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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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schien eine obszöne Theateraufführung stattzufinden, eine Inszenierung, in der er Protagonist und Zuschauer zugleich war. Was sich vor seinen Augen ereignete, war so unwirklich: Das Mädchen, das er in seinen Armen gehalten, das er geküsst und geliebt hatte, starb dort zu seinen Füßen. Es erschien ihm wie ein makaberes Schauspiel, und es hätte ihn kaum verwundert, wenn die Arphater ringsum in jähen Applaus ausgebrochen wären, wenn Mestor Ulba, Sentschake, der große Ejo, ja, selbst der Goldei mit seinem maskenartigen Gesicht der dahinscheidenden Schauspielerin anerkennend Beifall gezollt hätten, während sie in ihrem Blut verendete.
    »Der Atemfänger«, hörte er die Königin hervorstoßen. Verachtung funkelte in ihren Augen. »Als ich Euch im Aru'Amaneth empfing, zeigte ich Euch den Kubethibusch, erinnert Ihr Euch?« Sie wies auf das würgende Mädchen zu ihren Füßen. »Es ist das grausamste Gift, das in Arphat zu finden ist. Nur an wenigen Orten gedeiht dieses tödliche Gewächs, und nur wenige kennen das Geheimnis seiner Blüten.« Sie wich vor dem Fürsten zurück. »Welch ein Dämon seid Ihr, dass Ihr das Gift, mit dem Ihr mich ermorden wollt, aus meinem eigenen Palast stehlt?«
    Baniter nahm einen tiefen Atemzug. »Ob das Gift aus dem Aru'Amaneth stammt, kann ich nicht sagen«, antwortete er mit fester Stimme. Er vermied es, zu dem sich am Boden krümmenden Mädchen zu sehen. »Es ist möglich, aber nicht wahrscheinlich. Doch was ich Euch sagen kann, ist der Name des Attentäters.« »Willst du uns erneut verhöhnen?«, schrie Ejo und hob sein Schwert. »Deine feige Tat ist bewiesen, Schlange! Du kannst sie nicht abstreiten.«
    »Großer Ejo, ich weiß, wie gern Ihr mich als Mörder sehen würdet, nachdem ich Euch an der Grenze mit einem Maultier gedemütigt habe«, erwiderte Baniter gelassen. »Doch diese Tat habe ich nicht zu verantworten.« Er blickte Inthara fest ins Gesicht. »Der wahre Attentäter hat sich in seinem Eifer, mich als Schuldigen zu belasten, mehrfach verraten. Ihr werdet das Gift in den Taschen seines Gewandes entdecken.«
    Mit diesen Worten hob Baniter Geneder, Fürst von Ganata, die Hand und wies auf den Mörder, der fassungslos und vollkommen überrumpelt zu ihm aufblickte.

KAPITEL 17 - Rache
    Als die Arphater Thakstel errichtet hatten, um das südliche Hochland vor den Heeren der Candacarer zu schützen, hatten sie einen weisen Ort gewählt. Die Zwingburg stand auf einem schroffen, steil aufragenden Felsrücken. Allein die steinerne Kaiser-Akrin-Brücke verband sie mit der Stadt Thax, die sich auf dem gegenüberliegenden Hügel angesiedelt hatte.
    Thakstel galt als uneinnehmbar. Die Candacarer waren vergeblich gegen die düsteren Mauern angerannt, und auch im Südkrieg war die Burg erst nach zweijähriger Belagerung gefallen. Den letzten Ansturm hatte Thakstel vor vierzehn Jahren erlebt, als die Arphater versucht hatten, das Hochland zurückzuerobern. Vor Thakstels Toren waren sie vernichtend geschlagen worden. Man erzählte sich, dass nach der Schlacht die Kaiser-Akrin-Brücke mit den Leichen der Arphater gepflastert gewesen sei.
    Jundala Geneder blickte von den Zinnen des Südturmes auf die legendäre Brücke herab. Sie hatte sich ein Tuch um den Hals gewickelt, um ihn vor der harschen Kälte zu schützen. Kampfgeschrei drang zu ihr empor; die Belagerer hatten den vorderen Brückenabschnitt erstürmt. Doch schon ging von Thakstels Zinnen ein Meer von Pfeilen auf sie nieder. Wieder und wieder feuerten die kaiserlichen Soldaten ihre Bögen ab, und auf der Brücke sanken zahlreiche junge Männer und Frauen zu Boden.
    »Sie werden alle sterben«, sagte Arkon Fhonsa mit ruhiger Stimme. Der Fürst von Thoka stand neben Jundala und beugte sich über die Burgzinnen. »Wie kann man so leichtsinnig sein, ungerüstet und nur mit Knüppeln bewaffnet gegen Thakstels Mauern anzurennen!« »Den Weißstirnen geht es längst nicht mehr darum, den Palast zu stürmen«, erwiderte Jundala. »Sie wollen weitere Märtyrer in ihren Reihen schaffen.«
    »Davon haben sie bereits mehr als genug«, sagte Perjan Lomis. Auch er stand auf dem Turm, nervös mit der Fürstenkette spielend, die um seinen Hals baumelte. »Wie viele Weißstirne sind in den letzten Wochen ums Leben gekommen? Allein bei dem jüngsten Angriff auf den Tempel sollen über hundert von den Tempelwachen niedergemetzelt worden sein.«
    »Es wird noch schlimmer kommen«, fürchtete Arkon Fhonsa. »Seit Magro Farghs Tod ist im Reich

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