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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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erkannt, denn es gab niemanden, der so verwachsen und bizarr aussah wie er. 
    Dennoch durfte man ihn nicht unterschätzen. Trotz seiner scheinbaren Unbeweglichkeit durch die steinernen Auswüchse war er rasend schnell und mit jeder Waffe in der Hand gefürchtet. Seine Armbrust traf auf weite Entfernung immer ins Ziel, selbst bei starkem Wind, er war kräftiger als selbst ein Zwerg, und im Schwertkampf konnte sich keiner mit ihm messen.
    Anfänglich gab es noch ein paar Hitzköpfe unter den Menschen, die ihn herausforderten und sich einen eigenen berüchtigten Ruf verschaffen wollten. Doch da kein Einziger überlebte, kamen die anderen sogenannten Helden davon ab.
    Der Barfüßige Reiter galt als gnadenlos. Einen Auftrag erledigte er bis zur letzten Konsequenz, egal welche Hinderungsgründe es geben mochte, ob es gerecht war oder ungerecht. Es kümmerte ihn nicht, dass auch Frauen und Kinder zu Opfern wurden. Er handelte und tötete völlig emotionslos. Es bedeutete ihm nichts, weder empfand weder Reue noch Freude bei dem, was er tat. Er erklärte niemals, warum er es tat, vielleicht konnte er es nicht.
    Manche Wanderer erblickten den Barfüßigen Reiter im Mondlicht über die Hügel ziehen, und schworen, seine weithin schallenden Schreie, die ihnen durch Mark und Bein gingen, gehört zu haben. Unartigen Kindern wurde daraufhin die Legende des schreienden Schwarzen Nauraka erzählt, der sie holen würde, wenn sie nicht brav wären.
    Viele adlige Landbesitzer und Herrscher luden ihn zu sich ein, um seine Söldnerdienste in Anspruch zu nehmen. Er nahm die Aufträge einfach wortlos an, erledigte sie und ritt weiter. Ohne viele Worte oder Begründung.
    Jeder wusste aber, dass er auf einer tragischen Suche war, was ihn in den Augen derjenigen, deren Wege er nicht kreuzte, zusehends verklärter erscheinen ließ. Die Leute begannen sich umzuhören, ob es noch einen zweiten Nauraka gab, eine ätherische Frau mit langen schwarzen Haaren und Augen, türkisfarben wie das Meer, mit goldenen Funken darin, wenn sie lachte. Doch niemand hatte je von ihr gehört oder sie gar gesehen. Es gab nicht einmal die Andeutung eines Gerüchts oder einer Vermutung.
    Selbst Auguren fingen an, die magischen Sphären zu durchsuchen. »Vielleicht ist sie nicht in Nerovia«, versuchten sie ihre Unfähigkeit zu kaschieren.
    »Sie ist hier«, erwiderte Erenwin. »Was in mir ist, führt mich.«
    »Möglicherweise nur in die Irre«, lautete die Antwort daraufhin, denn niemand hatte eine Ahnung, was das sein sollte. So etwas gab es genauso wenig wie einen zweiten Nauraka an Land – abgesehen vielleicht ...
    »Ich weiß«, unterbrach Erenwin unwirsch. »Doch er kann mir auch nicht helfen. Nach Valia führt mein Weg nicht, erst recht und schon gar nicht nach Ardig Hall. Der König dort ist ein Herrscher des Friedens, ich werde seine hellen Hallen nicht mit meiner Dunkelheit beschmutzen.«
    Die Barden begannen, romantische Balladen über die mystische Suche zu schreiben. Sie wussten es ja schließlich nicht besser, dass seine Taten alles andere als rühmenswert waren, da es gab nie Überlebende gab, die berichten konnten, was genau geschehen war. Aber dann brach der eine oder andere Barde doch entsetzt bei der Vorführung ab, wenn der Ewig Suchende ausgerechnet in dem Moment sein Pferd vor diesem Gasthaus anhielt.
    Stets rannte der Wirt geflissentlich vor die Tür, da der Reiter nie abstieg und hereinkam, worüber jeder dankbar war. »Was kann ich für Euch tun, edler Herr Erenwin?«, fragte er unterwürfig, ob nun in Felsingor, in Sulva, oder Hallberg.
    »Eine Mahlzeit und ein ruhiger Platz im Stall sind alles, was ich brauche«, lautete stets seine Antwort.
    »Aber bitte, kommt doch herein und wärmt Euch am Kaminfeuer. Ich habe ein schönes Zimmer für Euch ...«
    »Nein. Ich würde nur Eure Gäste verjagen, Herr Wirt, oder sie zumindest dazu bringen, sich zu übergeben, wenn sie mich erblicken. Gebt mir eine Mahlzeit, Wasser und Heu für mein Pferd und einen Platz für uns beide im Stall.«
    So war es jedes Mal: ein seltsam höflicher Austausch, und kein einziger Wirt wollte Bezahlung von ihm, sondern hielt ihn frei. Denn allein dadurch, dass er sich damit rühmen konnte, den Barfüßigen Reiter bei sich beherbergt zu haben, stieg die Gästezahl und verschaffte ihm vielfach mehr Gewinn, als er durch den Verzicht auf zwei Mahlzeiten und ein Strohlager verloren hatte.
    So mancher Burgherr lud ihn ein, länger bei ihm zu verweilen (zumeist nicht ohne

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