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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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dachte sie. Im Grund hätte es ihr leidgetan, ein weiteres unschuldiges Geschöpf zu töten, auch wenn es für das eigene Überleben nützlich gewesen wäre.
    Vor ihr sammelte sich das Rinnsal in einer kleinen Pfütze, setzte dann seinen Lauf etwas lebhafter fort und verlor sich schließlich zwischen trockenen Grasbüscheln.
    Talitha tauchte ihr Schwert in die Pfütze, Klinge und Heft, bis das Wasser ihre Hand umspülte. Es war warm und schlammig. Sie überwand den Ekel und nahm auch noch die andere Hand zu Hilfe und begann dann in aller Ruhe, so als vollziehe sie einen Ritus, mit den Fingern sanft über die Klinge zu streichen. Das Blut, das noch daran klebte, löste sich, das Wasser rötete sich, und die schwache Strömung trug das Blut davon. Innerhalb weniger Augenblicke war keine Spur mehr davon übrig.
    Sie zog das Schwert aus dem Bach und beobachtete, wie sich die Sonnenstrahlen an der Klinge brachen, die wie neu funkelte.
    In diesem Moment bemerkte sie Saiph, der hinter sie getreten war.
    »Ich wollte dich nicht wecken«, sagte sie und steckte die Waffe zurück. Es kam ihr tatsächlich so vor, als sei sie leichter
geworden, weil sie das Blut weggewaschen hatte. »Wir sollten aufbrechen. Vielleicht irre ich mich, aber ich habe den Eindruck, dass Cetus, seit wir von seinem Erstarken gelesen haben, noch heftiger brennt.«
    Saiph nahm Lantis Karte zur Hand und suchte die beste Route für ihre Flucht.
    »Jedenfalls müssen wir so schnell wie möglich über die Grenze. Solche Unterbrechungen wie diese können wir uns nicht mehr erlauben«, sagte Talitha.
    Saiph warf einen Blick auf ihre Vorräte und schaute sie zweifelnd an. Neben den Trockenfrüchten und dem Stück Käse, die sie am Vorabend zum Teil schon aufgegessen hatten, hatten sie nur eine Handvoll Hülsenfrüchte und einige Kräuter, die sie im Garten eines verlassenen Hauses gefunden hatten, auftreiben können.
    »Damit werden wir nicht lange auskommen. Auf alle Fälle müssen wir uns den Proviant gut einteilen«, sagte er, als er sich die Tasche umhängte.
    So machten sich wieder auf den Weg, den Baumpfad entlang. Irgendwann bemerkte Talitha: »Was hältst du davon, wenn wir uns Umhänge besorgen? Sonst erkennt man uns zu leicht, wenn wir uns in einer größeren Stadt aufhalten. Wie weit ist eigentlich noch bis Alepha?«
    »Schwer zu sagen. Bei unserem Tempo mindestens zwanzig Tage.«
    Sie wurde blass. Je länger sie bis zum Ketzer brauchten, umso größer wurde das Risiko, ihn nicht mehr lebend anzutreffen. »Wir müssen schneller vorwärtskommen«, sagte sie. »Wir dürfen nicht mehr so viel Zeit verschwenden.«
    Saiph nickte nur.
    Doch bald begannen ihre Kräfte zu schwinden.

    Saiph war körperliche Anstrengungen mit leerem Magen gewohnt, doch für Talitha war so ein quälender Hunger eine völlig neue Erfahrung. Ihr war schwindlig, das Laufen fiel ihr schwer, und mit jedem Schritt fühlte sie sich benommener. Sie hatte keine Ahnung, wie sie in diesem Zustand ihr Ziel erreichen sollte. Aber sie beschwerte sich nicht, sondern biss die Zähne zusammen.
    Es dauerte nicht lange, bis sich zum Hunger auch noch Durst gesellte. Einmal waren sie auf ihrem Weg an einem kleinen Brunnen vorübergekommen, an dem sie gierig ihren Durst gelöscht und ihre Wasserflaschen aufgefüllt hatten. Doch anders als an den großen Verbindungswegen wie der Hauptader, wo in regelmäßigen Abständen Wasserstellen eingerichtet waren, fehlte hier so etwas fast ganz. Mittlerweile waren ihre Trinkflaschen leer, und ihre Kehlen verlangten verzweifelt nach einem Schluck Wasser.
    Die Dörfer, an denen sie auf ihrem Weg durch die endlosen Gebiete zwischen den großen Städten vorüberkamen, waren alle verlassen. An manchen Stellen war die Instandhaltung der Baumpfade, denen sie folgten, so mangelhaft, dass selbst die verbrauchten Luftkristalle nicht ersetzt worden waren. So war in diesen Abschnitten die Luft noch dünner und das Weiterkommen noch beschwerlicher für sie.
    Irgendwann erblickten sie in einiger Entfernung eine Steinkonstruktion und liefen voll neuer Hoffnung darauf zu. Doch als sie dort waren, bot sich ihnen der traurige Anblick eines trockenen Beckens. Die Quelle war schon so lange versiegt, dass der Stein mit einer dicken Staubschicht überzogen war.
    Verzweifelt ließ sich Talitha zu Boden sinken. »Wo haben die im Palastgarten nur all das Wasser für die vielen Springbrunnen
hergenommen? Wo nur, bei dieser dramatischen Trockenheit?«
    Saiph setzte sich neben sie.

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