir schon dabei sind, fiel bei Tannenberg.«
»Auf wessen Seite?«
»Auf der unsrigen, der christlichen.«
Johann Hofrichter nickte und nahm einen Schluck aus dem Humpen.
»Aber jener Reinmar-Reynevan, der sich an Frauen anderer heranmacht . . . Was ist er bei den Augustinern? Laienbruder? Konversus? Novize?«
»Reinmar Bielau«, Pfarrer Jakob lächelte, »ist ein Medicus, ausgebildet in Prag an der Karls-Universität. Vor seinem Studium hat er die Domschule zu Breslau besucht, dann hat er die Geheimnisse der Kräuterkunde bei einem Apotheker in Schweidnitz und bei den frommen Brüdern vom Hospital in Brieg studiert. Jene frommen Brüder und sein Oheim Heinrich haben ihn bei unseren Augustinern untergebracht, die sich auf Kräuterheilkunde spezialisieren. Der Junge hat ehrlich und mit ganzem Herzen, wie es seine Berufung war, für das Spital und die Leprakranken gearbeitet. Dann, wie gesagt, hat er in Prag Medizin studiert, ebenfalls dank der Protektion seines Oheims und auf dessen Kosten, von den Einkünften, die der Oheim aus seiner Würde als Kanonikus bezog. Bei den Studien hat er sich, scheint’s, befleißigt, denn schon nach zwei Jahren war er
artium baccalaureus.
Prag hat er gleich nach . . . hmmm . . .«
»Gleich nach dem Fenstersturz
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