Narziss Und Goldmund
wohl eine halbe Stunde, roch an den duftenden Kleidern, fuhr mit der Hand über die Pelze und lä-
chelte neugierig über all das hübsche Zeug , das da herum-hing.
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Endlich ging die innere Tür, und es kam nicht die Zofe, es kam Agnes selbst, in einem hellblauen Kleid, einen wei-
ßen Pelzbesatz am Halse. Langsam kam sie auf den War-tenden zugegangen, Schritt für Schritt, ernst blickten ihm die kühlblauen Augen entgegen.
»Du hast warten müssen«, sagte sie leise »Ich glaube, wir sind jetzt sicher. Es ist eine Abordnung von Geistlichen beim Grafen, er speist mit ihnen und wird wohl noch lange Verhandlungen mit ihnen haben, die Sitzungen mit den Priestern dauern immer lange. Die Stunde gehört dir und mir. Sei willkommen, Goldmund.«
Sie neigte sich ihm entgegen, ihre verlangenden Lippen näherten sich den seinen, schweigend begrüßten sie einander im ersten Kuß. Langsam schloß er seine Hand um ihren Nacken. Sie führte ihn durch die Tür, in ihr Schlafgemach, das war hoch und hell von Kerzen erleuch-tet. Auf einem Tische stand eine Mahlzeit gerüstet, sie setzten sich, sorglich legte sie ihm Brot und Butter vor und etwas Fleisch und schenkte ihm weißen Wein in ein schö-
nes bläuliches Glas. Sie aßen, sie tranken beide aus demselben bläulichen Kelch, ihre Hände spielten probend miteinander.
»Wo kommst du denn hergeflogen«, fragte sie ihn,
»mein schöner Vogel? Bist du ein Krieger, oder ein Spielmann, oder bist du bloß ein armer Landfahrer?«
»Ich bin alles, was du willst«, lachte er leise, »ich bin ganz der Deine. Ich bin ein Spielmann, wenn du willst, und du bist meine süße Laute, und wenn ich die Finger um deinen Hals lege und auf dir spiele, hören wir die Engel singen. Komm, Herz, ich bin nicht gekommen, um deine guten Kuchen zu essen und deinen weißen Wein zu trinken, ich bin nur deinetwegen gekommen.«
Leise zog er ihr den weißen Pelz vom Halse und
schmeichelte ihr die Kleider vom Leibe. Mochten draußen 256
die Höflinge und Pfaffen ihre Beratungen abhalten, mochten die Diener schleichen und der dünne Sichelmond vollends hinter die Bäume hinabschwimmen, die Liebenden wußten nichts davon. Ihnen blühte das Paradies, zueinander gezogen und meinander verschlungen verloren sie sich in seine duftende Nacht, sahen seine weißen Blumengeheimnisse dämmern, pflückten mit zärtlichen und dankbaren Händen seine ersehnten Früchte. Noch nie hatte der Spielmann auf einer solchen Laute gespielt, noch nie hatte die Laute unter so starken und kundigen Fingern geklungen.
»Goldmund«, flüsterte sie ihm glühend ins Ohr, »oh, was bist du für ein Zauberer! Von dir, du süßer Goldfisch, möchte ich ein Kind haben. Und noch lieber möchte ich an dir sterben. Trink mich aus, Geliebter, schmilz mich, töte mich!«
Tief in seiner Kehle summte ein Ton des Glückes, als er die Härte in ihren kühlen Augen hinschmelzen und
schwach werden sah. Wie ein zärtliches Zittern und Sterben flog der Schauer in der Tiefe ihrer Augen vorüber, er-löschend wie der Silberschauder auf der Haut eines sterbenden Fisches, mattgolden wie das Aufblinken jener Zauberschimmer tief im Flusse. Alles nur irgend dem Menschen erlebbare Gluck schien ihm in diesen Augenblick zusammengeronnen.
Gleich darauf, während sie mit geschlossenen Augen bebend lag, erhob er sich leise und schlüpfte in seine Kleider. Mit einem Seufzer sagte er ihr ins Ohr »Mein schöner Schatz, ich verlasse dich Ich mag nicht sterben, ich mag nicht von diesem Grafen totgeschlagen werden. Erst will ich noch einmal dich und mich so selig machen, wie wir es heut gewesen sind. Noch einmal, noch viele Male!«
Schweigend blieb sie liegen, bis er angekleidet war. Nun schlug er sachte die Decke über sie und küßte ihre Augen.
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»Goldmund«, sagte sie, »oh, daß du fortgehen mußt!
Komm morgen wieder! Wenn Gefahr ist, dann lasse ich dich warnen. Komm wieder, komm morgen wieder!«
Sie zog an einem Glockenstrang. In der Tür zur Kleiderkammer empfing ihn die Zofe und brachte ihn aus dem Schloß. Gern hätte er ihr ein Goldstuck gegeben, er schäm-te sich einen Augenblick seiner Armut.
Gegen Mitternacht stand er auf dem Fischmarkt und sah am Hause empor. Es war spät, niemand mehr würde wach sein, wahrscheinlich wurde er die Nacht draußen bleiben müssen. Zu seinem Erstaunen fand er die Haustür offen. Leise schlich er hinein und schloß hinter sich das Tor. Der Weg zu seiner Kammer führte durch die Küche.
Dort war Licht. Bei
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