Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
Vom Netzwerk:
»Ganz einfach. Von hier«, antwortete er. »Als die Trockenheit begann, hat die Königin Brunnen bohren und ein System von Aquädukten schaffen lassen, mit dem das Wasser aus den unterirdischen Gesteinsschichten in die Hauptstadt und in ihren Palast geleitet wird. Dein Vater und der gesamte Adel von Messe haben von diesen Arbeiten profitiert, die andererseits aber auch dafür gesorgt haben, dass viele bereits vom Regenmangel gezeichnete Wasserläufe noch schneller ausgetrocknet sind.«
    Talitha schwieg eine Weile und blickte Saiph betroffen an. »In diesem Land verhungern und verdursten die Leute, und ich habe im Palast meine noch halb vollen Teller zurückgehen lassen«, murmelte sie dann.
    »So läuft das eben in Talaria«, bemerkte Saiph. »Die Starken saugen den Schwachen das Blut aus. So war es immer schon. Da kann man nichts machen.«
    Seine Herrin funkelte ihn aufgebracht an. »Das ist doch nur eine Ausrede«, ereiferte sie sich. »Jeder entscheidet für sich, ob er etwas tun will oder nicht. Hätten uns die aufständischen Sklaven nicht gegen die Gardisten geholfen, wären wir jetzt gefangen und niemand würde uns glauben, was wir herausgefunden haben. Es sind immer die Entscheidungen Einzelner, die die großen Dinge verändern, Saiph, und zwar für immer.«
    »Mag sein, aber ich bin es gewöhnt, mich um die kleinen Dinge zu kümmern. Und deswegen sage ich dir: Wir müssen etwas trinken, wir brauchen Wasser, sonst verdursten wir.«
    Talitha lehnte den Kopf an den Stein hinter ihr. »Aber hier gibt es kein Wasser, weit und breit nicht.«

    »Deshalb müssen wir weiter. Wir werden schon Wasser finden.«
    Sie stand auf. »Tja, an Optimismus mangelt es dir wirklich nicht. Wenn ihr Femtiten alle so seid, verstehe ich auch, warum ihr so lange stillgehalten habt.«
    Saiph lächelte in sich hinein, rückte sich die Tasche über der Schulter zurecht und machte sich wieder auf den Weg. Und so marschierten sie weiter.

    Der Pfad schien kein Ende nehmen zu wollen, und der Durst war bald nicht mehr auszuhalten. Irgendwann waren sie am Wegesrand erschöpft eingeschlafen. Talitha konnte nicht mehr weiter, und Saiph war sehr besorgt. Nur noch eine Stunde war es bis zur nächsten Weggabelung, die auf ihrer Karte verzeichnet war, doch das Mädchen war am Ende, ihre Beine trugen sie nicht mehr, und sie hatte sich einfach niedersinken lassen.
    In der vierten Stunde vor Sonnenaufgang schlug Saiph die Augen auf. Diese Gabe hatte er schon als Kind besessen: Er konnte exakt zu dem Zeitpunkt wach werden, den er sich vorgenommen hatte, und war so daran gewöhnt, in der Nacht zu leben, dass er jederzeit wusste, wie spät es war, mochte die Dunkelheit noch so undurchdringlich sein.
    Er blinzelte ein bisschen, und schon war er hellwach. Dann sah er zu Talitha. Eine Hand auf das Heft ihres Schwertes gelegt, lag sie da und schlief tief und fest. Es sah so aus, als habe sie sich mit ihrer Waffe versöhnt, und das konnte nur von Vorteil für sie sein.
    Leise stand er auf und zog ebenso behutsam den Dolch aus ihrem Stiefel. Einen Moment blieb er noch so stehen, um
sie anzuschauen. »Ich bin bald wieder da«, murmelte er und wandte sich zum Gehen.
    Zügig schritt er aus, die Bretter des Holzpfades quietschten unter seinen Füßen. Er wurde immer schneller und begann irgendwann sogar zu rennen. Eigentlich war das nicht seine Sache. Er hasste jedes Übermaß, jede Form der Übertreibung: Er mochte es nicht, wenn jemand schallend lachte oder vor allen Leuten weinte; er konnte einfach nicht damit umgehen, wenn jemand zu offen seine Gefühle zeigte. Deswegen rannte er auch nicht gern. Widerwillig hatte er es getan, wenn Talitha ihn früher beim Spielen dazu zwang, aber normalerweise hatte er auch damals schon lieber den anderen Kindern, die sich jagten, aus der Ferne zugeschaut und nicht verstehen können, warum sie solchen Spaß daran hatten.
    Schließlich gelangte er zu der Weggabelung, die er auf der Karte gesehen hatte. Dort las er auf einem alten hölzernen Wegweiser: HOF JANDALA.
    Eigentlich gab es nur wenige Bauernhöfe, die so weit von den großen Städten entfernt lagen: Ackerland war fast ausschließlich im Besitz weniger reicher Familien und befand sich, der Bequemlichkeit halber, meistens im Umland bevölkerungsreicher Orte, dort, wo die Äste der Talareths fast bis zum Boden reichten und die Blätter so spärlich waren, dass das Licht fast ungehindert hindurchdringen konnte. Aber hin und wieder gab es eben auch Grundbesitzer, die ihre

Weitere Kostenlose Bücher