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Narzissen und Chilipralinen - Roman

Narzissen und Chilipralinen - Roman

Titel: Narzissen und Chilipralinen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Dalinger
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nach einer Leiche«, sagte Tabita. Tabita, die alles unbarmherzig aussprach, unerschrocken bis zur Schmerzgrenze. Die kleine Tabita, die wieder ein bisschen leuchtete, nicht mehr ganz so bleich war, eine Tabita, die kämpfen wollte. »Hier ist die Stelle. Wenn er sie versteckt hat, wo kann er das gemacht haben? Und wie? War sie bewusstlos? Gefesselt?«
    Oder tot, dachte Daniel. Finn hat sie vielleicht erschlagen und dann weggebracht. Aber warum? Wenn sie tot war, hätte er sie einfach im Fluss gelassen. Und bei seiner Geschichte vom Unfall bleiben können.
    Sie nahmen sich zuerst das linke Ufer vor. Durchkämmten den Wald. Das Gras und die kleinen Büsche waren zertrampelt von den Leuten, die hier schon durchgekommen waren.
    Sie fanden Müll. Alte Flaschen, Plastiktüten, durchweichte Zeitungen.
    »Sehen wir uns die andere Seite an«, bestimmte Tabita.
    Es sah so nah aus, aber sie mussten mit dem Auto einen weiten Bogen fahren, bis zur nächsten Brücke, und dann den Weg zurück finden, zu genau der Stelle, an der das Boot untergegangen war.
    »Aber vielleicht war es gar nicht genau hier«, fiel Daniel plötzlich ein. »Das Kanu wurde von der Strömung mitgetragen. Wir sollten noch ein Stück weiter flussaufwärts nachgucken.«
    Der Wald war dicht und undurchdringlich. Trampelpfade führten durch hoch aufgeschossenes Springkraut. Disteln, Kletten und Brennnesselgestrüpp wucherten hier, Frühlingsblumen eroberten die lichten Stellen, sie hatten die Kelche geschlossen. Der Waldmeister blühte tapfer, doch es roch nur nach nasser Erde.
    Tabita sprang über eine Pfütze. »Schlammig«, befand sie. »Man müsste doch eigentlich Spuren sehen.«
    »Ein Fußabdruck, der zu Finns Sohlen passt? Viele Leute nutzen den Wald. Spaziergänger, Jogger. Selbst wenn wir Spuren finden, bringt uns das gar nichts.«
    Der Wald gab seine Geheimnisse nicht preis.
    Dann brachen die Wolken auf und Licht strahlte auf dem Fluss auf, als hätte jemand ihn angezündet. Etwas glitzerte im Unterholz.
    »Eine Flasche«, stellte Daniel fest.
    Aber da lag noch etwas. Fein und silbern. Ein Kettchen. Zerrissen, an einem Ast hängengeblieben.
    Daniel wühlte durch die Blätter am Boden, bis er den kleinen Anhänger fand. Die Rose war schwarz geworden.
    »Was ist das?«, fragte Tabita. »Was hast du da?«
    Ein feines Lächeln spielte um Daniels Lippen.

21.
    »Was willst du denn hier?« Mandy hielt die Tür fest und machte sie nicht weiter auf.
    Daniel stellte den Fuß dazwischen, bevor sie sie ihm vor der Nase zuknallen konnte.
    »Ich will das Video«, sagte er. »Von den Leuten in der Fußgängerzone.«
    »Wozu?« Ihr Blick blieb feindselig. »Das gehört mir. Was interessiert dich das?«
    Tom trat neben ihn, und in diesem Moment wusste Daniel, dass es richtig gewesen war, ihn mitzunehmen. Mandy würde nichts aus reiner Hilfsbereitschaft tun. So war sie nicht gestrickt.
    »Hi, Mandy«, sagte Tom.
    Ihr Blick wurde hart. »Dass du dich traust, hier aufzukreuzen. Was soll das? Seid ihr jetzt die besten Freunde?«
    »Gib uns das Video«, wiederholte Tom. »Und die Adressenliste.«
    »Messie hat die.«
    »Nein, hat sie nicht. In ihren Sachen war sie nicht.«
    »Dann hat sie die halt verschlampt. Würde ihr ähnlich sehen.«
    Daniel ließ seinen Fuß auf der Schwelle, auch als die Tür dagegenstieß. Das würde einen blauen Fleck geben. Egal.
    »Nein, du hast sie. Was immer du auch damit wolltest. Vielleicht denen, die ihr gefilmt habt, in Aussicht stellen, dass du ihren peinlichsten Moment ins Netz stellst?«
    »So was mach ich nicht mehr«, sagte Mandy, aber sie klang vorsichtig. Misstrauisch. »Wozu braucht ihr das überhaupt?«
    Das geht dich nichts an, hätte zu unhöflich geklungen. »Miriam hat so davon geschwärmt ... ich würd’s halt gern sehen«, sagte er.
    Ihre Miene blieb hart. »Ach ja?«
    »Bitte«, sagte Tom. Um seine Mundwinkel zuckte es. Offensichtlich stand er nicht gern hier und bettelte Mandy an. Sie merkte es auch, und ein kleines Lächeln stahl sich in ihre Augen.
    »Er bittet mich«, meinte sie. »Wie süß. Und was kriege ich dafür? Was kriege ich dafür, dass du mein Herz mit Füßen getreten hast? Dass du mich dermaßen abserviert hast? Was krieg ich dafür, he?«
    »Mich kriegst du jedenfalls nicht zurück«, sagte Tom, hörbar darum bemüht, gelassen zu klingen. »Was schwebt dir denn vor? Dass ich auf die Knie gehe und um Entschuldigung bitte?«
    Sie musterte ihn kritisch, wie etwas, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen

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