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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Textausgabe + Lektüreschlüssel
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                                         Und da
    560
    Gehorcht Ihr denn auch ohne viel zu klügeln?
    KLOSTERBRUDER .
    Wär’s sonst gehorchen, lieber Herr?
    TEMPELHERR                                                (Dass doch
    Die Einfalt immer Recht behält!) – Ihr dürft
    Mir doch auch wohl vertrauen, wer mich gern
    Genauer kennen möchte? – Dass Ihr’s selbst
    Nicht seid, will ich wohl schwören.
    KLOSTERBRUDER .                                       Ziemte mir’s?
    Und frommte mir’s?
    TEMPELHERR .                  Wem ziemt und frommt es denn,
    Dass er so neubegierig ist? Wem denn?
    KLOSTERBRUDER .
    Dem Patriarchen; muss ich glauben. – Denn
    Der sandte mich Euch nach.
    TEMPELHERR .                                Der Patriarch?
    570
    Kennt der das rote Kreuz auf weißem Mantel
    Nicht besser?
    KLOSTERBRUDER .    Kenn ja ich’s!
    TEMPELHERR .                                  Nun, Bruder? nun? –
    Ich bin ein Tempelherr; und ein gefangner. –
    Setz ich hinzu: gefangen bei Tebnin,
    Der Burg, die mit des Stillstands letzter Stunde
    Wir gern erstiegen hätten, um sodann
    Auf Sidon loszugehn; – setz ich hinzu:
    Selbzwanzigster gefangen und allein
    Vom Saladin begnadiget: so weiß
    Der Patriarch, was er zu wissen braucht; –
    Mehr, als er braucht.
    580
    KLOSTERBRUDER .            Wohl aber schwerlich mehr,
    Als er schon weiß. – Er wüsst auch gern, warum
    Der Herr vom Saladin begnadigt worden;
    Er ganz allein.
    TEMPELHERR .        Weiß ich das selber? – Schon
    Den Hals entblößt, kniet ich auf meinem Mantel,
    Den Streich erwartend; als mich schärfer Saladin
    Ins Auge fasst, mir näher springt, und winkt.
    Man hebt mich auf; ich bin entfesselt; will
    Ihm danken; seh sein Aug’ in Tränen: stumm
    Ist er, bin ich; er geht, ich bleibe. – Wie
    590
    Nun das zusammenhängt, enträtsle sich
    Der Patriarche selbst.
    KLOSTERBRUDER .               Er schließt daraus,
    Dass Gott zu großen, großen Dingen Euch
    Müss’ aufbehalten haben.
    TEMPELHERR .                           Ja, zu großen!
    Ein Judenmädchen aus dem Feu’r zu retten;
    Auf Sinai neugier’ge Pilger zu
    Geleiten; und dergleichen mehr.
    KLOSTERBRUDER .                                  Wird schon
    Noch kommen! – Ist inzwischen auch nicht übel. –
    Vielleicht hat selbst der Patriarch bereits
    Weit wicht’gere Geschäfte für den Herrn.
    TEMPELHERR .
    600
    So? meint Ihr, Bruder? – Hat er gar Euch schon
    Was merken lassen?
    KLOSTERBRUDER .            Ei, jawohl! – Ich soll
    Den Herrn nur erst ergründen, ob er so
    Der Mann wohl ist.
    TEMPELHERR .                Nun ja; ergründet nur!
    (Ich will doch sehn, wie der ergründet!) – Nun?
    KLOSTERBRUDER .
    Das Kürz’ste wird wohl sein, dass ich dem Herrn
    Ganz gradezu des Patriarchen Wunsch
    Eröffne.
    TEMPELHERR .     Wohl!
    KLOSTERBRUDER .          Er hätte durch den Herrn
    Ein Briefchen gern bestellt.
    TEMPELHERR .                                Durch mich? Ich bin
    Kein Bote. – Das, das wäre das Geschäft,
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    Das weit glorreicher sei, als Judenmädchen
    Dem Feu’r entreißen?
    KLOSTERBRUDER .               Muss doch wohl! Denn – sagt
    Der Patriarch – an diesem Briefchen sei
    Der ganzen Christenheit sehr viel gelegen.
    Dies Briefchen wohl bestellt zu haben, – sagt
    Der Patriarch, – werd einst im Himmel Gott
    Mit einer ganz besondern Krone lohnen.
    Und dieser Krone, – sagt der Patriarch, –
    Sei niemand würd’ger, als mein Herr.
    TEMPELHERR .                                                 Als ich?
    KLOSTERBRUDER . Denn diese Krone zu verdienen, – sagt
    620
    Der Patriarch, – sei schwerlich jemand auch
    Geschickter, als mein Herr.
    TEMPELHERR .                                Als ich?
    KLOSTERBRUDER .                                         Er sei
    Hier frei; könn’ überall sich hier besehn;
    Versteh’, wie eine Stadt zu stürmen und
    Zu schirmen; könne, – sagt der Patriarch, –
    Die Stärk’ und Schwäche der von Saladin
    Neu aufgeführten, innern, zweiten Mauer
    Am besten

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