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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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gerade ein Mädchen gegen einen Grabbeltisch mit Sonderangeboten. »Wo du hingehörst, du billiges Miststück!« Kim konnte schon immer kreativ schimpfen. Sie grinst mich an. Ich grinse zurück, genieße das unverhoffte Wir-Gefühl, bis mir das Grinsen vergeht, weil irgendjemandes Schuhsohle auf meine Wade trifft.
    Aus dem Geschäft kommt eine aufgeregte Verkäuferin und versucht uns zu verjagen, doch wie soll sie neun kreischende, sich prügelnde Mädchen bändigen?
    »Ich hab die Polizei gerufen!«, droht sie, doch ihre Stimme geht im Lärm unter. »Passt doch auf, die Glasscheibe!«
    Ich würde den Disput gerne beenden, aber das ist leicht gesagt, denn ich stecke im Klammergriff einer tobenden Furie. Die schöne Leonie steht etwas schüchtern dabei und sieht aus wie ein Engel, bis ein Kleiderbügel sie auf den Kopf trifft und ihre Frisur ruiniert. Mann, haben die eine Stinkwut auf uns! Manche Leute verstehen einfach keinen Spaß.
    Dann ist die Polizei plötzlich da.
    »Kommt!«, schreit Mandy.
    Wir befreien uns von unseren Feindinnen und ergreifen die Flucht. Ich fühle mich seltsam schwerelos, während ich renne. Ein rascher Schulterblick zeigt mir, dass wir nicht verfolgt werden. Die Männer sind dabei, den lädierten Mädchenhaufen aufzulesen, den wir hinterlassen haben.
    Wir laufen weiter, um ein paar Ecken, und bleiben schließlich in einer ruhigen Seitenstraße keuchend stehen. Kim hält sich die Seite vor Lachen. »Oh Gott«, japst sie.
    Mandy glättet ihre Haare und betrachtet sich in einer blinden Fensterscheibe. »Wir sollten schleunigst verschwinden und uns wieder anständig herrichten.« Sie zieht das Top aus ihrer Tasche. »Aber wenigstens hat es sich gelohnt.«
    »Du hast das Top geklaut?« Ich bin fassungslos.
    »Es war sowieso schon dreckig. Das hätten sie niemals zum regulären Preis verkaufen können.«
    Für den Kampf kann ich nichts. Wir haben ja nicht angefangen. Aber an einem Diebstahl will ich nicht beteiligt sein.
    »Das finde ich nicht gut«, beginne ich, aber Mandy will nichts davon hören.
    »Was geht dich das denn an?«, keift sie. »Ist das deine Sache, oder was? Komm, Kim, lass uns nach Hause fahren.«
    Das tue ich denn auch. Was bleibt mir anderes übrig. Mist. Und dabei habe ich mir nicht mal was gekauft. Und das tolle Wir-Gefühl hat sich auch verflüchtigt. Während ich hinter den beiden herhumpele, merke ich erst einmal, was mir alles wehtut. Zum Glück hab ich kein blaues Auge gekriegt, aber irgendeine dieser Zicken hat mich gehörig gekratzt. Das fehlte noch, dass ich davon eine Blutvergiftung oder Tollwut kriege.
    Als ich zu Hause anlange, ist die Polizei schon da. Wie erstarrt bleibe ich stehen, als ich das Auto der Gesetzeshüter vor unserem Haus sehe.
    Das kann doch wohl nicht wahr sein! Wie haben die so schnell herausgefunden, wer an der Prügelei beteiligt war? Können die zaubern? Werde ich vom Geheimdienst beschattet oder was?
    Am liebsten wäre ich sofort wieder umgedreht, aber wohin soll ich denn? Wo könnte ich mich verstecken?
    »Es war nicht meine Schuld«, murmele ich vor mich hin. »Die anderen haben damit angefangen, und Kim wollte Mandy verteidigen.« Ist das wohl gut genug formuliert? Ich habe keine Ahnung. Ich weiß bloß, dass ich in fürchterlichen Schwierigkeiten stecke.
    Die Haustür ist nur angelehnt. Ich schiebe sie vorsichtig auf. Aus dem Wohnzimmer kommen Stimmen. Meine Eltern sitzen auf dem Sofa, sie sind blass. Die Beamten, ein Mann und eine Frau, rutschen unbehaglich auf den Esszimmerstühlen hin und her und machen ernste Gesichter.
    Mein Vater bemerkt mich als Erstes. »Da ist sie«, sagt er.
    »Es war nicht meine Schuld«, will ich anfangen, doch die Polizistin unterbricht mich.
    »Hast du eine Ahnung, wo Tine steckt?«, fragt sie mich.
    Tine? Wie kommt sie jetzt auf Tine?
    »Äh, nein«, antworte ich und verstehe nur Bahnhof.
    Papa hebt den Kopf. »Tine ist seit Samstagabend verschwunden«, sagt er. »Du musst uns alles sagen, was irgendwie weiterhelfen könnte.«
    Heute muss man mir alles mehrfach erklären, denn irgendwie kapiere ich es nicht. Warum ist Tine weg? Und was hat das mit mir zu tun? Die Polizisten wollen alles über unseren Streit wissen. Dafür gibt es genügend Zeugen, also ist Leugnen zwecklos. Sie wollen wissen, wie wir uns verstanden haben, ob wir Freundinnen sind, was ich über sie weiß, über ihre anderen Freunde, ihre Bekanntschaften. Alles eben.
    Und das Dumme ist, gleichzeitig wissen sie auch alles über mich, denn ich

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