Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)

Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)

Titel: Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Luca
Vom Netzwerk:
freiliegendem Rücken.
    »Ahem. Genau. Hm.« Sie nickte sich selbst zu, hielt den Kittel zwischen Zeigefinger und Daumen, wie eine übelriechende Kakerlake, während sie zurück zu mir eilte. »Hier. Ziehen Sie das an, Nummer Siebenhundertneunundneunzig.«
    Ich starrte den Kittel an und schüttelte langsam den Kopf. »Sie sind ja wohl irre, oder?«, flüsterte ich. »Wie soll ich mich anziehen, wenn meine Hände festgebunden sind?«
    »Festgebunden?« Zum ersten Mal breitete sich ein verschmitztes – ehrliches – Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Sie zuckte mit den Schultern und wies mit dem Kinn auf meine Hände. »Ich sehe da keine Fesseln.« Ihre Stimme hüpfte weiter in die Höhe. Amüsiert. Scheiße, sollte sie sich doch ihren Humor in den ...
    Ich warf einen perplexen Blick auf meine Handgelenke. Es waren tatsächlich keine Fesseln zu sehen. Nur Fingerabdrücke, die allmählich verblassten und das unangenehme Gefühl hinterließen, dass mich etwas – oder nein, jemand – festgehalten hatte. Und noch etwas war zu sehen: eine Nummer. Ein Barcode? Da stand: 654-375-020- 799 . Ich rieb mit meinen Fingern darüber, versuchte die Nummer abzukratzen, jedoch ohne Erfolg. Sie blieb an meiner Haut haften. Wie eine Narbe.
    »Sie haben Ihre wahre Nummer entdeckt, wahnsinnig spannend, nicht wahr? So viele von uns gibt es tatsächlich hier. Eine bemerkenswerte Anzahl, finden Sie nicht? Doch nun ja, der Einfachheit halber ... zählen stets die letzten drei Ziffern. Merken Sie sich das.« Sie hob den Zeigefinger und wiederholte wie eine Lehrerin: »Zählen stets die letzten drei Ziffern.«
    Nachdem sie meine Bestürzung einen Moment lang ausgekostet hatte, begann sie wieder: »Setzen Sie sich bitte auf, Nummer Siebenhu –«
    »Halten Sie Ihre Fresse«, fauchte ich die Frau an, die daraufhin verstummte. Vorsichtig richtete ich mich auf und sah mich genauer im Zimmer um. Noch immer baumelte die Glühbirne über meinem Kopf hin und her, ihr künstlich gelber Lichtkegel wanderte von der einen Ecke des Zimmers zur anderen. Ich entdeckte einen glänzenden Mülleimer mit überquellenden Papiertaschentüchern, die allesamt blutverschmiert waren. Und einen weißen Fliesenboden, der so sauber geputzt war, dass er seine gesamte Umgebung spiegelte – wie Wasser. An den blassblau getünchten Wänden hingen Karten mit eingezeichneten Notausgängen, außerdem befanden sich dort vereinzelte, eingerahmte Zertifikate, in denen so etwas stand wie »Abteilung C der Untersuchungsstation der Neuankömmlinge – bewertet mit Prädikat A Stern Wertvoll – gezeichnet vom Präsidenten des Überführerkomitees, Nummer Nullnulleins«.
    »Darf ich mich jetzt endlich vorstellen?«, bat die blonde Frau nach einer Weile.
    Ich nickte langsam. Aufwachen würde ich jetzt sowieso nicht mehr. Wahrscheinlich steckte ich in der – wie nannte man das noch einmal? – REM-Phase. Vielleicht spielte ich erst einmal mit und ließ mich von den Einfällen meines Gehirns überraschen. Ich musste mich darauf einlassen. Mir blieb nichts anderes übrig.
    Ich schlüpfte in den Kittel, dessen plastikähnlicher Stoff auf meiner Haut leicht kratzte. Dennoch fühlte er sich unglaublich bequem an. Eine wohlige Wärme stieg meine Brust hinauf.
    »Danke Nummer Sieben –«, die Frau biss sich auf die Zunge und unterbrach sich selbst, sie hüstelte, »hm, danke. Jetzt möchte ich mich Ihnen vorstellen. Meine Identifikation lautet Nummer Dreihundertvierundfünfzig. Kurz nennt man mich auch Fräulein Ingrid W., im Sinne der Vergangenheit meiner körperlichen Hülle.«
    »Ah, das ist also kurz, Fräulein Ingrid W.«, stellte ich ungläubig fest. Ich ließ meine Beine baumeln und betrachtete Nummer Dreihundertvierundfünfzig genauer. Ihre augenblicklich silbernen Pupillen vergrößerten sich mit einem Mal, woraufhin sie mit zitternden Händen meine Unterlagen durchblätterte. Aus ihrem Dutt lösten sich mehrere strohblonde Strähnen, als sie sich nervös darüberfuhr. Und ihr Kinn bebte, als würde sie meinem prüfenden Blick nicht standhalten können.
    Erst als ich meine Aufmerksamkeit wieder den Zertifikaten an den Wänden widmete, schien die Anspannung von ihr abzufallen. Sie pustete erleichtert aus und fuhr mit ihren Erklärungen fort: »Ihre körperliche Hülle gehörte einer Person mit dem Namen«, Fräulein Ingrid W. versicherte sich mit einem flüchtigen Blick auf die Papiere, »Hanna M.« Die eckige Brille rutschte ihre Stupsnase herunter, doch mit einer geübten

Weitere Kostenlose Bücher