Nasses Grab
geträumt. Und wenn sie nicht geträumt hat, dann hat sie gesehen, wer Lenka getötet hat.«
»Wen hat sie gesehen?«, fragte Magda. Ihr Gesicht war blass wie die kahlen Wände der Cafeteria.
»Soll ich Ihnen einen neuen Kaffee holen?«, fragte Anděl und deutete auf das noch immer volle Glas, mit dem sie gedankenverloren spielte. »Der hier muss schon eiskalt sein.«
»Kalter Kaffee macht schön«, sagte Magda und lächelte schief.
»Dann trinken Sie ihn. Sie sehen aus wie ein Gespenst.« Er grinste.
Sie lachte und nippte an ihrem Glas. »So schön möchte ich gar nicht werden«, sagte sie. »Holen Sie mir bitte einen frischen?« Sie schob ihm das Glas hin.
Anděl nickte und stand auf. »Möchten Sie etwas essen?«, fragte er und nahm die Gläser auf.
Sie schüttelte angewidert den Kopf. »Nein danke. Mir ist schon schlecht. Dieses Zeug von hier verträgt mein Magen nicht. Nur Kaffee, bitte.«
Anděl ging hinüber zur Theke.
Magda betrachtete nachdenklich das Foto auf dem Tisch. Hatte Markéta tatsächlich Dana gesehen? Hatte ihre Mutter ihre beste Freundin umgebracht, weil diese ihr den Mann ausgespannt hatte? Eine schreckliche Vorstellung. Hatte Honza ihr geholfen? Wissentlich? Oder hatte er – wie alle anderen – geglaubt, dass die Tote Dana war? Fragen über Fragen. Manche davon würde er beantworten können, wenn er aus der Narkose aufwachte.
Anděl kam mit zwei Gläsern Kaffee und einer Packung Kekse zurück.
»Kekse. Für die zeichnet die Küche nicht verantwortlich«, sagte er lächelnd. Er riss die Packung auf und schob sie ihr hin. »Los, essen.«
Magda nahm einen Keks und biss hinein. »Sie sind wie eine Mutter zu mir«, sagte sie ironisch.
»Ich glaube, von denen haben Sie inzwischen genügend.«
»Wohl wahr«, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns. »Erzählen Sie weiter. Wen hat Markéta in Danas Wohnung gesehen? Hat sie gewusst, wer …«
»Ich glaube, sie dachte, dass die Tote Dana ist.«
»Woraus schließen Sie das?«
»Lída hat Larissa erzählt, dass Markéta sehr für Dana schwärmte, aber Dana habe kein Interesse an Kindern gehabt. Sie habe sich nicht für Markéta interessiert. Lenka dagegen habe viel Zeit mit Markéta verbracht; das Mädchen hat sie sehr gern gehabt. Ich nehme an, Markéta dachte, die Mörderin sei Lenka – und sie konnte das nicht glauben. Deshalb hat sie sich eingeredet, sie habe geträumt.«
»Haben Sie ihr gesagt, dass es nicht Lenka war?«
»Ich war gerade dabei …«
»Und sie hat trotzdem nichts gesagt?«
»Nein. In diesem Moment kam ihre Mutter mit dem Schmuckkästchen herein. Aber ich glaube nicht, dass Markéta wusste, wer die Tote wirklich war. Wie gesagt, ich glaube, sie hat angenommen, dass es Dana ist und dass ihre geliebte Lenka sie umgebracht hatte. Das konnte sie nicht fassen, also hat sie es zu einem Albtraum erklärt.«
»Dann hätte also Dana Lenka getötet, um an die Ausreisepapiere zu kommen. Und Honza war das nichts ahnende Helferlein. Hat er gewusst, dass es Lenka war? Warum hat er die Leiche überhaupt beseitigt? Er hätte doch einfach die Polizei rufen können.«
»Das kann er uns nur selbst sagen. Aber damit kommen wir zum Tod von Alena Freeman – alias Dana Volná – und Milan Hora.«
»Haben Sie Zigaretten dabei?«, fragte Magda.
Anděl holte eine Packung aus seiner Brusttasche und reichte sie ihr. Er öffnete das Fenster neben ihnen. Magda zündete sich eine an und schob die Packung Anděl hinüber. Er nahm sich auch eine. Sie gab ihm Feuer. Eine Weile rauchten sie schweigend.
»Wer hat Milan Hora getötet?«, brach Magda schließlich das Schweigen.
»Da gibt es auch mehrere Möglichkeiten«, antwortete Anděl. Er zählte sie an seinen Fingern ab. »Venca. Alena. Larissa. Markéta. Der Oberst. Die haben sich dort alle buchstäblich die Klinke in die Hand gegeben.«
»Wer ist dieser Venca überhaupt?«, fragte Magda.
»Das wissen Sie nicht?«, fragte er erstaunt.
Sie schüttelte den Kopf. »Woher denn?«
»Der hitzköpfige Venca ist Ihr Chef.«
»Was?«, rief Magda aus. »Sie meinen allen Ernstes, dieser Venca sei unser …«
»Chefpathologe, ja, Dr. Václav ˇerný. Der alte Bürokrat. Würde man ihm gar nicht zutrauen, was? So viel Leidenschaft.« Anděl zwinkerte schelmisch.
»Dann hat er den Knochen genommen?«, fragte Magda.
»Mhm. Und ihn vermutlich ins Klo geworfen. Hat auch gründlich gespült, nehme ich an. Aber Sie haben ja noch die Gewebeschnitte. Außerdem hat er es zugegeben. Ist Ihnen nicht
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