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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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funktionierte.
    »Tja, dann ... dafür musst du extra bezahlen, Tom.« Ihre Augen funkelten boshaft. »Erzähl mir doch mal, erzähl
uns
doch mal ... wie weit seid ihr gegangen? Was ist wirklich zwischen euch gewesen? Und ich warne dich, ich merke, wenn du lügst. Sag dem kleinen Daniel endlich die Wahrheit. Damals, im Winter, als Kim euch gesehen hat ... ihr habt euch geküsst, gib’s zu.«
    »Nein, haben wir nicht«, widersprach Tom. »Ich wollte, aber sie ist mir ausgewichen. Sie hat immer zu dir gestanden, Mann«, sagte er an Daniel gerichtet.
    Mandy ließ nicht locker. »Und die vielen Partys, auf die ihr zusammen gegangen seid? Du kannst mir doch nicht erzählen, dass da nie etwas gewesen ist. Ihr habt euch nie geküsst?«
    Daniels Herz krampfte sich zusammen, als Tom zögerte.
    »Nun? Sag es endlich.«
    »Ja, wir haben uns geküsst«, sagte er schließlich. »Aber nur einmal.«
    »Und wann?«
    »In jener Nacht«, sagte er. »Der Nacht nach ihrem Geburtstag.« Er sah Daniel dabei nicht an.
    Mandy nickte. »Dann wissen wir ja endlich Bescheid«, sagte sie gehässig. »Wer an ihrem Grab die erste Rose reinwerfen darf. Hier.« Sie knallte Tom einen Zettel vor die Brust. »Viel Spaß damit.«
    Sie standen vor der Tür.
    »Tut mir leid«, sagte Tom. »Tut mir echt leid. Ich hätte es dir sagen sollen, aber ich dachte ... eigentlich spielt es keine Rolle. Sie hat dich geliebt, Daniel. Sie hat sich für dich entschieden. Also ist es eigentlich ganz egal.«
    Aber es war nicht egal, und sie beide wussten es.
    Wer würde die erste Rose auf den Sarg werfen? Ihre Mutter. Die zweite ihr Vater. Dann Tabita. Dann Silas. Dann, vielleicht, war ihr Freund an der Reihe. Die Liebe ihres Lebens.
    Tom, für den sie über hundert Gedichte geschrieben hatte, von dem sie geträumt und geschwärmt hatte, und der sich erst für sie zu interessieren begann, als sie schon mit Daniel zusammen und nicht mehr frei war. Dumm gelaufen.
    Er spürte, wie die Verbitterung sich um sein Herz legte wie ein dunkler Überzug. Bitterschokolade. Und darin brennende Glut.
    »Es spielt keine Rolle«, wiederholte Tom, flehend.
    Daniel schwieg. Wenn Miriam wirklich tot war, spielte sowieso nichts mehr eine Rolle.
    Nur eine einzige Sache: ihrem Mörder das Handwerk zu legen.
    Sie hatten versucht, Normalität vorzutäuschen. Eine Bibelarbeit durchzuführen, bei der Michael immer wieder innehielt und in die Ferne starrte.
    Sie hatten gesungen, merkwürdig kraftlos. Keinem von ihnen war nach Lobpreis zumute. Daniel spielte trotzdem Gitarre. Am Anfang zitterten seine Finger noch, dann wurde er sicherer, die langjährige Routine übernahm die Regie, und er spielte das Lied fehlerfrei und sogar mit unerwartetem Schwung.
    Er fühlte die Blicke der anderen auf sich. Sie starrten heimlich zu ihm herüber. Wie er damit zurechtkam? Wie er einfach so weitermachen konnte?
    Auch Finn hatte das aushalten müssen. Und war trotzdem nicht weggeblieben. Unwillkürlich empfand Daniel Bewunderung für diesen jungen Mann mit den auffälligen Sommersprossen. Er hatte die Blicke ertragen, das Tuscheln, das Mitleid, die knisternde Atmosphäre. Daniel war sich nicht sicher, ob er das auf Dauer konnte. Sicher, es würde irgendwann nachlassen. Irgendwann würden andere Themen in den Vordergrund drängen und zum Gesprächsthema werden. Aber trotzdem würde er wahrscheinlich sein Leben lang einer sein, mit dem man Mitleid haben würde. Er hatte sich absichtlich neben Finn gesetzt. Da brauchten die Neugierigen nicht in verschiedene Richtungen zu schauen, bis ihnen schwindlig wurde.
    »Lass uns rausgehen«, sagte er zu Finn. Er legte die Gitarre weg. »Ich muss jetzt mal frische Luft schnappen. Kommst du mit?«
    »Ja, gleich«, sagte der andere. Er wirkte müde und traurig.
    Draußen war der Himmel von einem feinen, frühlingshaften Blau, in das der heranziehende Abend dicke Wolken mischte. Ein ganzes Gebirge schwebte heran.
    Er hörte, wie die Tür hinter ihm zuschlug.
    Finn trat neben ihn.
    »Wird es besser?«, fragte Daniel. »Dass sie so starren, als würden sie erwarten, dass man gleich vom Stuhl fällt?«
    »Nein«, sagte Finn langsam, »wird es nicht.«
    »Dann werde ich also immer derjenige sein, dessen Freundin bei der Kanufahrt ertrunken ist.«
    Finn lachte rau. »Immer noch besser, als derjenige zu sein, dessen Freundin verschwunden ist, und die Polizei hat ihn deswegen verhört.«
    »Ich hätte bei ihr in diesem Boot sitzen sollen«, sagte Daniel.
    »Tja, und ich hätte an

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