Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
Vom Netzwerk:
Wunde berührte, war vollkommen durchnässt.
    »Dann lass mich drinnen zurück, einverstanden«, stöhnte Saiph wieder mit heiserer Stimme.
    Talitha wurde nicht langsamer. »Red keinen Unsinn.«
    »Aber Herrin, das schaff ich nie bis in den Verbotenen Wald.«
    »Halt den Mund!«, schrie sie. »Du bist mein dummer Sklave, dein Leben gehört mir, und ich entscheide, wann und wo du stirbst. Und das ist nicht hier! Das ist ganz sicher nicht hier!«

    Und während sie schrie, liefen ihr Tränen über das Gesicht, ohne dass sie sie hätte aufhalten können. Wie eine Fata Morgana lag der Eingang der Höhle vor ihr.
    »Nur noch ein kleines Stück«, sagte sie, um sich auch selbst Mut zu machen, »nur noch ein ganz kleines Stück.«
    Doch Saiph hörte sie nicht mehr.

39
    T alitha hatte Saiph unter den Achseln gefasst und schleifte ihn mit. Er war furchtbar schwer und leichenblass.
    »Halt durch, ich flehe dich an«, murmelte sie immer wieder, unterbrochen von Schluchzern, die ihr die Worte in der Kehle erstickten. Durch den Schleier der Tränen konnte sie kaum noch die Umrisse dieses leblosen Körpers in ihren Armen erkennen, der eine schmale, dunkelrote Schleifspur auf dem Boden hinterließ. Wenige Schritte vor dem Eingang der Mine blieb sie erschöpft stehen.
    Sie weinte, und ihr war, als vergieße sie alle Tränen, die sie in ihrem Leben aus Stolz heruntergeschluckt hatte, erst zu Hause im Palast und dann im Kloster. Hatte es damals noch einen Sinn gehabt, sich stark zu zeigen, so gab es nun keinen Grund mehr dazu.
    Nein, Saiph, nein!, schrie eine Stimme in ihrem Kopf. Talitha wischte sich die Tränen von den Wangen und zwang sich, Saiph anzuschauen, der, das aschfahle Gesicht zu ihr gedreht, auf dem Boden lag. Sie unterdrückte ein Schluchzen, nahm allen verbliebenen Mut zusammen und legte ihm zwei Finger an den Hals, über dem Schlüsselbein. Sein Herzschlag war kaum noch spürbar.
    »Wag es ja nicht zu sterben, Saiph!«, murmelte sie, »ich warne dich!«
    Lange betrachtete sie die Wunde, einen Schnitt, unregelmäßig geformt und ausgefranst, unter dem eine Rippe weiß
schimmerte. Immer noch quoll Blut hervor, doch die Klinge schien kein lebenswichtiges Organ getroffen zu haben.
    Aber er wird verbluten. Ich muss die Blutung stoppen  ...
    Sie schloss die Augen, konzentrierte sich mit aller Kraft, und kurz darauf pulsierte der Luftkristall auf ihrer Brust. Wie sie es auch bei Grif getan hatte, legte sie die Hände auf die Schwertklinge und bemühte sich, alles Es, das in ihr floss, hineinzugeben, bis das Metall zu glühen begann. Dann legte sie es auf das blutende Fleisch. Es zischte, und sofort verbreitete sich ein süßlicher, stechender Geruch. Als sie die Klinge wieder anhob, sah die Wunde darunter noch widerlicher aus, aber die Blutung schien zum Stillstand gekommen zu sein.
    Talitha stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, bemerkte aber, dass Saiphs Gesichtsfarbe immer noch wachsbleich war. Er hatte sehr viel Blut verloren, zu viel vielleicht. Panik überkam sie.
    »Nicht sterben, Saiph, bitte stirb nicht«, murmelte sie wieder und wieder, von Schluchzern unterbrochen, völlig außer sich vor Schmerz. »Lass mich nicht allein!«
    Doch Saiph antwortete nicht.
    »Du darfst nicht aufgeben, das kannst du nicht tun«, stöhnte sie, während sie sich verzweifelt an andere Zauber zu erinnern versuchte, die sie bei Schwester Pelei gelernt hatte. Heilzauber hatten sie immer wieder durchgenommen, und einige hatte ihr die Erzieherin sehr ausführlich beschrieben: Doch das war nur Theorie, geübt hatte das Mädchen sie nie. Einen Moment lang kam es ihr so vor, als erinnere sie sich an absolut nichts mehr, als habe nichts anderes mehr Platz in ihrem Kopf als die Konzentration auf Saiphs unregelmäßige, immer schwächer werdenden Atemzüge. Doch dann tauchten
einige Erinnerungen, unzusammenhängend und wirr, in ihrem Gedächtnis auf: Eine Zauberformel zur Heilung von Brüchen, eine andere, um Feinde zu verwunden, wieder eine andere zur Verstärkung von Waffen. Und schließlich diese Worte: »Unter gewissen Umständen lässt sich ein Sterbender dem Tod entreißen, aber nur wenn die Priesterin bereit ist, dafür ihr eigenes Leben hinzugeben.«
    Furcht packte sie mit eisernem Griff an den Schläfen. Wie schlimm stand es um Saiph? War ihm anders nicht mehr zu helfen? Und wenn es sich so verhielt, war sie selbst zu diesem größten Opfer bereit?
    Sie schaute ihn an. Kaum noch wahrnehmbar hob und senkte sich sein Brustkorb in

Weitere Kostenlose Bücher