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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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Höfe im weiten offenen Land zwischen den Städten angelegt hatten. Meistens waren daneben auch befestigte Dörfer entstanden, von denen viele mit der Zeit wieder verfallen waren. Doch die Höfe hatten sich gehalten, ähnlich wie manche Organe in einem bereits toten Körper noch eine ganze Zeit lang weiterarbeiteten.

    Vom Hof Jandala hatte Saiph schon gehört. Der Talarit, der ihn bewirtschaftete, war ein Pächter Megassas gewesen, und die Ernte, die er von seinen Feldern einfuhr, war zum allergrößten Teil an den Grafen gegangen. Saiph erinnerte sich, dass damals, als die Trockenheit noch nicht so dramatisch war, aus Jandala Karren voller Getreide und frischem Gemüse beim gräflichen Palast vorgefahren waren. Aber seit über einem Jahr lieferte dieser Hof nicht mehr nach Messe, und Saiph hoffte inständig, dass er noch nicht ganz aufgegeben worden war.
    Er bog auf den neuen Baumpfad ein. Er war in schlechtem Zustand, die Bretter uneben, viele auch zerbrochen, während der darüber angebrachte Luftkristall nur noch matt schimmerte. Daher war die Luft besonders dünn, und es roch modrig nach lange nicht mehr benutzten Dingen. Doch Saiph ließ sich nicht abschrecken. Der Ausgang ihres Unternehmens hing ganz von ihm ab.
    Endlich tauchte der Talareth vor ihm auf. Wie knöcherne Finger ragten seine Äste zum Himmel auf. Es sah aus, als würden sie Mira um Hilfe anflehen, ein Flehen, das die Göttin aber, dem Zustand des Bauernhofes nach zu urteilen, nicht erhört hatte. Saiph lief ein langer Schauer über den Rücken: Die Felder, die um den Baum herum lagen, waren verdorrt, und die Gräben, die sie unterteilten, ausgetrocknet. Verzweifelt raufte er sich die Haare. Ohne etwas zu trinken, konnten sie unmöglich weiter. Es wäre ihr sicherer Tod.
    Ratlos setzte er sich auf eine niedrige Mauer aus wackeligen Steinen und versuchte, die Lage zu überdenken. Da hörte er plötzlich in einiger Entfernung ein Gluckern. Er schaute zu den Gebäuden hinüber, doch die wirkten völlig verlassen. Bei einer der beiden Getreidescheunen war das Dach eingebrochen,
und auch die Fenster waren zerschlagen und sahen wie leere Augenhöhlen in einem Schädel aus. Saiph ging vorsichtig dem Plätschern nach und auf die Gebäude zu.
    Als er sie erreicht hatte, weitete sich sein Herz. Ein Bächlein, wenn auch sehr schmal, zog sich durch das Gras. Sofort warf er sich auf die Erde, tauchte das Gesicht hinein und trank gierig daraus.
    Das Wasser gab ihm neue Kraft und erweckte ihn wieder zum Leben: Es war sauber und frisch. Als er die Feldflaschen bis zum Rand gefüllt hatte, fiel ihm auf, dass neben dem Wasserlauf zwei Beete bestellt waren, auf denen spärliches Gemüse wuchs. Obwohl der Bauer, der wahrscheinlich in der Nähe wohnte, ihn bemerken könnte, stürzte Saiph sich, ohne lange nachzudenken, in das Beet, riss ein Krautbüschel mit gelblichen Rändern aus und verschlang es mit wenigen Bissen. Dann ging er zu den nächsten grünen Blättern über, und als er endlich satt war, füllte er rasch noch seine Tasche mit zwei weiteren Krautbüscheln. Dann erntete er die kleinen roten Früchte, die auf einem Beet nebenan wuchsen, sowie rund ein Dutzend fleischiger Zentarien-Wurzeln. Sie waren ungewöhnlich klein: Er erinnerte sich, dass in seiner Kindheit Zentarien bis zu einer halben Elle groß werden konnten. Und diese erreichten kaum eine Handbreit. Aber immerhin: Es war Essen, es war Nahrung.
    Jetzt musste er nur noch etwas finden, was Talitha schmeckte. Vielleicht im Haus? Er duckte sich hinter einen Schuppen vor dem Innenhof. Alles wirkte verlassen, aus keinem der umstehenden Gebäude stieg Rauch auf, und nirgendwo war Licht zu sehen. So huschte er weiter, an einem der Gebäude entlang bis zu einem zerschlagenen Fenster und schwang sich hinein.

    Das Haus schien aus einem einzigen großen Raum zu bestehen. Aber auf dem Boden aus gestampftem Lehm erkannte er noch die Spuren der Wände, die es früher einmal in drei Zimmer unterteilt hatten und nun eingerissen oder eingestürzt waren. Neben einem Tisch und einer Feuerstelle standen eine Truhe sowie ein Küchenschrank: Dieser war alt und ramponiert, doch die geschnitzten Verzierungen verrieten, dass es sich einmal um ein schönes, wertvolles Stück von hervorragender Machart gehandelt haben musste. Die Truhe dagegen war nicht mehr als ein plumper, grün gestrichener, von Holzwürmern zerfressener Kasten. Im hinteren Teil des Raumes schlief ein alter Mann. Ein mit einem grauen, zerschlissenen

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