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Nathan der Weise

Nathan der Weise

Titel: Nathan der Weise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Textausgabe + Lektüreschlüssel
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doch? –
    Ah! wäre das gewiss! Ah, Saladin! –
    Wie? die Natur hätt auch nur Einen Zug
    Von mir in deines Bruders Form gebildet:
    Und dem entspräche nichts in meiner Seele?
    Was dem entspräche, könnt ich unterdrücken,
    Um einem Patriarchen zu gefallen? –
    Natur, so leugst du nicht! So widerspricht
    710
    Sich Gott in seinen Werken nicht! – Geht Bruder! –
    Erregt mir meine Galle nicht! – Geht! geht!
    KLOSTERBRUDER . Ich geh; und geh vergnügter, als ich kam.
    Verzeihe mir der Herr. Wir Klosterleute
    Sind schuldig, unsern Obern zu gehorchen.
Sechster Auftritt
    Der
TEMPELHERR
und
DAJA ,
die den Tempelherrn schon eine Zeitlang von weiten beobachtet hatte, und sich nun ihm nähert
.
    DAJA . Der Klosterbruder, wie mich dünkt, ließ in
    Der besten Laun’ ihn nicht. – Doch muss ich mein
    Paket nur wagen .
    TEMPELHERR .              Nun, vortrefflich! – Lügt
    Das Sprichwort wohl: dass Mönch und Weib, und Weib
    Und Mönch des Teufels beide Krallen sind?
    720
    Er wirft mich heut aus einer in die andre.
    DAJA . Was seh ich? – Edler Ritter, Euch? – Gott Dank!
    Gott tausend Dank! – Wo habt Ihr denn
    Die ganze Zeit gesteckt? – Ihr seid doch wohl
    Nicht krank gewesen?
    TEMPELHERR .                      Nein.
    DAJA .                                             Gesund doch?
    TEMPELHERR .                                                     Ja.
    DAJA . Wir waren Euertwegen wahrlich ganz
    Bekümmert.
    TEMPELHERR .     So?
    DAJA .                         Ihr wart gewiss verreist?
    TEMPELHERR . Erraten!
    DAJA .                              Und kamt heut erst wieder?
    TEMPELHERR .                                                                   Gestern.
    DAJA . Auch Rechas Vater ist heut angekommen.
    Und nun darf Recha doch wohl hoffen?
    TEMPELHERR .                                                 Was?
    730
    DAJA . Warum sie Euch so öfters bitten lassen.
    Ihr Vater ladet Euch nun selber bald
    Aufs Dringlichste. Er kömmt von Babylon;
    Mit zwanzig hochbeladenen Kamelen,
    Und allem, was an edeln Spezereien ,
    An Steinen und an Stoffen, Indien
    Und Persien und Syrien, gar Sina ,
    Kostbares nur gewähren.
    TEMPELHERR .                           Kaufe nichts.
    DAJA . Sein Volk verehret ihn als einen Fürsten.
    Doch dass es ihn den Weisen Nathan nennt,
    740
    Und nicht vielmehr den Reichen, hat mich oft
    Gewundert.
    TEMPELHERR .   Seinem Volk ist reich und weise
    Vielleicht das Nämliche.
    DAJA .                                       Vor allen aber
    Hätt’s ihn den Guten nennen müssen. Denn
    Ihr stellt Euch gar nicht vor, wie gut er ist.
    Als er erfuhr, wie viel Euch Recha schuldig:
    Was hätt, in diesem Augenblicke, nicht
    Er alles Euch getan, gegeben!
    TEMPELHERR .                                   Ei!
    DAJA . Versucht’s und kommt und seht!
    TEMPELHERR .                                            Was denn? wie schnell
    Ein Augenblick vorüber ist?
    DAJA .                                         Hätt ich,
    750
    Wenn er so gut nicht wär, es mir so lange
    Bei ihm gefallen lassen? Meint Ihr etwa,
    Ich fühle meinen Wert als Christin nicht?
    Auch mir ward’s vor der Wiege nicht gesungen,
    Dass ich nur darum meinem Ehgemahl
    Nach Palästina folgen würd, um da
    Ein Judenmädchen zu erziehn. Es war
    Mein lieber Ehgemahl ein edler Knecht
    In Kaiser Friedrichs Heere –
    TEMPELHERR .                                  Von Geburt
    Ein Schweizer, dem die Ehr’ und Gnade ward
    760
    Mit Seiner Kaiserlichen Majestät
    In einem Flusse zu ersaufen. – Weib!
    Wie vielmal habt Ihr mir das schon erzählt?
    Hört Ihr denn gar nicht auf mich zu verfolgen?
    DAJA . Verfolgen! lieber Gott!
    TEMPELHERR .                           Ja, ja, verfolgen.
    Ich will nun einmal Euch nicht weiter sehn!
    Nicht hören! Will von Euch an eine Tat
    Nicht fort und fort erinnert sein, bei der
    Ich nichts gedacht; die, wenn ich drüber denke,
    Zum Rätsel von mir selbst mir wird. Zwar möcht
    770
    Ich sie nicht gern bereuen. Aber

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