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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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freien Minute.
    »Oh, du kennst meine Mutter nicht«, widerspricht Daniel. »Sie kann gleichzeitig glücklich und böse sein. Als es Sarah so schlecht ging und wir nicht wussten, was mit ihr wird, da hätte sie kein lautes Wort gesagt. Aber jetzt geht das Leben weiter, und da ist ein nasser Teppich eine ganz normale Katastrophe.«
    Wir sind, falls ich das noch nicht erwähnt habe, allein zu Hause. Ganz allein. In seinem Zimmer.
    Vielleicht beschäftigt er sich jetzt deswegen so ausgiebig damit, die Schneespuren von seinen Sachen zu wischen, um sich nicht mit mir zu befassen.
    »Du meinst das ernst, mit den sieben Wochen«, sage ich missmutig.
    Ich betrachte sein Gesicht und seine Lippen kommen mir sehr verlockend vor. Weich und warm.
    Noch nie habe ich mich so auf Ostern gefreut. Komisch, aber dieser Trick mit dem Verzichten funktioniert auf eine Weise, die ich nicht erwartet habe. Es macht alles viel bedeutsamer, viel intensiver. Ich lege meine Hand auf seine und in meinem Körper kribbelt es. Das reicht schon aus. Erstaunlich, oder? Als wäre ich verliebt, in jemanden, der völlig unerreichbar ist. Auch wenn er direkt vor mir kniet und seine Turnschuhe abtrocknet.
    Vielleicht war seine Idee doch gar nicht so schlecht.
    »Spiel mir was vor«, bettele ich. »Auf der Gitarre. Irgendwas, was du für mich geschrieben hast.«
    »Hey, ich hab auch kein Liebesgedicht bekommen«, protestiert er. Aber ich sehe in seinen Augen, dass er spielen will. Daniel und seine Gitarre. Wenigstens eine Freundin, die er anfassen kann, so oft er will.
    »Wie läuft’s mit deiner Theatergruppe?«, erkundigt er sich, während er die Saiten stimmt.
    »Ach, alles bestens«, behaupte ich, obwohl mir mein Ärger über Finn sofort auf den Magen schlägt. »Finn und Sonja gehen das Stück gemeinsam durch, damit es auf jeden Fall was taugt. Als ob Sonja das nötig hätte!«
    Er zieht auf unnachahmliche Weise die linke Augenbraue hoch.
    »Ich will Basti zurück«, sage ich. »Mit Finn liege ich nicht gerade auf einer Wellenlänge.«
    »Ich hab neulich erst mit ihm gesprochen«, erzählt Daniel. »Mit Bastian, meine ich. Keine Ahnung, ob er überhaupt wiederkommt. Oh Mann, dabei war er auf dem richtigen Weg!«
    Die Gitarre erzeugt einen Ton, der an den Nerven zerrt. Genau das, was ich auch fühle.
    »Finn wird jetzt behaupten, dass Bastian es sowieso nie ernst gemeint hat.« Ich mache eine Pause, während ich versuche, etwas auf die Reihe zu bekommen, was nebulös durch mein Hirn wabert. Es ist noch kein Gedanke, eher noch ein Gefühl. Ein ziemlich ungutes Gefühl, das ich nicht erklären kann, aber ich tue mein Bestes. Ich erzähle Daniel, was Finn über mich gesagt hat. Es klingt wie ein schlechter Scherz, aber es tut immer noch weh. Mehr, als ich erwartet hätte. Es ist wie Gift, das sich durch meine Haut frisst.
    »Finn ist nicht ganz dicht«, sage ich. »Können wir ihn nicht irgendwie aus der Jugendgruppe schmeißen? Dann würde vielleicht auch Basti wiederkommen.«
    »Wir können doch niemand rausschmeißen«, widerspricht Daniel. »Eine Kirche ist für alle da, auch für die, die wir nicht mögen. Ich kann Finn durchaus verstehen. Besonders, wenn er in Tine verliebt ist, hat er Angst um sie. Jetzt begreife ich endlich, warum er sich so aufgeregt hat, bei diesem Schlittenunfall. Tine war mittendrin, sie hätte sich sonst was brechen können.«
    »Bastian hat sich aber geändert. Sieht er das denn nicht?«
    »Er hat immer noch Kontakt zu einer Szene, die alles andere als harmlos ist. Wenn Finn nicht möchte, dass Tine da mit reingezogen wird, ist das nicht verständlich? An unserem Raclette-Abend hat Alf auf dem Klo gekifft. Philipp ist vorbestraft, er hat ständig Ärger. Wenn sie zu uns kommen wollen, müssen sie sich an Regeln halten, sonst wird das nichts.«
    Das habe ich nicht gewusst. Einerseits will ich auch nichts mit Messern, Prügeleien und Drogen zu tun haben. Andererseits ... »Aber wenn Finn so weitermacht, ist vom
Life and Hope
bald weder Life noch Hope übrig.«
    Daniel seufzt. »Vergessen wir Finn, ja? Ich will mich jetzt nicht streiten.«
    Von unten hören wir Türenschlagen. Seine Eltern sind wieder da. Es ist zu spät, um einen Plan zu fassen, wie man Finn aus meiner Gruppe entfernen kann, ohne alle unsere Prinzipien zu verletzen. Abgesehen davon, dass Daniel nicht gerade wild darauf ist, mit mir zusammen das Team der Finn-Hasser zu bilden.
    »Ich frag mal, wie es war.« Er springt die Treppe hinunter. »Vorsicht,

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