Nazigold
Anfang hat es schon
gewaltige Explosionen gegeben. Drei, vier hintereinander. Da hat’s gekracht. Da
flog alles in die Luft. Ein einziges Flammenmeer. Also dann, wir sehen uns
morgen früh. Es gibt Neuigkeiten.« Mit dieser Ankündigung wendet sich Buchner
ab.
»Was für Neuigkeiten?«, will Gropper fragen, kommt aber nicht dazu,
er muss Platz machen für die eintreffenden Feuerwehren aus Garmisch und aus
Partenkirchen. Obwohl nichts mehr zu retten ist, wickeln sie hektisch ihre
Schläuche von den Trommeln und suchen nach Wasserquellen. Alle Hydranten sind
belegt. Ihnen bleibt nur der spärliche Rest des Marktbaches.
Mehr und mehr wird das Feuer vom Löschwasser besiegt. Die Flammen
sind allmählich niedergeschlagen, und nur noch Rauch und Qualm und Dampf
steigen in die Höhe. Vom »Crazy Horse« ist außer ein paar eingestürzten Mauern
nichts mehr zu sehen. Dafür ist die Luft erfüllt von beißendem Gestank. Der
Wind weht einen Schleier Rußwolken in Groppers Gesicht. Seine Augen tränen.
Neben ihm bekommt jemand einen Hustenanfall. Es ist Theres. Sie boxt ihn an die
Schulter. »Na, auch hier? Du lässt ja nichts aus.«
Er will sie auf ihre gestrige Forderung ansprechen und ihr sagen,
dass er sich weigert abzureisen, da schneidet sie ihm das Wort ab und mahnt
ihn: »Du hältst dich an die Bedingung. Sonst nimmt man dich wegen Brandstiftung
fest.« Und schon ist sie in der Dunkelheit untergetaucht. Gropper will ihr
nacheilen, da bemerkt er, dass Korbi verschwunden ist. Wo ist er hin? Er zwängt
sich durch die Gaffenden hindurch. Nirgends kann er Korbi entdecken. Er ruft
nach ihm. Die Leute schauen ihn spöttisch und belustigt an: Warum soll man denn
nach Korbi rufen? Gropper hat Angst um ihn und drängt sich weiter durch die
Menge. Er wird doch nicht in den zerstörten Keller gerannt sein, um noch
Goldmünzen herauszuholen! Da steht Fanny Jais vor ihm. Mit weit aufgerissenen
Augen schaut sie auf die Brandstätte.
»Jetz hat der Teifi a no sei Räubahüttn gholt«, stammelt sie
entsetzt. »Zerst ean selba und jetz sei Räubaloch. I mecht net in de Höll,
wenn i den da untn treff.«
Gropper sucht weiter nach Korbi. Der Brand ist nun gelöscht. Es
steigen nur noch vereinzelt schwarze Rauchschwaden auf.
Als er es aufgibt und wieder bei Maier eintrifft, ist Korbi nicht
da. Sie bleiben noch eine Weile wach und warten auf ihn. Aber Korbi kommt
nicht.
»Ich kann mir nicht denken, wo er bleibt«, sagt Maier beunruhigt.
»Wenn es nicht mehr brennt, dann geht doch auch er.« Nach einer sorgenvoller
Pause fügt er hinzu: »Vielleicht übernachtet er mal wieder woanders. Er bleibt
ja manchmal ganze Nächte weg.«
18
Und alles is anders, als wias oana
woaß.
Am darauffolgenen Morgen, Korbi ist immer noch nicht
zurückgekehrt, hat Gropper mit Buchner eine Menge zu besprechen. Zuerst: Woher
wusste er von seinem Aufenthalt in Nafzigers Keller und seiner Inhaftierung im
Lager? Dann: die dringende Festnahme von Lucretia. Buchner weist auf das Verbot
des CIC -Chefs hin und wirft ihm vor, das an ihn
persönlich gerichtete Schreiben geöffnet zu haben. Und schließlich: Was sind
das für Neuigkeiten, die er angekündigt hat?
Buchner erwidert jedoch nur: »War allerhand los, während du weg
warst.«
»Was denn?«
»Die Beerdigung von Nafziger gestern Vormittag.«
Da musste Gropper mit Albrecht Bretterstapel von einer Ecke zur
anderen schleppen und wieder zurück.
»Zwei Tage davor haben sie uns Nafzigers Leiche aus München
zurückgeschickt. Und gestern haben wir sie unter die Erde gebracht. Da liegt er
nun neben seiner Mutter. War ein großes Ereignis. Da ist dir was entgangen.«
»Warst du auch dabei?«
»Natürlich. Musst ich doch, als Vertreter der Landpolizei, in
Uniform. Und auch als Freund.«
»Wer war sonst noch auf der Beerdigung?«
»Der ganze Ort. Alle. Außer dem Feigl, dem Kilian und dem Maier. Der
Sattler war natürlich auch da und die Amerikaner, voran der CIC -Chef, der Thompson, und die Fanny, die arme Haut.
Und die Lucretia. Das scheinheilige Biest hat geheult, als wollt sie
auseinanderfließen. Dabei war sie doch froh, dass sie nach seinem Tod den
Schlüssel für diesen besonderen Raum im Keller hatte. Nützt ihr jetzt nach dem
Brand aber auch nichts mehr. Kannst ja den Anton auf dem Friedhof besuchen,
wenn du willst. Liegt in der Nähe von dem Grab dieses Unbekannten.«
»Ist das die Neuigkeit?«, will Gropper wissen.
Buchner reibt sich an seiner dunklen Warze neben der Nase, und als
Gropper
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