Narrenturm - Roman
Hand in die Hüfte. »Nun beenden wir den Tag doch noch auf besondere Art. Und machen unsere Verluste wett. Hubertl, binde sie. Und setz sie vor dich aufs Pferd.«
»Ich hab’ es euch doch vorhergesagt«, Huon von Sagar breitete die Arme aus, »der Tag hat euch eine weitere Gelegenheit gegeben, aus euch Dummköpfe zu machen. Wahrhaftig, ich denke nicht zum ersten Mal darüber nach, Buko, ob das bei dir angeboren oder anerzogen ist.«
»Du«, Buko überging das, was der Magier gesagt hatte und stellte sich vor die Jüngere, die sich duckte und wieder zu schluchzen begann, »du, putz dir die Nase und hör aufmerksam zu. Du bleibst hier sitzen und wartest auf unsere Verfolger. Deinetwegen werden sie vielleicht keine losschicken, aber wegen der Biberstein bestimmt. Dem Herrn auf Stolz sagst du, dass das Lösegeld für seine Tochter . . . fünfhundert Gulden beträgt. Das heißt genau fünfhundert Schock Prager Groschen, für die Bibersteins ist das eine Kleinigkeit. Herr Johann wird von der Art der Bezahlung benachrichtigt. Hast du verstanden? Sieh mich an, wenn ich mit dir spreche! Hast du das verstanden?«
Das Mädchen duckte sich noch mehr, aber es blickte aus seinen blauen Augen zu Buko empor. Und nickte.
»Glaubst du wirklich«, fragte Tassilo de Tresckow ernst, »dass das eine gute Idee ist?«
»Wirklich. Genug davon. Lasst uns weiterreiten.«
Er wandte sich zu Scharley, Reynevan und Samson um.
»Ihr hingegen . . .«
»Wir«, unterbrach ihn Reynevan, »wir möchten mit Euch reiten, Herr Buko.«
»Wozu?«
»Wir möchten Euch Gesellschaft leisten.« Reynevan, der nur Augen für Nicoletta hatte, achtete weder auf das Zischen Scharleys noch auf die Miene, die Samson machte. »Zur Sicherheit. Wenn Ihr nichts dagegen habt . . .«
»Wer hat denn gesagt«, fragte Buko, »dass ich nichts dagegen habe?«
»Warum solltest du?«, stellte Notker Weyrach fest. »Warum solltest du etwas dagegen haben? Ist es unter den gegebenenUmständen nicht besser, sie bleiben bei uns? Und nicht hinter uns, hinter unserem Rücken? Sie wollten, wie ich weiß, nach Ungarn, mit uns zusammen bleiben sie auf dem Weg . . .«
»Gut.« Buko nickte. »Reitet mit uns. Auf die Pferde,
comitiva.
Hubertl, pass auf das Mädchen auf . . . Und Ihr, Herr Huon, warum blickt ihr so finster drein?«
»Denk nach, Buko. Denk nach.«
Vierundzwanzigstes Kapitel
in dem Reynevan statt nach Ungarn nach Schloss Bodak im Reichensteiner Gebirge reitet. Er weiß es nicht, aber er wird von dort nicht anders hinausgelangen, als in omnem ventum.
S ie ritten den Weg nach Wartha entlang, anfangs schnell, wobei sie sich ständig umblickten, bald aber verlangsamten sie das Tempo. Die Pferde waren müde, und die Kondition der Reiter weit davon entfernt, gut zu sein, wie sich immer mehr zeigte. Im Sattel krümmte sich nicht nur Woldan von Nossen, im Gesicht durch den verbeulten Helm schlimm verletzt. Die Verletzungen der anderen waren zwar nicht so spektakulär, machten ihnen aber arg zu schaffen. Notker Weyrach stöhnte, Tassilo de Tresckow presste seinen Ellenbogen gegen den Bauch und suchte eine bequemere Position im Sattel einzunehmen. Kuno Wittram rief mit halblauter Stimme die Heiligen an, zusammengekrümmt, als hätte er Essig getrunken. Paszko Rymbaba hielt sich die Seite, fluchte, spie in die Hand und betrachtete seinen Speichel.
Von allen Raubrittern war es einzig und allein von Krossig, dem nichts anzumerken war, entweder hatte er nicht so viel einstecken müssen wie die anderen, oder er konnte Schmerzen besser ertragen. Als Buko erkannte, dass er andauernd anhalten musste, um auf seine hinter ihm zurückbleibenden Kameraden zu warten, entschied er sich dafür, den Weg zu verlassen und durch den Wald zu reiten. In dessen Schutz konnten sie langsam reiten – und ohne Gefahr, von den Verfolgern eingeholt zu werden.
Nicoletta – Katharina von Biberstein – gab während desRittes nicht den leisesten Laut von sich. Obwohl ihre Hände gebunden waren und Hubertls Sattelknopf sie drücken und peinigen musste, stöhnte sie nicht und beklagte sich auch nicht. Sie starrte teilnahmslos vor sich hin, man konnte ihr ansehen, dass sie sehr niedergeschlagen war. Reynevan versuchte ein paar Mal, heimlich mit ihr Kontakt aufzunehmen, aber ohne jeden sichtbaren Erfolg – sie mied seinen Blick, wandte die Augen ab, reagierte nicht auf Gesten, nahm sie nicht einmal wahr – oder tat, als nähme sie sie nicht wahr. Das ging so, bis sie den Fluss
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