Nasses Grab
Alena getroffen«, sagte Anděl nachdenklich. »Alena kam aus Horas Haus, als Markéta hineinwollte. Wir haben Fotos davon. Könnte sie Dana erkannt haben – bei einem so kurzen Zusammentreffen? Alena hatte blondes Haar, sie …« Er sah Magda skeptisch an.
»Meiner Tochter ist die Ähnlichkeit auch aufgefallen. Kommt ganz darauf an, ob sie einen Blick für Gesichter hat.«
»Markéta ist Visagistin«, sagte Anděl, »sie arbeitet in der Staatsoper.«
»Na also – da haben Sie es doch!«, rief Magda aus. »Sie kann Alena auch schon früher gesehen haben. Die Staatsoper ist neben dem RFE-Gebäude. Da ist auch der Eingang zur Metro, in dem Alena getötet wurde.«
»Sie könnte dort gewesen sein«, sagte Anděl zögernd.
Magda nickte. »Genau. Sie hatte die Gelegenheit, und sie hatte ein Motiv. Dana hatte ihre Freundin Lenka getötet. Rache ist nicht gerade ein seltenes Motiv.«
»Nach fünfundzwanzig Jahren?«
»Kommt auf die Persönlichkeit an. Sie sagten doch, dass dieser Abend Markéta offenbar bis heute Albträume verursacht. Er hat ihr ganzes Leben vergiftet.«
»Hm. Möglich. Aber irgendjemand hat Alena, nachdem sie die Treppe hinuntergestürzt ist, in eine stabile Seitenlage gebracht und die Polizei gerufen. Eine Frau. Sie hat ihren Namen nicht angegeben. Und sie ist auch nicht dort geblieben, um auf uns zu warten. Warum hätte sie das also tun sollen, wenn sie Dana die Treppe hinuntergestoßen hatte?«
»Reue?«, fragte Magda. Sie strich sich ungeduldig durch die Haare. »Was weiß ich, vielleicht war sie entsetzt und erschrocken über das, was sie getan hatte. Hat sie – angenommen, dass sie es war -, hat sie gesehen, wer auf Alena geschossen hat?«, fragte Magda.
»Gute Frage.« Er spielte nachdenklich mit seinem leeren Glas. Dann zog er eine neue Zigarette aus seiner Packung und hielt sie Magda hin. Sie nahm eine. Er zückte sein Feuerzeug.
»Und noch eine nicht ganz unwichtige Frage: Hat, wer auch immer Alena erschossen hat, die- oder derjenige gesehen, dass noch jemand auf der Treppe stand?«
»Ich glaube nicht, denn dann hätte die Kousalová den Abend nicht überlebt. Nein, ich denke nicht, dass, wer auch immer geschossen hat, sie gesehen hat. Falls sie tatsächlich auf der Treppe war. Es lässt sich vielleicht feststellen, wann sie die Oper verlassen hat.«
Magda nickte. »Ja, da haben Sie vermutlich recht.« Sie rauchte einen Moment schweigend. »Hat Honza eigentlich gewusst, dass Dana mich weggegeben hatte?«, fragte sie dann.
»Ich weiß es nicht. Vielleicht. Sie könnte ihm auch gesagt haben, dass sie eine Fehlgeburt hatte oder eine Abtreibung hatte machen lassen. Warum?«
»Ist nur so ein Gedanke. Honza – Jay – wollte immer gerne Kinder haben. Das hat er mir erzählt, nachdem er Xenia geheiratet hatte. Sie hat schon zwei und war von dem Gedanken nicht begeistert. Aber er träumte von eigenen Kindern. Wenn Dana ihm nun auf der Terrasse gesagt hätte, was sie damals getan hat …«
»Sie meinen, er könnte sie erschossen haben, weil sie Sie weggegeben hatte?«, fragte er skeptisch.
»Es sind schon Leute aus geringeren Gründen umgebracht worden. Er sehnte sich nach eigenen Kindern. Xenia und er hatten oft Diskussionen deswegen. Es wäre immerhin möglich.« Sie trank ihren Kaffee aus. »Sonst bleibt nur noch der Oberst.«
»Hm. Nur fehlt dem Oberst ein Motiv. Da ist weit und breit keines.« Anděl schnippte die Asche von seiner Zigarette aus dem Fenster. »Dass er Hora umgebracht hat – möglich. Vielleicht, um seinen Sohn zu schützen. Aber das ist unwahrscheinlich, ich glaube, er kann ihn nicht leiden. Warum sollte er also seinetwegen einen Mord begehen? Verdammt und zugenäht! Ich muss mit Krasnohorský sprechen.«
»Das wird noch eine Weile warten müssen«, sagte Magda. Sie stand auf. »Ich muss aus diesen Klamotten raus. Und dann ins Institut. Nachsehen, was der Schädel macht. Und ich habe das eine oder andere mit meiner Mutter zu besprechen.«
»Gehen wir«, stimmte Anděl zu. »Ich muss mich noch einmal mit Markéta Kousalová unterhalten.«
Sie gingen schweigend hinaus. An der Treppe drehte sich Magda zu ihm um.
»Ich sehe noch einmal nach Larissa«, sagte sie. »Ich habe doch Zutritt, oder?«
» You’re the doctor «, sagte Anděl grinsend.
»Pathologe«, erwiderte Magda und lachte auch.
»Was für eine vertrackte Geschichte«, sagte Nebeský. »Du glaubst wirklich, dass die Kousalová Alena Freeman von der Treppe gestoßen hat?«
Sie saßen im Auto
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