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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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bin kein unbeschriebenes Blatt. Deshalb bin ich auch nicht überrascht, als sie nachforschen, ob wir – Kim, Mandy und ich – Tine vielleicht erpresst hätten.
    Sie sprechen darüber, als wäre das ein Hobby von uns.
    »Nein, haben wir nicht.«
    Ich weiche den besorgten Blicken meiner Mutter aus. Sie schaut mich genau an, bemerkt die Kratzer, die zerzausten Haare, den zerrissenen Ärmel. Ich komme gerade aus einer Rauferei, das ist offensichtlich.
    Was denken sie? Dass ich Tine an den Haaren gepackt und weggeschleift habe und sie mich dabei gekratzt hat?
    »Ich habe sie seit unserem Streit nicht mehr gesehen, wirklich nicht.«
    Noch mal müssen wir alles durchkauen. Mein Vater stellt fest, dass ich müde aussehe, ob es nicht langsam reicht? Ich bin völlig erschöpft, als sie endlich gehen, und strecke mich lang auf dem Sofa aus.
    Meine Mutter setzt sich zu mir und streicht über meinen Handrücken, vorsichtig, und doch zucke ich zusammen, als sie einen blauen Fleck berührt.
    Ich drehe mein Gesicht zur Wand. Ich kann sie jetzt nicht ansehen. Ich kann niemanden ansehen.
    »Ich hab Tine nicht erpresst oder bedroht oder was weiß ich«, sage ich leise.
    »Natürlich nicht, Schatz«, stimmt sie mir zu. »Sie müssen nur allen Möglichkeiten nachgehen.«
    Langsam wird mir bewusst, dass ich, so gerne ich jetzt auch meine Wunden lecken würde, nicht einfach abtauchen kann. Tine ist weg. Das ist ernst. Vielleicht ... nur vielleicht ... kann ich doch etwas tun?
    »Und wenn sie von zu Hause weggelaufen ist, weil es ihr gereicht hat? Das muss nichts mit unserem Streit zu tun haben. Ihre Eltern sind ziemlich streng.«
    »Das hast du den Polizisten aber nicht gesagt.«
    »Nein«, gebe ich zu.
    Ich habe auch nicht viel über Finn gesagt. Nur bestätigt, dass sie mit ihm zusammen ist. Ich habe nicht erwähnt, dass ich ihn nicht leiden kann, weil er Bastian vertrieben hat und mich wegen meines Spitznamens fertigmacht.
    »Haben sie Finn schon verhört?«, frage ich.
    Meine Mutter weiß es nicht, aber sie nimmt es an. »Der arme Junge. Er telefoniert überall rum und fragt nach ihr.«
    »Nun, mich hat er nicht angerufen.«
    »Er hat wohl auch nicht angenommen, dass sie bei dir sein könnte.«
    Hätte Daniel bei Tine angerufen, wenn ich diejenige gewesen wäre, die verschwunden ist? Keine Ahnung. Möglich wär’s.
    »Und jetzt?«, frage ich. »Helfen wir mit, sie zu suchen?«
    »Irgendetwas müssen wir ja tun. Wo würdest du anfangen?«, fragt sie zurück.
    »Von hier aus«, sage ich spontan. »Wenn sie am Samstag aus dem Gemeindehaus gerannt ist ... aber in welche Richtung? Das wissen wir ja nicht. Nicht mal das.«
    Ich denke an diesen Abend, an die selbstgemachte Pizza, die Salate, die Waldmeisterbowle. An die Frühlingsblumengirlande auf dem Tisch, und wie ich neben Daniel gesessen und versucht habe, den viel zu hart gebackenen Hefeteig mit dem Messer zu zerschneiden.
    Daniel! Ich muss Daniel anrufen. Ob er es wohl schon weiß?
    Meine Mutter streicht mir übers Haar. »Was ist los?«, will sie wissen. »Du bist hier reingeplatzt, so ...« Wie soll sie mein demoliertes Äußeres beschreiben, ohne mich zu beleidigen? »Jedenfalls nicht so, wie du heute Morgen weggegangen bist.«
    »Ich will nicht, dass meine Freundinnen Schwierigkeiten bekommen«, sage ich, aber wenigstens ihr muss ich erzählen, was heute in der Stadt los war. Wahrscheinlich wird es sowieso rauskommen. Ich schaue schon ständig zum Fenster hin, damit ich vorgewarnt bin, wenn der Streifenwagen zum zweiten Mal hier hält.
    Sie schüttelt den Kopf. »Was machst du bloß.«
    »Wir haben nicht angefangen!«
    »Nein?«, fragt sie, und da denke ich an unseren harmlosen Streich im Winter. Er war lustig und hat niemandem geschadet und es ist nicht fair, mir das vorzuwerfen. Sowenig es gerecht ist, mir Tines Verschwinden in die Schuhe zu schieben, nur weil wir uns wegen des Stücks in die Wolle geraten sind.
    »Mandy ist nicht die richtige Freundin für dich. Ihretwegen gerätst du immer in Schwierigkeiten.«
    Die Model-Nummer war meine Idee, ganz allein meine, auch wenn Mandy sie begeistert aufgegriffen hat. Ich fühle mich mieser wegen des geklauten Tops als wegen dieser alten Geschichte. Der Zeitpunkt ist nur schlecht, jetzt, wo Tine weg ist und ich versuche, als braves Mädchen rüberzukommen, das nie jemandem etwas zuleide tun würde. Das wird mir jetzt wohl niemand mehr abnehmen.
    »Wo ist Papa?«, frage ich.
    »Der ruft ein paar Leute an«, sagt sie. »Wir wollen

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