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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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weißt genau, was ich suche.«
    Manchmal beneide ich sie um ihr Pokerface. Trotzdem macht sie mir nichts vor.
    »Du warst dabei, als Daniel es versteckt hat, stimmt’s? Schließlich musste er sichergehen, dass ihr nicht genau an der Stelle nach euren Ostereiern sucht.«
    Tabita sagt nichts und grinst nicht einmal. »Wer weiß?«, sagt sie bloß.
    Ich tue, als ob ich weitersuche, und beobachte sie dabei verstohlen. Sie hat nicht nur mich, sondern auch Silas genau im Auge. Natürlich, mein kleiner Bruder ahnt nichts, denn er würde niemals dichthalten. Aber sie macht sich Sorgen, dass er es findet.
    Ich hebe ein blaugefärbtes Ei aus einem Grasbüschel und ertappe Tabita dabei, wie sie in Richtung unserer Eibe schaut. Sofort bin ich dort und untersuche den grünen Busch.
    Und siehe da, ich werde fündig! Es ist ein Päckchen, größer als erwartet. Eine kleine Schachtel, in Folie eingeschlagen, damit sie nicht nass wird, was dafür spricht, dass Daniel die Überraschung schon gestern vorbereitet hat.
    »Mach auf«, drängt Tabita.
    Auch Silas steht jetzt neben mir und ist neugierig. »Was ist da drin?«
    Das hätten die zwei wohl gerne, dass ich das jetzt hier aufmache. Ich lasse sie mit ihren Schoko-Osterhasen allein und ziehe mich in mein Zimmer zurück.
    Reiße die Folie runter, öffne die Schachtel. Es sind Pralinen, alle einzeln in Klarsichtfolie gewickelt, mit kleinen Bändern und Schleifchen versehen. Die hat er doch nicht etwa selbstgemacht? Daniel ist alles zuzutrauen.
    Ich hebe eine heraus, um sie an Ort und Stelle zu verspeisen, und sehe es in der Lücke silbern schimmern. Unter den Pralinen liegt eine CD. Auch die ist selbstgebrannt, wie ich sehe. Betitelt ist sie bloß mit »Für dich«.
    Ich schiebe die Silberscheibe in meinen Player.
    »Alles darf die Mutter wissen.« Das ist ja Daniels Stimme? Es ist nicht einfach eine Zusammenstellung meiner Lieblingssongs, wie ich im ersten Moment erwartet habe. Aber was redet er da?
    »Rosen, Tulpen und Narzissen. Nur das eine nicht: wenn dich ein Junge küsst.«
    Das kenne ich. Den Spruch hab ich schon irgendwo mal gehört. Ich zucke zusammen, als die Musik einsetzt. Das ist lauter als erwartet. Und es klingt wie eine ganze Band. Ich dachte, Daniel hat bloß eine Gitarre? Er singt auch, auf Englisch, und gebannt höre ich zu.
    Es ist ein Lied übers Küssen.
    Mir wird ganz anders, während ich einem Gefühlsausbruch lausche, der gar nicht zu dem ruhigen Daniel zu passen scheint. Warum gibt er mir das ausgerechnet jetzt, wo unsere Fastenzeit zu Ende ist? Um mich um Verzeihung zu bitten? Oder um mich zu warnen? Denn der Sänger, dessen Stimme irgendwie fremd klingt, wie sie so aus dem CD-Player schallt, ist ganz schön scharf auf das Mädchen, über das er singt.
    Vielleicht sollte ich ihm verzeihen. Ist es möglich, dass er mich so schrecklich liebt wie diese Stimme im Lied? Oder übertreibt er da? Es kommt mir beängstigend vor, so geliebt zu werden. Mir wird klar, dass wir zwar sieben Wochen hinter uns gebracht haben, mit einem schmerzhaften Abstand zwischen uns, dass ich aber keine Ahnung habe, wie es weitergeht, wenn wir diese Grenze wieder aufheben. Wie lange wird unsere Freundschaft halten, wenn er so viel fühlt? Was, wenn er mich viel mehr liebt als ich ihn? Wenn ich ihm das Herz breche oder wir einander?
    Das nächste Lied verschafft meinen aufgewühlten Gefühlen eine kleine Atempause. Daniel hat doch tatsächlich ein Lied über Bibelroulette geschrieben! Witzige Strophen, die nächste nennt er Bibeldart, dann hat er meine Schneeflocken verarbeitet. Das Ganze mit einem Augenzwinkern. Das würde sogar meinem Vater gefallen.
    Das dritte Lied ist wieder ganz anders. Ruhiger, dunkler, intensiver. Poetisch. Ein Lied über die Nacht, über die Angst vor dem Tod.
    »Wohin bring ich meine Dunkelheit,
    wenn nicht vor dein Angesicht ...«
    Drei Lieder.
    Ich bin so fertig, dass ich mich lang auf meinem Bett ausstrecke und mit den Tränen kämpfe.
    Gott, ist dieser Junge begabt. Aber nicht einmal gestern hat er auch nur annähernd gezeigt, was er kann. Daniel ist niemand, der gerne im Rampenlicht steht. Vermutlich wird er irgendeinen langweiligen Bürojob machen und die Musik nur als Hobby betreiben. Während ich mir sonst was auf mein bisschen Theatergehampel eingebildet hab, nur weil ich ganz gut Leute imitieren kann.
    Daniel braucht niemand zu imitieren. Er ist einfach ... er.
    Plötzlich fühle ich mich so klein und minderwertig, dass ich am liebsten den Kopf

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