Nauraka - Volk der Tiefe
auch sehr bequem aus. Auch hier gab es Türen, wie bei den Saniki. In diesem Teil der See war das wohl so üblich. Der Ausguck war so klein, dass man zwar hindurchsehen, aber nicht hindurchschwimmen konnte – der einzige Ausgang führte durch den Bankettsaal.
»Heimlich davonmachen kann man sich hier nicht«, witzelte Eri.
»Die Sicherheit meiner Gäste geht über alles«, versetzte Janwe, und Eri fühlte ein unruhiges Kribbeln im Nacken.
»Der zweite Ausgang auf dieser Seite führt zu meiner Schmiede und Verwaltung, diese Tür ist stets verschlossen«, erläuterte der Fürst, als sie in die Halle zurückkamen, und wies auf den entsprechenden Gang, vor dem zwei besonders grimmig aussehende Nauraka postiert waren. Er durchquerte die Halle und zeigte auf den ersten Ausgang rechts. »Hier geht es zu meinen Gemächern, die euch kaum interessieren dürften – schmucklos und langweilig, denn ich stamme aus einfachen Verhältnissen und bin mehr Soldat denn Edelmann. Aber hier«, er wies auf den zweiten Gang, dessen Bogen reichlich verziert und geschmückt war, »das ist vor allem für dich von Bedeutung, Lurdèa: dein neues Reich, das Frauenhaus, wo außer mir sonst kein Mann Zutritt hat.« Er lächelte. »Aber zur Besichtigung, und weil du deine Räume noch nicht bezogen hast, machen wir eine Ausnahme. Das soll auch zur Beruhigung deines Bruders dienen, dass du gut untergebracht bist. Seht es euch an!«
Luri nahm aufgeregt Janwes Hand und schwamm mit ihm voran, gefolgt von Jemuma, Eri und Turéor.
»Schau dich gut um«, wisperte Turéor ihm zu, und Eri nickte. Das hatte er ohnehin vor.
Tatsächlich waren die Gemächer groß und schön, so fürstlich, wie man es sich nur vorstellen konnte. Luri schwamm entzückt im Kreis umher. »Hier wird es mir gefallen!«
»Sehr schön«, sagte Janwe erfreut. »Ich hegte schon Befürchtungen, dass dir die Gemächer nicht zusagen, aber anscheinend waren die Ratschläge deiner neuen Dienerinnen doch zu etwas gut. Sag nur, wenn du etwas anders haben möchtest, alle Wünsche werden erfüllt.«
»Das wird sich zeigen, vorerst lassen wir alles so.«
Eri fragte: »Hast du das ernst gemeint, vorhin? Ich darf meine Schwester hier nicht besuchen?«
Janwe nickte. »Ja, werter Brautbruder. Hier gibt es leider sehr strenge Regeln, die ich noch nicht abmildern konnte. Die hiesigen Nauraka achten sehr auf die Sitten und haben vor allem ihre Fürsten unter genauer Beobachtung. Anstand und Würde gehen über alles. So einfach wie das Volk haben wir es hier nicht mehr.«
»Das war zu Hause auch nicht anders«, brummelte Eri und dachte an seinen Keuschheitszwang. Aber man konnte dennoch unzeremoniellen Umgang miteinander pflegen.
»Du musst das verstehen, Erenwin«, fuhr Janwe versöhnlich fort, »die Korallen meines Reiches sind noch jung und zerbrechlich. Wenn ich nicht gewisse Zugeständnisse mache, kann ich meine Position nicht halten – und ich habe wirklich schwer darum gerungen.«
»Aber wir können uns doch sicher jederzeit in der Thronhalle treffen?«, fragte Luri.
»Selbstverständlich, ihr könnt viel Zeit miteinander verbringen. Nur deine Räume sind tabu, das ist hier Sitte und Tradition. Und damit kommen wir gleich zum nächsten Punkt: Bis zum Bankett heute Abend muss ich dich bitten, dass du in deinen Räumen bleibst. Mein Hofstaat darf dich erst zum gemeinsamen Mahl sehen. Außerdem habe ich noch sehr viel mit den Vorbereitungen zu tun und könnte mich nicht angemessen um dich kümmern. Dass du ohne mich herumschwimmst, schickt sich nicht, du bist gerade erst angekommen.«
Luri konnte sich ein Lachen kaum verbeißen, doch in ihren Augen funkelte auch leiser Zorn. »Natürlich, ich werde warten. Was ist mit Jemuma?«
»Sie bleibt bei dir. Dein Gepäck wird bald eintreffen. Sieh dich in Ruhe um, erhol dich und freu dich auf ein gutes Essen.« Janwe gab ihr einen Kuss auf die Stirn und wandte sich an Eri und Turéor. »Nun, ihr seid sicherlich auch müde! Meine Diener werden bald fertig sein, also seht euch in aller Ruhe in euren Gemächern um, sprecht Änderungswünsche aus. Ich lasse euch später abholen.«
Das war deutlich genug. Eri und seinem Onkel blieb nichts anderes übrig, als der Aufforderung zu folgen.
Immerhin waren ihre Räume miteinander verbunden, und während die Diener in seinem Gemach beschäftigt waren, schwamm Eri nach dem Schließen der Tür zur Halle durch die offene Verbindung zu Turéor.
»Wir sitzen in der Falle, nicht wahr?«, fragte er. Sein
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