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Narrenturm - Roman

Narrenturm - Roman

Titel: Narrenturm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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welcher in einer schmalen, aber tiefen Schlucht, von dichten Erlen verborgen, ein Bächlein mit lautem Rauschen über die Steine dahineilte. Die Amseln sangen, ein Specht hämmerte emsig auf einen Stamm ein.
    »Ich fasse es nicht«, seufzte Reynevan, der sich hinter Wacholderbüschen verborgen hatte. »Ich fasse es einfach nicht. Ich bin ein Räuber geworden. Ich liege in einem Hinterhalt . . .«
    »Sei still«, warnte ihn Scharley. »Sie kommen.«
    Buko von Krossig spuckte in die Hand, ergriff die Streitaxt und klappte sein Visier herunter.
    »Achtung«, brummte er wie aus einem tiefen Kessel. »Hubertl? Bist du bereit?«
    »Bereit, Herr.«
    »Wissen alle, was sie zu tun haben? Hagenau?«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    Zwischen den hellen Birken hinter den Wacholderbüschen leuchteten auf der anderen Seite der Schlucht Farben auf, Waffenglänzten. Ein Lied klang herüber. »Sie singen
Dum iuventus floruit
«
,
erkannte Reynevan. »Ein Lied zu Versen von Pierre de Blois. Das haben wir in Prag auch immer gesungen . . .«
    »Die sind recht fröhlich, diese Hundsbrüder«, knurrte Tassilo de Tresckow.
    »Ich bin auch fröhlich, wenn ich jemanden ausraube«, knurrte Buko zurück. »Hubertl! Pass auf! Armbrust ausrichten!«
    Der Gesang verstummte, brach plötzlich ab. An der kleinen Brücke tauchte ein Knecht mit Kapuze auf, den Spieß quer vor sich über den Sattel gelegt. Ihm folgten drei andere, Kettenpanzer und eiserne Platten tragend, auf den Köpfen flache Helme, auf dem Rücken Armbrüste. Alle ritten frohgemut auf die Brücke. Hinter ihnen erschienen zwei Ritter,
de pied en cap
gepanzert, die Lanzen in den Halterungen am Steigbügel. Einer von ihnen trug auf seinem Schild eine rote Stufe auf silbernem Feld.
    »Kauffung«, brummte Tassilo wieder. »Aber wer zum Teufel ist das?«
    Die Pferde polterten über die Brücke, weitere drei Ritter kamen heran. Hinter ihnen, gezogen von Arbeitspferden, der mit bordeauxfarbenem Tuch bedeckte Wagen. Der Geldtransport, bewacht von Bogenschützen mit flachen Helmen.
    »Warten«, brummte Buko. »Immer noch . . . Bis der Wagen von der Brücke herunter ist . . . Immer noch . . . Jetzt!«
    Die Bogensehne schwirrte, der Bolzen zischte. Das Pferd des einen Lanzenreiters stieg, wieherte wild, stürzte und riss dabei einen der Schützen mit sich.
    »Jetzt!«, schrie Buko und trieb sein Pferd an. »Auf sie! Schlagt zu!«
    Reynevan drückte seinem Pferd die Fersen in die Flanken und kam hinter den Wacholderbüschen hervor. Scharley folgte ihm.
    An der Brücke herrschte Getümmel, der Kampf hatte begonnen. Rymbaba und Wittram hatten von der rechten, Weyrach und Woldan von Nossen von der linken Seite aus dieNachhut angegriffen. Durch den Wald hallte Geschrei, das Wiehern der Pferde, Geklirr und Gepolter, Eisen donnerte gegen Eisen.
    Buko von Krossig erschlug mit seiner Streitaxt den Lanzenreiter und sein Pferd, mit einem weiteren Hieb spaltete er dem Bogenschützen, der seine Armbrust zu spannen versuchte, den Schädel. Blut und Hirnmasse bespritzten den vorüberreitenden Reynevan. Buko drehte sich im Sattel um, stellte sich in die Steigbügel, holte gewaltig aus, die Streitaxt traf das Achselstück der Rüstung und hätte dem Ritter mit dem Wappen der Kauffung auf dem Schilde fast die Schulter abgetrennt. Tassilo de Tresckow preschte neben ihm im gestreckten Galopp heran und fegte mit einem Schwertstreich den Knappen in der Brigantine vom Pferd. Ein Panzerreiter in einem weißblauen Lendner versperrte ihm den Weg, sie kämpften miteinander, dass der Stahl sang.
    Reynevan hatte den Wagen erreicht. Der Kutscher blickte ungläubig auf den Bolzen, der ihm bis zur Fiederung in die Leiste gedrungen war. Scharley sprang von der anderen Seite herzu und holte ihn mit einem kräftigen Stoß vom Wagen herunter.
    »Spring auf!«, rief er. »Und treib die Pferde an!«
    »Pass auf!«
    Scharley warf sich unter den Hals des Pferdes, nur eine Sekunde später hätte ihn die Lanze durchbohrt, die ein Ritter in voller Rüstung mit einem schwarz-goldenen Schachbrettmuster auf dem Schild nach ihm geworfen hatte. Der Ritter drängte auf Scharleys Pferd ein, warf seine Lanze weg, griff nach seinem Streitkolben, der in einer Schlinge am Sattel hing, es gelang ihm aber nicht mehr, ihn Scharley über den Kopf zu ziehen. Notker Weyrach kam in vollem Galopp herangeritten und schlug mit dem Morgenstern auf die Rüstung ein, dass es nur so krachte. Der Ritter schwankte im Sattel. Weyrach wandte sich um und schlug ein

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