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Nathaniels Seele

Titel: Nathaniels Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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eine Illusion? Eine Täuschung? Träume sie nur? Was, wenn sie sich bewegte – wenn sie auch nur blinzelte – und er würde wieder tot neben ihr liegen?
    „Sag etwas“, forderte er irgendwann.
    „Du …“
    „Ja?“
    „Bist du es wirklich? Ich meine … lebst du?“
    Nathaniel sah an sich hinab. Er hob eine Hand, kniff sich in den Arm und nickte.
    „Ich dachte … der Geist, er …“
    „Wollte wohl tatsächlich entschwinden, entschied sich aber anders.“
    „Warum?“
    „Vielleicht wegen dir.“ Nathaniel lächelte, was Josephine unvermittelt zum Weinen brachte. Dieses Lächeln … sie hatte es verloren geglaubt. Für immer. Unwiederbringlich. „Der Geist ist ein Teil von mir und auf gewisse Weise ein Geschöpf für sich. Ich habe immer gespürt, dass auch er dich liebt. Sicher hatte er nach dieser Aktion die Nase voll von dieser Welt, aber seine Zuneigung zu dir war stärker. Ohne dich wäre er längst über alle Berge und hätte der Menschheit seine Kehrseite gezeigt.“
    Josephine sah sich um. Sie nahm Nathaniels Hand, stand auf und zog ihn mit sich. Schwankend wie eine Schlafwandlerin. „Ich will hier raus. Lass uns verschwinden, bitte. Ich will keine Sekunde länger hierbleiben. Keine Sekunde mehr.“
    „He, ganz ruhig.“ Er fing ihren zitternden Körper ein und drückte sie an sich. „Ganz ruhig, Tacincala.“
    Jede Beherrschung löste sich in Wohlgefallen auf. Sie warf sich an ihn, weinte und schluchzte und stammelte irgendwelche Worte. Sie küsste ihn und grub ihre Finger in sein Haar, roch an seiner Haut, legte ihr Ohr an seinen Brustkorb und lauschte – sich auf die Lippe beißend, um das Schluchzen zu unterdrücken, seinem Herzen.
    „Verdammt!“, fluchte sie irgendwann. „Ich dachte, ich würde dich nie wieder sehen. Es war … Scheiße noch mal.“
    „Genau das dachte ich auch.“ Nathaniel hielt sie fest. Er hielt sie so fest, als wolle er sie niemals wieder freigeben. „Aber ich bin zurück. Der Geist und ich sind vereint. Alle, die von dem Geheimnis wussten, sind tot oder ordentlich gehirngewaschen worden.“
    „Bring mich nach Hause.“ Josephine sank in sich zusammen und spürte, wie sie hochgehoben wurde. „Bring mich einfach nur nach Hause. Weg von hier. Nur weg von hier.“

     
    „Was ist geschehen?“ Jacobs Blick war ein einziges Flehen. „Bitte sagt mir wenigstens, warum ihr geht.“
    „Das können wir nicht.“ Josephine glaubte, ihr Herz müsse zerspringen. „Vielleicht kommt jemand, der etwas über uns wissen will. Und dann ist es besser, wenn du nichts weißt.“
    „Was um Himmels willen hat man euch angetan?“ Der alte Mann drückte den Schlapphut gegen seine Brust. „Ich dachte, ich sehe euch nie wieder. Plötzlich wart ihr weg. Einfach verschwunden. Keine Nachricht, gar nichts.“
    „Sei vorsichtig“, beschwor ihn Josephine. „Ich glaube zwar nicht, dass jemand kommen wird, aber falls doch, solltet ihr alle besser verschwinden. Für eine Weile. So wie wir.“
    „Nein.“ Jacobs Stimme erlaubte keinen Widerspruch oder gar den Versuch, ihn umzustimmen. „Ich bleibe, und Carla ebenfalls. Die anderen werde ich vor die Wahl stellen, aber wenn ich bedenke, wie sie über Jahre für diese Farm gekämpft haben, kenne ich schon jetzt ihre Entscheidung.“
    „Ich werde dafür sorgen, dass man euch alles zukommen lässt, was ihr braucht.“ Nathaniel legte eine Hand auf Jacobs Schulter. „Wir kommen zurück. Das ist kein Lebewohl. Ich habe dem Rat aufgetragen, euch zu unterstützen. Solange wir weg sind, wird man dafür sorgen, dass es euch an nichts fehlt.“
    „Wie ihr meint.“ Jacobs Beherrschung wurde von Rissen durchzogen. „Bitte seid vorsichtig. Ich will euch gesund wiedersehen.“
    Nathaniel lächelte, doch ein hauchfeiner, bitterer Zug lag um seine Lippen. Dann ging er in die Knie und grub seine Finger in Chinooks Nackenfell. „Und du, Hund, entscheide dich. Bleibst du hier oder läufst du zurück ins Reservat?“
    Das Tier schnaufte, als fiele ihm die Entscheidung schwer. Sein Blick, der zu Jacob hinaufglitt, erschien Josephine in seiner Ratlosigkeit und seinem Anflug von schlechten Gewissen menschlich.
    „Du hast ihn schrecklich verwöhnt“, sagte Nathaniel. „Er will bei dir bleiben.“
    Jacob lächelte. Es war sein typisches, unerschütterliches Lächeln. „Ich kümmere mich gut um ihn“, versprach er feierlich.
    „Das bezweifle ich nicht. Sein Umfang ist dabei, sich zu verdreifachen.“
    „Er teilt Nonames Vorliebe für fette

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