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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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Kapitel 1
    Heute ist also der Tag der Abschlussfeier.
    Ich kann kaum still stehen, während meine Mutter meine rote Festtagstunika glattstreicht und mir eine Strähne meines hellbraunen Haares, die sich vorwitzig gelöst hat, hinters Ohr steckt. Endlich gibt sie sich zufrieden und dreht mich an den Schultern herum, sodass ich mich in dem Spiegel betrachten kann, der an der Wand unseres Wohnbereichs hängt. Rot. Ich trage Rot. Kein Rosa mehr. Ich bin jetzt eine Erwachsene. Den augenfälligsten Beweis dafür vor mir zu sehen, das verursacht ein durchaus kribbeliges Gefühl in meinem Magen.
    »Bist du so weit, Cia?«, fragt meine Mutter. Auch sie trägt Rot, doch ihr Kleid ist aus einem hauchfeinen Stoff gemacht, der in geschmeidigen Wellen bis auf den Boden fließt. Neben ihr sehen meine ärmellose Tunika und die Lederstiefel kindlich aus, aber das ist schon in Ordnung. Ich habe noch genug Zeit, in meinen neuen Lebensabschnitt hineinzuwachsen, schließlich bin ich mit sechzehn Jahren ohnehin noch jung für diesen Schritt, ja sogar bei Weitem die Jüngste in meiner Klasse.
    Ich werfe einen letzten Blick in den Spiegel und hoffe, dass der heutige Tag nicht das Ende meiner Ausbildung bedeuten wird, aber diese Entscheidung liegt nicht in meiner Hand. Mir bleibt nur mein großer Traum, dass ich für die Auslese ausgewählt werde. Ich schlucke krampfhaft und nicke. »Ja, lass uns gehen.«
    Die Abschlussfeier findet auf dem Marktplatz der Kolonie statt, mitten zwischen den Ständen, an denen es Backwaren und frische Milch zu kaufen gibt, denn die Schule ist nicht geräumig genug, um all den Leuten Platz zu bieten, die anwesend sein werden. Die gesamte Kolonie wird nämlich kommen, was nicht zuletzt daran liegt, dass praktisch jeder Bewohner mit mindestens einem der Schüler verwandt ist, die heute ihren Übergang ins Erwachsenenalter vollziehen oder ihre Versetzung in die nächsthöhere Klassenstufe feiern. Dieses Jahr gibt es die größte Abschlussklasse, die die Five-Lakes-Kolonie je gesehen hat. Acht Jungen, sechs Mädchen: ein deutlicher Beweis dafür, dass es aufwärtsgeht mit der Kolonie.
    Mein Vater und meine vier Brüder, alle in das Purpurrot der Erwachsenen gekleidet, warten vor unserem Haus auf uns. Mein ältester Bruder, Zeen, wirft mir ein Lächeln zu und zerzaust mir die Haare. »Bist du bereit dafür, die Schule endgültig hinter dir zu lassen und mit uns anderen Strolchen hinaus ins wahre Leben zu ziehen?«
    Meine Mutter runzelt die Stirn.
    Ich lache.
    Zeen und meine anderen Brüder sind alles andere als Strolche. Die Mädchen werfen sich ihnen praktisch an den Hals, und zwar ständig. Doch während meine Brüder gewiss nichts gegen einen Flirt einzuwenden haben, scheint keiner von ihnen ein besonders großes Interesse daran zu finden, sesshaft zu werden. Sie finden es spannender, eine neue Hybrid-Tomatenplantage anzulegen, als eine Familie zu gründen. Zeen allen voran. Er ist groß, blond und klug. Sehr, sehr klug. Und trotzdem ist er nicht für die Auslese ausgewählt worden. Dieser Gedanke lässt meinen großen Tag in einem trüberen Licht dastehen. Vielleicht ist das die erste Lektion, die ich in meinem Leben als Erwachsene zu lernen habe: Man bekommt nicht immer das, was man sich wünscht. Ganz bestimmt hätte Zeen gerne die Universität besucht, um in Dads Fußstapfen zu treten. Ohne jeden Zweifel weiß er genau, wie mir im Augenblick ums Herz ist. Einen Moment lang wünsche ich mir, ich könnte mit ihm sprechen und ihn fragen, wie er damals mit dieser Enttäuschung fertiggeworden ist, die heute vermutlich auch auf mich wartet. Unsere Kolonie würde sich glücklich schätzen können, wenn überhaupt jemand aus der Abschlussklasse für die Auslese ausgewählt würde. Es ist zehn Jahre her, dass man sich zum letzten Mal für einen Prüfling aus Five Lakes entschieden hat. Ich bin gut in der Schule, aber es gibt andere, die besser sind. Viel besser. Welche Chancen habe ich da schon?
    Mit einem gezwungenen Lächeln erwidere ich: »Na klar. Ich kann ja wohl kaum ewig in der Schule bleiben, wenn ich irgendwann – bis dahin seid ihr anderen alle längst verheiratet – der Kolonie vorstehen will.«
    Hart und Win erröten. Sie sind zwei Jahre älter als ich, und allein die Vorstellung, sich mit Mädchen zu verabreden oder zu heiraten, macht ihnen gehörige Angst. Die zwei sind glücklich, wenn sie Seite an Seite in der Gärtnerei arbeiten können, wo sie die von Dad gezüchteten Blumen und Bäume hegen und

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