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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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und ganz auf Daniel konzentrieren, der seine Aufmerksamkeit einigermaßen gerecht zwischen mir und seiner Schwester aufteilt. Jetzt wird alles wieder gut, denke ich, während der Gesang um mich her zur Kirchendecke hochsteigt.
    Die Gebete haben geholfen. Gott besiegt den Tod.
    Da denke ich an Tom, der um seinen Vater trauert, und ein leiser Zweifel schleicht sich ein. Ich sehe Tom vor mir, so blass, so traurig ...
    Daniel drückt meine Hand. Besser, ich höre auf zu träumen. Ich lasse die Gedanken an Tom hinter mir und feiere Ostern.
    Den Nachmittag wird Daniel bei seiner Familie verbringen und ich bei meiner. Die Hartmanns wollen die Zeit mit Sarah genießen und erwarten jede Menge anderer Verwandter, die alle vorbeischauen wollen. Dafür treffen wir uns aber abends mit den anderen Hopis zum Osterfeuer. Darauf freue ich mich schon.
    Sarah stützt sich schwer auf ihre Krücke, als wir uns verabschieden. »Aber morgen kommst du zu uns, oder?«, fragt sie. Ich schätze, wenn ich ein Junge wäre, würde ich mich in Sarah verlieben, sie hat einfach ein traumhaft schönes Lächeln. Aber ich bin ja auch nicht ganz unvoreingenommen. »Ich muss doch überprüfen, wen Daniel sich da ausgesucht hat.« Sie grinst, und ich grinse zurück.
    »Seit wann brauche ich deine Erlaubnis, Schwesterchen?«, fragt er und legt den Arm um meine Schultern.
    »Das wird wohl kein großes Problem«, meint sie und zwinkert mir zu. »Sieht nett aus, deine Miriam.«
    »Nimm dich in acht, was du sagst«, sagt er. »Sie kann ganz schön gefährlich sein.«
    Sarah lacht, und ein paar Jugendliche blicken zu uns herüber. Sarah steht heute sowieso schon im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, alle wollen sie sehen und ihr die Hand schütteln. Da sind bestimmt ein paar Jungs dabei, die ihre Hand am liebsten festhalten würden und ihr die Stufen hinunterhelfen möchten. Finn hat so einen sehnsüchtigen Ausdruck; ein Glück, dass Tine nicht hier ist, die würde ihm vermutlich die Augen auskratzen.
    »So, wir müssen los«, sagt Daniels Mutter. »Kannst du noch stehen?«
    Sarah nickt, aber ihre Arme zittern vor Anstrengung, und sofort springen ein paar eifrige Helfer hinzu, um sie zum Auto zu begleiten. Daniel bleibt bei mir stehen. Er weiß, dass ich es mir anders gewünscht habe. Dass wir den Tag zusammen verbringen, einen Ausflug machen oder so.
    »Nicht traurig sein«, flüstert er. Wie immer sieht man mir meine Gefühle ganz genau an. Und ich glaube, ich kann schauspielern? Alles ist in mein Gesicht geschrieben, leider. Ich bin das Gegenteil von »geheimnisvoll«.
    »Komm mit.« Daniel zieht mich hinters Haus.
    Wir haben nicht viel Zeit, weil sie gleich abfahren, aber ein paar Sekunden genügen. Endlich küsst er mich wieder richtig, ohne dass ich Angst haben muss, dass er es gleich bereut, weil es gegen seine Zielsetzung verstößt. Er küsst mich genauso, wie ich geküsst werden möchte. Sanft. Und zugleich hungrig. Ja, er ist genauso hungrig wie ich, und das gefällt mir. Ich ertrinke in diesem Kuss, in diesem Gefühl, das wie eine Woge über mir zusammenschlägt.
    Wir ringen nach Luft, als wir uns voneinander lösen.
    »Ich muss los«, flüstert er.
    »Schade«, murmele ich. Selbst eine Trennung für ein paar Stunden scheint mir zu lang.
    »Ich hab allerdings noch was für dich«, verrät er mir, während etwas in seinen Augen funkelt. »Ein kleines Geschenk.«
    Er muss sich aus meiner Umschlingung herauswinden, aber ich bekomme noch einen Kuss, diesmal etwas kürzer, aber nicht weniger intensiv.
    »Es ist bei euch im Garten versteckt. Viel Spaß beim Suchen!«
    Er winkt und ist fort.
    Plötzlich habe ich es eilig. Nicht, dass meine Geschwister, die unseren Garten durchkämmen, es vor mir finden, was immer es ist!
    Silas und Tabita sind nämlich schon dabei, in den Büschen nach Ostereiern und Schokohasen zu stöbern.
    »Wartet!«, schreie ich.
    Tabita zieht die Brauen hoch, als ich über den Zaun springe. »Ach, bist du auf einmal doch nicht zu alt, um mitzusuchen?«
    Das habe ich vor ein paar Tagen noch behauptet. Aber da hatte ich gerade schlechte Laune und war nicht zurechnungsfähig.
    »Aus dem Weg!«, rufe ich. Leider hat Eile mit Suchen nichts zu tun. Durch den Garten zu stürmen, bringt nichts. Ich muss langsam werden, mich bücken, überall hinschauen. Silas bekommt Panik, ich könnte den ihm bestimmten Hasen vor ihm finden, und verdoppelt seine Bemühungen. Tabita steht hinter mir und beobachtet mich.
    »Du weißt, wo es ist, stimmt’s? Du

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