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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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Erinnerung daran, so gut ich kann.«
    Eri spürte plötzlich das Gewicht der schwarzen Perle, wie es ihn nach unten zog, und sein Kopf dröhnte. Eine Warnung, ahnte er. Doch wovor? Janwe oder dem, was vor ihnen lag?
    Er hatte den versuchten Diebstahl gestern nicht erwähnt, um Janwe nicht zu brüskieren. Wahrscheinlich wusste er nichts über die Gepflogenheiten seines Geschäftspartners, und Eri würde sicher nicht noch einmal dorthin zurückkehren. Doch es war ihm eine erste Warnung gewesen, dass viele Dinge außerhalb von Darystis anders liefen.
    Kurz vor dem Dunkeldämmer führte Janwe sie ins seichte Gewässer, auf eine sanfte Sandbank, wo sie ruhen konnten. Auch den Seeschwärmern gefiel es hier, sie legten sich im Kreis um die Reisenden und gruben sich mit ihren breiten Schwingen ein.
    »Ein schöner Platz«, stellte Eri fest, während er sich in den weichen Sand rekelte, den Arm unter den Kopf legte und nach oben blickte.
    »Ja, es war eine gute Idee von dir, dass wir uns von den anderen abgesetzt haben«, stimmte Janwe zu, der nicht weit von ihm lag, mit Luri im Arm. »Sonst hätten wir hier nicht verweilen können.« 
    Turéor und Jemuma hatten sich abgesondert, jeder für sich.
    »Aber müssen wir hier nicht Wache halten?«
    »Sagtest du nicht selbst: Die Seeschwärmer sind unsere besten Wachen?« Janwe lachte. »Aber ich kann dich beruhigen. Wir befinden uns bereits im Einflussgebiet meines Reiches. Man kennt mich hier und wird sich nicht unaufgefordert nähern. Außerdem sind überall meine Soldaten auf Patrouille; schon möglich, dass sie uns sogar entdecken. Noch vor dem Glanzlicht morgen sind wir da.«
    »Was ist das da oben?«, fragte Luri und deutete zur Wassergrenze hinauf. Dort war es sehr dunkel, doch auch Eri konnte undeutlich etwas ausmachen – winzige, unruhige Lichtpunkte, die wie Diamanten funkelten.
    »Das sind Sterne«, antwortete Janwe schmunzelnd.
    »Sterne …«, wiederholten die Geschwister andächtig im Chor, und dann schwiegen sie.

8.
Neue Regeln

    Luri weckte alle auf, als der erste Frühdämmer einsetzte; sie konnte es jetzt wohl nicht mehr erwarten. Eri schrak zusammen, als sie ihn schüttelte; beinahe wäre die Perle aus ihrem Versteck gefallen, und er fuhr sie an: »Warum erschreckst du mich so?«
    »Was ist denn mit dir los?«, gab sie erstaunt zurück. »Immer noch deine Hand? Zeig sie mir.«
    »Da ist nichts!«, knurrte er und versteckte die linke Hand rasch zwischen den Falten. »Mir tut nichts weh, und der Finger ist auch nur noch ein bisschen dunkel.« Das war glatt gelogen, aber er ging davon aus, dass Luri in der nächsten Zeit anderes zu tun hatte als auf einen schwarzen Finger zu achten.
    »Griesgrämiger Molch«, meinte sie schnippisch und stieß ihn leicht gegen die Schulter. »Und jetzt lass uns endlich aufbrechen!«
    Eri konnte sich mehrere Gründe für ihre Eile denken – sie wollte ihre neue Heimat sehen, und wahrscheinlich wollte sie endlich ihren Ehemann im Netz haben. Seit der Hochzeit hatten die beiden keinen Augenblick allein miteinander verbringen können, und das war sicherlich eine harte Prüfung.
    Kurz darauf waren sie unterwegs, auch Janwe war nun ungeduldig. Der Meeresgrund fiel unter ihnen wieder steil in die Tiefe. Schiffswracks, Algen und Tang verschwanden, dafür kamen sie in felsenreiches Gebiet und steuerten auf einen Vulkan zu. Er war sehr viel kleiner als der Vater-Vulkan von Darystis, nicht mehr als ein Ausläufer, aber er bot Möglichkeiten für eine Schmiede, erzählte Janwe, und dort ließ er Schwerter, Rüstungen und dergleichen herstellen. Und natürlich fand sich darin auch ein wenig Gold; doch den größten Teil seines Reichtums, sagte er, habe er sich selbst erarbeitet. Durch Handel mit den ringsum lebenden Völkern und vor allem, seit zwei weitere Naurakareiche »hinzugewachsen« waren.
    Eri ließ sich davon nicht einlullen. Er hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie Janwe sich den Reichtum »erarbeitet« hatte – indem er die anderen Völker überfiel oder auspresste. Irgendwie musste er es geschafft haben, genügend Anhänger um sich zu scharen und sie auszurüsten, damit er sein Reich mit dem nötigen Druck aufbauen konnte. 
    Genau so war auch Ragdur damals vorgegangen, sonst wäre das Hochfürstentum niemals entstanden. Die Kriege um die Grenzen von Darystis waren allerdings schon lange beendet, Verträge geschlossen und schließlich der Markt gegründet worden. Diesen Weg hatte Karund noch vor sich, und insofern

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