Navy Seals Team 6
250 000 US-Dollar teures Hauptquartier. Das Haus hatte zwei Sicherheitstore und keinen Telefon- und Internetanschluss. Die Bewohner verbrannten ihren Müll, anstatt ihn wie ihre Nachbarn für die Müllabfuhr auf die Straße zu stellen. Einige Ortsansässige glaubten, das Haus sei von Drogenhändlern bewohnt.
Das Joint Special Operations Command (JSOC) der USA – eine Kommandoeinrichtung, die Operationen mit mehreren Spezialeinheiten verschiedener Teilstreitkräfte leitet – ließ im Camp Alpha, einem Sperrgebiet in der Bagram Air Base in Afghanistan, bin Ladens Hauptquartier nachbauen. Dort probte das SEAL Team Six den Angriff auf bin Ladens Lager.
Vice Admiral William H. MacRaven, Kommandant des JSOC, das den Oberbefehl über Spezialeinheiten wie das SEAL Team Six und die Delta Force hat, schreibt in seinem Buch Spec Ops , dass ein Auftrag bewusst einfach gehalten werden muss, wenn er Erfolg haben soll. Man muss die Anzahl der Ziele einschränken, brauchbare Informationen sammeln und etwas Neues tun. Auch bei diesem riskanten Einsatz gab es nur wenige einfache Ziele: bin Laden gefangen nehmen oder töten und Informationen sammeln. Das Neue war wohl ein Tarnkappenhelikopter – oder das, was von ihm übrig war.
Auch mit den besten Plänen können die letzten Tage, bevor ein Terrorist gefangen genommen oder getötet wird, frustrierend sein. Man bereitet die Ausrüstung vor und stürmt zu den Hubschraubern, wird dann jedoch wieder zurückgepfiffen. Das Ziel ist nicht zu Hause. Informationen können nicht verifiziert werden. Die Quelle ist unzuverlässig. Und das immer wieder.
Doch am Freitag, den 29. April, entschied Präsident Obama, die Operation Spear zu starten: bin Laden gefangen zu nehmen oder zu töten. Für den Erfolg solcher Spezialeinsätze ist vor allem die Geheimhaltung wichtig. Deshalb wurden keine ausländischen Amtsträger informiert. Niemand außer einem kleinen Kreis in der amerikanischen Regierung wusste Bescheid.
Für das SEAL Team Six hieß es nun: Game on . Der Mond leuchtete nur schwach am Himmel. Alle SEALs trugen Nachtsichtbrillen, ein M-4-Sturmgewehr mit Hunderten von Patronen und eine Pistole vom Typ SIG Sauer P226 als Reserve an der Hüfte. 24 SEALs stürmten mit vier Hubschraubern bin Ladens Haus: zwei Scharfschützen im ersten Hubschrauber, zwei weitere im zweiten, zehn Sturmkräfte im dritten Hubschrauber und zehn im vierten. Angeblich benutzte das Hubschrauberregiment 160th Special Operations Aviation Regiment beim Auftrag, bin Laden zu schnappen, geheime Tarnkappenhelikopter. Fallschirmretter der amerikanischen Luftwaffe hatten für den Notfall auch noch ihre eigenen Hubschrauber dabei. Die Helis hoben aus Jalalabad im östlichen Afghanistan ab und überlisteten mithilfe modernster Technik die pakistanischen Radarsysteme. Auch die Handys und der Strom im Zielgebiet wurden gestört beziehungsweise abgeschaltet.
Ich weiß, wie es ist, bei einem solchen Auftrag der Absetzer zu sein. Du sitzt in der Hubschraubertür, inmitten eines aufgerollten Seils. Wenn der Heli aufsteigt, hältst du das Seil mit der linken Hand fest, damit es der Wind nicht aus der offenen Tür reißt. Die Helis flogen nahe am Boden, damit sie nicht so leicht auf dem Radar entdeckt werden konnten.
»15 Minuten«, gibt die Stimme des Hubschraubercrewmitglieds im Kopfhörer die Informationen des Piloten weiter.
»Zehn Minuten.« Vor allem kommt es auf das Überraschungsmoment, die Geschwindigkeit und das gewaltsame Vorgehen an.
»Fünf Minuten.« Beim hohen Tempo dieses Einsatzes waren alle Mitglieder des Team Six, die nun bin Ladens Haus angriffen, vermutlich erprobte Kriegsveteranen, denn sie hatten bereits unzählige Aufträge in Afghanistan und im Irak durchgeführt.
»Drei Minuten.«
»Eine Minute …«
Plötzlich bekommt einer der Helis Probleme mit der Flughöhe – hohe Temperaturen und hohe Mauern blockieren den Abwind des Rotors – und einer der Rotoren streift eine Mauer und bricht ab. Der Heli stürzt kontrolliert ab. Das Überraschungsmoment ist vorbei, aber die Männer haben immer noch die Geschwindigkeit und die Heftigkeit des Angriffs auf ihrer Seite – und die feste Überzeugung, dass den Menschen, die bei den Angriffen vom 11. September ums Leben kamen, nun endlich Gerechtigkeit widerfahren würde.
Der intakte Hubschrauber fliegt mit der Schnauze nach oben und der Pilot bremst. Als der Hubschrauber die korrekte Position erreicht hat, befördert der Absetzer das 27 Meter lange Seil
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